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Auswirkungen des globalen Wandels auf Mikrobiota-Pflanzen-Boden-Prozesse in Wasser- und Stoffkreisläufen landwirtschaftlicher Ökosysteme

Klimawandel, Landnutzungsintensivierung und anthropogen verursachte Stickstoffeinträge gehören zu den wichtigsten Bedrohungen für die biologische Vielfalt und die damit verbundenen Ökosystemprozesse und -funktionen, die sich aus komplexen Wechselwirkungen zwischen Organismen und ihrer Umwelt ergeben. Jeder dieser Faktoren des globalen Wandels beeinflusst auf unterschiedliche Weise die Verfügbarkeit von und die Konkurrenz um Ressourcen wie Wasser, Licht und Nährstoffe. Daraus folgen interaktive Effekte auf die biologische Vielfalt und die funktionellen Merkmale ober- und unterirdischer Lebensgemeinschaften. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen den Faktoren sind jedoch in ihrem Effekt auf boden- und pflanzenbezogenen Prozesse nur unzureichend bekannt. Um Vorhersagen auf der Ebene von Ökosystemen zu ermöglichen, ist eine systemische Betrachtung der Interaktionen von ober- und unterirdischen Kompartimenten erforderlich. Prozessbasierte Simulationsmodelle, die als digitales Abbild des natürlichen Systems fungieren, sind dafür ein vielversprechendes Mittel. Das Projektteam wird daher daran arbeiten, Wissenslücken an der Schnittstelle zwischen Pflanzen, Bodenorganismen und Bodenstruktur zu schließen, um letztlich eine systemische Modellierung zu ermöglichen.

Die übergeordnete Hypothese der miteinander verknüpften Projekte lautet: Der Klimawandel und die zunehmende Landnutzungsintensität beeinflussen Wasser- und Stoffkreisläufe durch negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und Bodenprozesse, die durch physikalische Eigenschaften an der Boden-Wurzel-Grenze beeinflusst werden. Die Global Change Experimental Facility (GCEF) als einzigartige Versuchsplattform wird genutzt, um die Auswirkungen des Klimawandels auf landwirtschaftliche Ökosysteme (Ackerland, Grünland) mit unterschiedlichen Landnutzungsintensitäten zu untersuchen. In den Grünländern haben wir eine zusätzliche Stickstoffdüngung etabliert. Wir untersuchen die sich gegenseitig beeinflussenden Folgen des Klimawandels, der Landnutzung und des Stickstoffeintrags auf die wichtigsten biogeochemischen Kreisläufe und die sich daraus ergebenden Veränderungen in der Vielfalt und Funktionsweise der Ökosysteme. Das bessere Verständnis der Prozessinteraktionen dient der Weiterentwicklung des systemischen Bodenmodells BODIUM (entwickelt im Rahmen des BonaRes-Projekts) und der Analyse der langfristigen Auswirkungen des globalen Wandels.

Die Doktorandenkohorte besteht aus vier komplementären und integrierten Projekten, die sich mit den Reaktionen der Ökosysteme auf das Klima und die Landnutzung sowie den Rückkopplungen zwischen ihnen befassen (siehe Abbildung unten). Projekt P1 wird untersuchen, wie sich die Faktoren des globalen Wandels auf die Pflanzenvielfalt und die pflanzenbasierten Ökosystemfunktionen auswirken. Projekt P2 befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen den funktionellen Merkmalen der Bodenmikrobiota und den damit verbundenen Prozessen, die die Funktionen und die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen gewährleisten. Projekt P3 konzentriert sich auf die Verbindung zwischen Wurzelsystemen und Bodenstruktur mit Auswirkungen auf Wasser- und Nährstoffflüsse. Projekt P4 wird die verschiedenen Auswirkungen des globalen Wandels systematisch analysieren, indem es die Ergebnisse der anderen Projekte in einem prozessbasierten Modell zusammenführt. Ein assoziiertes Projekt P5 untersucht die zeitlichen Muster der Wurzelwasseraufnahmetiefe und den damit verbundenen Trockenstress aufgrund der Intensivierung der Landnutzung. Die Projekte ergänzen sich gegenseitig und tragen alle zu einer Gesamtsynthese bei, in deren Mittelpunkt die Modellierung steht. 

