Spürhunde im Naturschutz

Hintergrund

Die Listen der bedrohten Tiere und Pflanzen der Erde werden immer länger. Sie leiden unter Klimaveränderungen, Lebensraumverlust und anderen anthropogenen Treibern. Doch um verlässliche Aussagen zur ihren Populationen und Verbreitungen treffen und diesen Trend stoppen zu können, fehlt es immer wieder an wichtigen Informationen. So lässt sich häufig nur schwer herausfinden, wo genau die einzelnen Arten noch vorkommen und wie sich ihre Bestände entwickeln. Vor allem versteckt lebende und nachtaktive Tiere oder seltene Pflanzen können wir Menschen mit bloßem Auge kaum auffinden. Speziell ausgebildete Artenspürhunde können in solchen Fällen eine wertvolle Hilfe sein.

Der Geruchssinn eines Hundes ist geradezu prädestiniert dafür, kleinste Spuren der gesuchten Arten in der Natur zu finden. Während Menschen ungefähr sechs Millionen Geruchsrezeptoren besitzen, besitzt ein Hütehund  mehr als 200 Millionen davon. Damit können Hunde extrem viele unterschiedliche Gerüche und in sehr kleinen Konzentrationen wahrnehmen. So können sie zum Beispiel die Losung von Tieren problemlos finden und sogar Pflanzen, Pilze und Tiere unter der Erde wahrnehmen.

In der Arbeitsgruppe COPE werden daher zunehmend Artenspürhunde als eine Nachweismethode eingesetzt, häufig in Kombination mit anderen Methoden, z.B. Kamerafallen und Genetik. Artenspürhunde spielen in mehreren Projekten eine Rolle und können verschiedene Tier- und Pflanzenarten aufspüren. Im folgenden stellen wir ein paar Beispiele vor.

Die Artenspürhunde

Artenspürhund Zammy
Zammy, Border Collie, geb. 2016, im Einsatz seit 2017. Zielarten: Kamm-, Teich-, Berg- und Fadenmolch, Fischotter, Kreuzkröte
Artenspürhund Emma
Emma, Schäferhund-Harzer Fuchs Mix, geb. ca. 2016, im Einsatz seit 2022. Zielart: Kreuzkröte
Artenspürhund Bagheera
Bagheera, Australian Cattle Dog, geb. 2009, im Einsatz 2014-2022, verstorben. Zielarten: Fischotter, Pflanzen, Kreuzkröte
Artenspürhund Foxy
Flying Fox, Australian Cattle Dog, geb. 2020, im Einsatz 2022, verstorben. Zielarten: Fischotter, Kreuzkröte

Aktuelle Projekte mit Artenspürhunde-Beteiligung

Zu den Tierarten von besonderem Interesse gehört der Eurasische Fischotter (Lutra lutra). In Deutschland lebt diese Art besonders verborgen, ist nachtaktiv und schwer zu beobachten. Da aber Fischotter viel Kot absetzen, den sie für innerartliche Kommunikation nutzen, wurde die Suche nach Otterkot als nicht-invasive Suchmethode zur Standarderhebungsmethode. In vorangegangenen Studien wurden die Kotproben von eingewiesenen Menschen gesucht und eingesammelt. In einem der Untersuchungsgebiete, der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft, nahm jedoch allein im Zeitraum zwischen 2006 und 2012 das syntope Vorkommen des Amerikanischen Minks (Neovison vison) dramatisch zu. Während zu Beginn der Studie nur einzelne gesammelte Kotproben sicher genetisch dem Mink zugeordnet werden konnten, stammten 2010-2012 ca. 20% aller gesammelten und visuell als Fischotter identifizierten Proben tatsächlich vom Mink. Insgesamt 34% der Proben stammten von anderen syntopen Karnivoren, deren Kot aufgrund des Fisches als Hauptnahrungsquelle in Form und Farbe dem des Fischotters glich. Daher ist eine Verifizierung der Fokusart vor der Anwendung teurer genetischer Methoden extrem hilfreich.

Ein erstes Ziel in diesem Projekt war folglich das Training von Hunden zur Artunterscheidung (Diskriminierung) von Losung. Artenspürhunde werde vielfach bereits im Naturschutz als sogenannte Scat Detection Dogs (Losungsspürhunde) eingesetzt. In vorangegangenen Studien konnten Hunde bereits erfolgreich zwischen sympatrischen, nahe verwandten Arten und sogar einzelne Individuen unterscheiden. Aufgrund dieser Möglichkeiten haben wir in einer ersten Studie den Nutzen von Losungsspürhunden am Beispiel des Eurasischen Fischotters evaluiert. Dabei gingen wir einen Schritt weiter und wollten wissen, ob Spürhunde in der Lage sind, zwischen nahe verwandten Arten zu diskriminieren, auch wenn sie exakt die gleiche Diät (Fisch) zu sich genommen haben, wodurch ein großer Teil der Losung aus identischen Partikeln besteht unabhängig der Art, von der sie stammt. Für diesen Test haben wir zwei Hunde auf Fischotterlosung und zwei weitere Hunde auf Minklosung trainiert. Alle vier Hunde mussten anschließend ein aufwendiges Diskriminierungstraining durchlaufen. Schließlich wurde jeder Hund auf seine Sensitivität und Selektivität getestet.