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Effekte des globalen Wandels auf Pflanzendiversität und pflanzenbasierte Ökosystemfunktionen


Hintergrund & Motivation:

Pflanzen sind als Primärproduzenten von wesentlicher Bedeutung für die Struktur und das Funktionieren von terrestrischen Ökosystemen. Um die Folgen des globalen Wandels für das Funktionieren von Ökosystemen abschätzen zu können, ist ein besseres Verständnis darüber notwendig, wie Pflanzengemeinschaften auf den globalen Wandel reagieren. Die einzelnen Effekte von Klimawandel, Landnutzungswandel und Eutrophierung auf Grünland-Pflanzengemeinschaften und deren Eigenschaften wurden schon häufiger untersucht, jedoch bedarf ihre gemeinsame Wirkung weiterer Forschung.


Forschungsfragen:

  • Welche Mechanismen liegen der Stabilität der Grünlandproduktivität unter Klimawandel zugrunde?
  • Wie wirkt sich eine erhöhte Stickstoffzugabe in Wechselwirkung mit dem Klimawandel und der Landnutzung auf die Eigenschaften von Grünland-Pflanzengemeinschaften aus?
  • Wie ist die gemeinsame Wirkung von Klimawandel und Landnutzung auf die Ökophysiologie von Pflanzenarten?


Methoden:

Zur Beantwortung dieser Forschungsfragen nutzen wir die Global Change Experimental Facility (GCEF). Auf den Grünlandflächen haben wir zusätzlich ein Experiment im Split-Plot-Design eingerichtet, um die Auswirkungen von einer erhöhten Stickstoffzufuhr zu untersuchen. Es werden Messungen im Feld (z. B. stomatäre Leitfähigkeit, Photosynthese) und anschließende Analysen im Labor (z. B. spezifische Blattfläche, Trockenmasseanteil der Blätter, Nährstoffanalysen) an einzelnen Pflanzen durchgeführt und Daten zu den Eigenschaften der Grünland-Pflanzengemeinschaften (u. a. Pflanzendiversität und Produktivität) erhoben.

GCEF May 2022 GCEF: Extensiv genutzte Weide unter Klimawandelszenario, Mai 2022 GCEF August 2022 GCEF: Extensiv genutzte Wiese unter Klimawandelszenario, August 2022,
Plant species Trisetum flavescens Trisetum flavescens
Plant species Lotus corniculatus Lotus corniculatus  
Plant species Tragopogon orientalis Tragopogon orientalis    
Doktorandin: Yva Herion, yva.herion@ufz.de, +49 341 9733211


Betreuerinnen und Betreuer: PD Dr. Christiane Roscher, Prof. Dr. Anke Hildebrandt, Prof. Dr. Stan Harpole

Einfluss von verschiedenen Treibern des globalen Wandels auf die Bodenfauna und das Bodenmikrobiom


Hintergrund und Motivation:

Mikroorganismen haben diverse Strategien entwickeln, um mit Ressourcenknappheit und extremen Umweltbedingungen zurecht zukommen. Sie können ein weites Spektrum an organischen Stoffen metabolisieren, die Tieren und Pflanzen nicht zur Verfügung stehen. Daher spielt mikrobielles Leben – besonders in Böden von Agroökosystemen mit hohem Eintrag von organischem Material – eine entscheidende Rolle im Nährstoffkreislauf und im Bereitstellen von Stoffen z.B. für Pflanzenwachstum. Auch ein weiterer Teil des Bodenlebens – die Bodenfauna ist essenziell in diesem Ökosystem. Neben ihrer Funktion als primäre Zersetzer, wird durch ihre biotische Aktivität auch die Bodenstruktur und Porosität beeinflusst. Ökosystemfunktionen sind durch den globalen Wandel gefährdet, aber uns fehlt Wissen über die Wechselwirkung von verschiedenen Treibern des globalen Wandels (Klimawandel, intensivierte Landnutzung und erhöhter N Eintrag) auf Ökosystemfunktionen. Zudem sind Feedback zwischen Bodengemeinschaften, Pflanzen und Bodenstruktur noch nicht ausreichend untersucht und verstanden.


Zentrale Forschungsfragen:
  • Wie ist die Struktur der mikrobielle Gemeinschaft sowie Bodenfauna durch die Wechselwirkung verschiedener Treiber des globalen Wandels (Klimawandel, intensivierte Landnutzung und erhöhter N Eintrag) beeinflusst?
  • Sind diverser zusammengesetzte Gemeinschaften resilienter und in der Lage sich an Auswirkungen des globalen Wandels anzupassen?
  • Ist dadurch die Zersetzungsaktivität im Boden beeinflusst und wie geht dies einher mit Änderungen in abiotischen Bodenparametern?


Methoden:
  • jährliche Probenahme (GCEF Plattform) von Boden aus drei Tiefenstufen mit Laboranalyse von: Standardanalyse von abiotischen Bodenparametern (Nährstoffverfügbarkeit, pH, Bodenfeuchte…), bodenatmung, active microbielle Biomasse, enzymatische Aktivität und strukturelle Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft (Amplicon-Sequenzierung)
  • Jährliche Probenahme (GCEF Plattform) von intakten Bodenkernen zur Extraktion von Bodenfauna um deren Diversität und Dichte zu bestimmen, vierteljährliche Aufnhame von Streuzersetzung (Streubeutel und bait lamina stripes)


Doktorandin: Lena Philipp, lena.philipp@ufz.de

Betreuerinnen und Betreuer: Thomas Reitz, Evgenia Blagodatskaya, Martin Schädler, Nico Eisenhauer
 

Auswirkung von Landnutzung und Wasserregime auf Wurzel-Boden-Interaktionen, vermittelt durch Pflanzengemeinschaften


Hintergrund und Motivation:

Als grundlegendes Umfeld, in dem sich Prozesse im Boden abspielen, beeinflusst die Bodenstruktur das Wurzelentwicklungsprogramm und einzelne Wurzelsegmente, was zur Plastizität des Wurzelsystems während der Ontogenese führt. Umgekehrt kann das Wurzelwachstum selbst die Bodenfestigkeit und die physikalischen Bedingungen beeinflussen. Dieser Rückkopplungsprozess wirkt sich auf die Zugänglichkeit von Nährstoffen und Wasser für die Pflanzen aus. Die Komplexität der Wurzel-Boden-Wechselwirkungen und der Wasserkreisläufe nimmt in Systemen zu, in denen sich nicht nur eine Pflanzenart befindet (Ackerbausysteme), sondern mehrere Arten eine Pflanzengemeinschaft bilden (Grünland). Das Zusammenspiel von Wurzel-Boden-Interaktionen und Wasserkreisläufen in verschiedenen Landnutzungsarten und unter verschiedenen Klimaszenarien ist jedoch nur unzureichend verstanden.


Zentrale Forschungsfragen:

  • Entwickeln sich die Bodenstruktur und die Pflanzenwurzelsysteme in den verschiedenen Landnutzungstypen in unterschiedliche Richtungen, und besteht eine Wechselwirkung mit dem Klimawandel?
  • Wie sieht die Zeitreihe der Bodenfeuchteprofile in den verschiedenen Landnutzungstypen und unter verschiedenen Klimaszenarien aus?
  • Wie beeinflusst die Wurzel-Boden-Interaktion den Wasserkreislauf?