Junghund Zammy übt Artdiskriminierung
Artdiskriminierung wird an der Scent Box trainiert. Das können schon junge Hunde lernen.
In die Suche schicken
Die Hundeführerin schickt Losungsspürhund Bagheera in die Suche.

In einem nächsten Schritt haben wir dann die Leistung der Spürhunde im Realeinsatz mit der von geschulten Personen verglichen. Spürhundeteams und Menschenteams mussten dazu die gleichen Transekte absuchen und notieren, wo sie welche Losung gefunden haben. Jede Losung wurde für Identifizierung fotografiert. Dieser Test fand in einem natürlichen Verbreitungsgebiet des Fischotters statt, sodass keine Losung ausgebracht und von einem Menschen vorher angefasst werden musste.

Suchabfolge
Training eines der Losungsspürhunde und Vorbereitung auf einen Realeinsatz.

Die ausgebildeten Spürhunde konnten sehr erfolgreich mit bis zu 100% Genauigkeit zwischen den verschiedenen Arten unterscheiden, selbst wenn diese nah verwandt sind und die gleiche Nahrung zu sich genommen hatten. Die durchschnittliche Genaugkeit aller trainierten Hunde betrug 0,95. Damit schlagen sie selbt die Experten auf dem Gebiet, die nur eine durchschnittliche Genauigkeit von 0,89 erreichte. Die durchschnittliche Genauigkeit aller getesteten Personen lag bei 0,58 und damit im Bereich des Zufalls.

Auch im Realeinsatz zeigte sich, dass eine Suche mit Spürhunden schneller ist und erheblich mehr Losung gefunden wird als bei traditionell visuellen Suchen. Die Losungsspürhunde fanden viermal mehr Losungsproben als die menschlichen Teams, waren dabei doppelt so schnell und interessierten sich nicht dafür, wie groß die Losung war oder welche Farbe sie hatte. Menschen hingegen finden vorwiegend größere und hellere Losung und übersehen kleine oder versteckte Losung.

Mehr Infos zu einem unserer aktuellen Otterprojekte finden Sie hier.

Spürhunde können im Naturschutz nicht nur die Losung von bestimmten Tieren aufspüren, sondern auch die Tiere selbst. Bei der Suche nach Amphibien und Reptilien können sie daher von besonderem Nutzen sein. Im Rahmen einer Pilotstudie konnten wir beispielsweise zeigen, dass ein ausgebildeter Spürhund Smaragdeidechsen problemlos finden kann.

Eines unserer Hauptgebiete liegt bei der Suche nach Molchen. Molchspürhund Zammy kann mittlerweile Teich-, Kamm- und Berg- und Fadenmolche aufspüren. Während man über deren aquatische Lebensweise vergleichsweise viel weiß und ihre Laichhabitate auch entsprechend schützen kann, wissen wir nach wie vor fast nichts über ihre Landhabitate. Für einen wirksamen Artenschutz ist diese Kenntnis aber unabdingbar, zumal die Tiere den größten Teil ihres Lebens an Land verbringen. Das Hauptproblem besteht daher darin, die Tiere oder deren Verstecke an Land zu finden. Daher haben wir derzeit einen ausgebildeten Molchspürhund, der sowohl wandernde Tiere als auch die Sommer- und Winterquartiere auffinden kann. Derzeit hilft er uns, wertvolle Habitatdaten zu sammeln, die wir anschließend auswerten.

Mehr Informationen zum Molchprojekt finden Sie hier.

Neben der Suche nach Molchen beschäftigen wir uns intensiver mit der Suche nach verborgenen Kröten, allen voran die Kreuzkröte. Zwar findet man Kreuzkröten durch typisches "Steine drehen", doch dauert es manchmal sehr lange, bis man einen Stein gefunden hat, unter dem auch eine Kröte sitzt. Außerdem ist in dichterem Habitat die visuelle Suche fast unmöglich. Ob und wie weit die Pionierart daher solche Kleinstlebensräume überhaupt mit nutzt, ob zur Wanderung oder als Quartier, ist daher bisher unbekannt. Die Kreuzkrötenspürhunde sollen genau diese Lücke schließen. Sie werden auch eingesetzt, um in größeren Radien zu den Hauptvorkommensgebieten effektiv nach den Tieren suchen zu können.

Mehr Informationen zum Kreuzkrötenprojekt finden Sie hier.

Spürhund wird im Wald in die Suche geschickt
Molchspürhund Zammy wird im Wald in die Suche geschickt.
Spürhündin Emma
Kreuzkrötenspürhündin Emma hat eine versteckte Kröte entdeckt.
Spürhund Zammy sucht nach Teich- und Kammmolchen im Landhabitat
Zammy sucht nach Teich-, Berg- und Kammmolchen im Landhabitat
Zammy Kreuzkröte
Zammy zeigt in Richtung einer Kreuzkröte, grün auf grün ist diese kaum zu entdecken.