Methoden:

  • Jährliche Auswertung klassischer bodenphysikalischer Eigenschaften und bioporenbezogener Parameter, abgeleitet aus der Röntgen-Computertomographie (X-ray CT) von ungestörten Bodenproben (Porosität, Porengrößenverteilung und Konnektivität)
  • Jährliche Bestimmung von Wurzellängen-Dichteprofilen, oxidativen Stressenzymen und Malondialdehyd in Wurzeln, Verfolgung von Wurzeln einzelner Arten durch oberirdische Farbstoffapplikation und Überprüfung mit DNA-basierten Methoden
  • wöchentliche Überwachung von Wassergehaltsprofilen im Feld mit einer tragbaren Sonde (TRIME Pico IPH)


Doktorandin: Mengqi Wu, mengqi.wu@ufz.de, 03455585215

Betreuerinnen und Betreuer: Steffen Schlüter, Mika Tarkka, Doris Vetterlein
 

Modellierung der Auswirkungen des globalen Wandels auf die Bodenfunktionen in verschiedenen Landnutzungsformen


Hintergrund und Motivation:

Die Auswirkungen des globalen Wandels (z.B. Klimawandel, Landnutzungsintensivierung) auf die Boden-Pflanzen-Interaktionen und die damit verbundenen Bodenfunktionen werden durch die komplexe Beziehung von Prozessen vermittelt, die die ober- und unterirdischen Kompartimente verbinden. Um diese Auswirkungen vollständig zu verstehen, ist eine systemische Analyse erforderlich. Computermodelle sind ein leistungsfähiges Instrument zur Simulation der dynamischen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Prozessen und Kompartimenten, das sowohl langfristige Vorhersagen als auch Szenariosimulationen ermöglicht, um die Auswirkungen verschiedener zukünftiger Klimaprojektionen zu testen. Das Hauptziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines systemischen Bodenmodells zur Simulation der langfristigen Auswirkungen des globalen Wandels auf die Bodenfunktionen in verschiedenen Landnutzungsarten.


Zentrale Forschungsfragen:

  • Wie können computergestützte Modelle helfen, die Auswirkungen des globalen Wandels zu verstehen?
  • Wie werden die verschiedenen Bodenfunktionen (z. B. Wasserspeicherung, Nährstoffkreislauf, Kohlenstoffspeicherung) durch Trockenstress beeinträchtigt?
  • Wie werden sich die Auswirkungen des globalen Wandels auf die verschiedenen Landnutzungsarten langfristig entwickeln?
  • Wie wirken sich extreme Klimaereignisse auf die Stabilität und Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen in unterschiedlichen Landnutzungsintensitäten aus?


Methoden:

Das systemische Bodenmodell BODIUM, das für Ackerkulturen konzipiert ist, wird als Modellgrundlage verwendet. Das Modell wird erweitert, um die verschiedenen Forschungsfragen angehen zu können. Grünland wird integriert, indem ein Ansatz zur Beschreibung von Pflanzengemeinschaften auf der Grundlage verschiedener Wurzelwachstumseigenschaften mit effektiven Parametern entwickelt wird. Außerdem werden Pilzdynamiken integriert, um die Unterschiede zwischen Bakterien und Pilzen in Bezug auf Wachstumsstrategien und Resistenz zu berücksichtigen. Die Modellerweiterungen werden mit Daten aus den anderen Projekten überprüft. Um verschiedene Hypothesen zu testen, werden Szenariosimulationen durchgeführt. Zu diesem Zweck werden die verschiedenen Modellkomponenten mit Daten aus den anderen Projekten parametrisiert und Sensitivitätsanalysen zu diesen Parametern durchgeführt.


Doktorand: Lucas Kanagarajah, lucas.kanagarajah@ufz.de

Betreuerinnen und Betreuer: Dr. Sara König, Dr. Franziska Taubert, Prof. Dr. Hans-Jörg Vogel

Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie auf unserer englischsprachigen Seite.