Invasive gebietsfremde Arten (IGA) verursachen Probleme für den Schutz und die Erhaltung der einheimischen Flora und Fauna, schaffen wirtschaftliche Schäden und gefährden z.T. die Gesundheit der Bevölkerung. IGA sind eine wesentliche Ursache des Verlustes an Artenvielfalt. In einem Bürgerwissenschaftlichen Projekt bilden wir derzeit Hundehalter*innen und ihre Hunde mittels einer kontrollierten Methodik für die Suche nach IGA aus. Aktivitäten des Projektes sind u.a. die Erarbeitung von Informationsmaterialien, die Durchführung von Schulungen und die Gewinnung von IGA-Daten.

Mehr Informationen zum Projekt finden Sie hier sowie auf www.igamon.de.

In den letzten Jahrzehnten wurden Hunde zunehmend zum Aufspüren seltener und versteckt lebender Arten sowie deren Spuren genutzt. Der Einsatz von Artenspürhunden ist besonders in Nordamerika, Europa und Ozeanien etabliert, und Projekte, die Artenspürhunde einsetzen, haben weltweit zugenommen. Wenn sie jedoch einen signifikanten Beitrag zum Naturschutz und Management liefern sollen, müssen ihre Stärken, Fähigkeiten und Grenzen identifiziert werden.

Deshalb wurde am UFZ in Kooperation mit Dr. Anne Berger vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin eine Übersichtsstudie durchgeführt, bei der 1220 Publikationen ausgewertet wurden, die Einsätze solcher Suchhunde in mehr als 60 Ländern dokumentieren. Mehr als 400 verschiedene Tierarten standen dabei im Fokus, hinzu kamen 42 verschiedene Pflanzen-, 26 Pilz- und 6 Bakterienarten. Von besonderem Interesse war dabei, welche Hunderasse wo und für welche Ziele bevorzugt eingesetzt wurden, und ob es Unterschiede hinsichtlich ihres Erfolges gab. Die Ergebnisse dazu können im Fachjournal "Methods in Ecology and Evolution" nachgelesen werden.

Publikationen

  • Grimm-Seyfarth, A., (2022): Environmental and training factors affect canine detection probabilities for terrestrial newt surveys. J. Vet. Behav. 57 , 6 - 15.
  • Grimm-Seyfarth, A., Harms, W., Berger, A., (2021): Detection dogs in nature conservation: A database on their world-wide deployment with a review on breeds used and their performance compared to other methods. Methods in Ecology and Evolution 12 (4), 568 - 579.
  • Grimm-Seyfarth, A., Harms, W., (2020): Evaluierung von Artenspürhunden beim Monitoring von Amphibien und Reptilien. Jahresschrift für Feldherpetologie und Ichthyofaunistik in Sachsen 20, 56 - 69.
  • Grimm-Seyfarth, A., Zarzycka, A., Nitz, T., Heynig, L., Weissheimer, N., Lampa, S., Klenke, R., (2019): Performance of detection dogs and visual searches for scat detection and discrimination amongst related species with identical diets. Nature Conservation (37), 81 - 98.
  • Grimm-Seyfarth, A., Klenke, R., (2019): Wie findet man schwer zu erfassende Arten? Vorteile und Limitierungen von Artenspürhunden. In: Schüler, C., Kaul, P., (Hrsg.) Faszinosum Spürhunde - Dem Geruch auf der Spur. Tagungsergebnisse des 4. Symposiums für Odorologie im Diensthundewesen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Schriften der Arbeitsgemeinschaft Odorologie e.V. Band 2, Verlag Dr. Kovač, Hamburg, S. 40 - 47.
  • Böcker, F., Taubmann, J., Grimm-Seyfarth, A., (2018): Wildlife detection dogs – Einsatz und Grenzen von Artenspürhunden in Wildtierforschung und Naturschutz
    In: König, A., Arnold, J., Suchant, R., Sandrini, M., (Hrsg.) Wildbiologische Forschungsberichte. Tagungsbeiträge: Wildtierökologische Forschung für die Praxis - Vom Monitoring bis zum Management - (2018 im Nordschwarzwald). Schriftenreihe der Vereinigung der Wildbiologen und Jagdwissenschaftler Deutschlands 3, Kessel, Remagen-Oberwinter, S. 47 - 50.
  • Grimm-Seyfarth A, Klenke R A (2017): Suchhunde im Naturschutz: Geruchsunterscheidung zwischen nahe verwandten Arten mit identischer Diät. In: Schüler C, Kaul P (Hrsg.) Faszinosum Spürhunde: Gefahren sichtbar machen – Gefahren abwenden. Tagungsergebnisse des 3. Symposiums für Odorologie im Diensthundewesen an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Schriften der Arbeitsgemeinschaft Odorologie e.V. Band 1. Verlag Dr. Kovač, Hamburg, pp 253 - 266.

Presse (Auswahl)