Chemikalien und Umwelt grüner machen.
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Chemikalien in der Umwelt

Moderne Gesellschaften nutzen viele Chemikalien in zunehmenden Mengen für unterschiedlichste Dienstleistungen. Gleichzeitig streben wir eine kontaminationsfreie, nicht-toxische Umwelt an.

Um die Gesundheit von Mensch und Umwelt zu gewährleisten, müssen wir einerseits verstehen was mit Chemikalien passiert wenn sie in die Umwelt gelangen und andererseits erkennen können welche schädlichen biologischen Wirkungen sie auszulösen vermögen. Das Wissen wird genutzt um Strategien zu Vorhersage des Verbleibs und der Wirkungen von Chemikalien für die Risikobeurteilung zu entwickeln. Daneben entstehen Methoden für die Umweltqualitätsüberwachung.


Vision

Chemikalien werden zukünftig so entwickelt und gehandhabt, dass sie keine Gefahr oder Belastung für Mensch und Umwelt darstellen.

Dafür müssen wir das Gefahrenpotenzial von Chemikalien anders als bisher bewerten können – nicht als Einzelkomponenten mit ausgewählten Testorganismen, sondern als komplexe Belastungen, die in der realen Umwelt auf diverse Ökosysteme, Lebensgemeinschaften und Organismen treffen und unterschiedliche Effekte entfalten. Die zukünftige Chemikalienbewertung muss eine integrierte öko- und humantoxikologische Bewertung sein.


Herausforderung

Unsere Gesellschaft entwickelt, produziert, verwendet und verteilt Chemikalien in großer Diversität und in großem Maßstab – heute und in der Zukunft. Sie sind Rohstoffe, Wirkstoffe und Produkte. Sie verbessern unsere Lebensbedingungen. Die reale Welt ist von multiplen Belastungen mit verschiedenen Komponenten – Chemikaliencocktails – geprägt. Sie haben aber auch das Potenzial, unsere Umweltsysteme und die Menschen kritisch zu belasten, denn Chemikalien werden über die zunehmende Kreislaufführung von Wasser, den wachsenden Bedarf an landwirtschaftlicher Bodennutzung oder den weltweit zunehmenden Wohlstand und Ressourcenverbrauch großräumig in der Umwelt verteilt.

Das potenzielle Risiko von chemischen Stoffen für Mensch und Umwelt ist seit Jahrzehnten ein Dauerthema. Immer wieder geraten einzelne Stoffe in das Blickfeld öffentlicher Debatten oder in die Schlagzeilen. Der derzeitige Ansatz, mit dem das Gefahrenpotenzial von Chemikalien bewertet wird, beruht auf Einzelkomponenten. Zudem verändern sich diese Mischungen über die Zeit und an verschiedenen Orten.

Die reale Welt ist jedoch von multiplen Belastungen mit verschiedenen Komponenten – Chemikaliencocktails – geprägt.

Fragestellungen

Wie kann nun ein integrierter Bewertungsansatz bei diesen Herausforderungen aussehen? Wie gelingt es, die Prozesse von Verbleib, Stoffwandlung, Abbau und Wirkung von Chemikalien unter realen Umweltbedingungen besser zu verstehen? Wie lässt sich der Schadstoffabbau in der Umwelt messen? Welche Rolle spielen Ökosystemleistungen dabei? Können Modellsysteme entwickelt werden, mit denen die Wirkung von Chemikalien sicher bestimmt und für unterschiedliche Lebewesen beurteilt werden kann? Wie lassen sich Mischungen und Kombinationswirkungen vorhersagen? Wird es in der Zukunft Materialien mit einem „eingebauten Verfallsdatum“ geben?

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Themenbereichs „Chemikalien in der Umwelt“ verfolgen drei Ziele, um die Vision zu erreichen, dass von Chemikalien keine Gefahr oder Belastung mehr für Mensch und Umwelt ausgeht. Sie versuchen erstens, den Abbau von Chemikalien in der Umwelt als Systemeigenschaft zu verstehen. Sie wollen zweitens Belastungen von Mensch und Umwelt integriert beurteilen. Drittens soll dafür insbesondere die biologische Wirkung als Maßstab verstanden werden.

Unter diesen Zielstellungen analysieren und prognostizieren die Forscherinnen und Forscher systematisch den Abbau und den Verbleib – die Stoffdynamik – und die Wirkung von Chemikalien in biologischen und ökologischen Systemen. Sie erfassen die Ökosystemleistung „Chemikalienabbau“ qualitativ und quantitativ und wollen sie bis hin zur Landschaftsskala vorhersagen, bewerten und managen. Sie analysieren Gesamtbelastungen von Mensch und Umwelt und entwickeln Konzepte zu deren Bewertung. Schließlich identifizieren sie anhand konkreter Anwendungsbeispiele molekulare und ökosystemare Schlüsselprozesse bei der Wirkung und beim Abbau von Chemikalien und leiten daraus technische, gesellschaftliche und regulatorische Lösungsoptionen für ein besseres Stoffmanagement ab. Mit dieser neuartigen Chemikalienbewertung wollen die Forschenden dieses Themenbereichs gerade auch Vorsorge und Prävention vorantreiben, um aufwendige Therapien zu vermeiden.

Wir wollen die Entwicklung einer grünen Chemie fördern.

Mit neuen Beobachtungsverfahren, Messtechniken und Modellen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Vorhersage und Früherkennung von kritischen Belastungen und schädlichen Effekten auf Mensch und Ökosysteme möglich machen. Damit sollen neue Bewertungsmaßstäbe für Chemikalien etabliert werden. Sie entwickeln Verfahren, mit denen die Treiber des Chemikalienrisikos in komplexen Mischungen oder in Szenarien mit einer Vielzahl weiterer Stressoren identifiziert werden können. Sie arbeiten an Stellschrauben, mit denen der Abbau von Chemikalien in technischen oder natürlichen Ökosystemen bis hin zur Landschaftsskala gezielt gesteuert oder der unerwünschte Eintrag von Chemikalien vermieden werden kann. Außerdem definieren sie Kriterien, mit denen die Belastungsgrenzen von Ökosystemen mit Chemikalien bewertet und die Entwicklung einer „grünen Chemie“ gefördert werden können.

Die Expertise und das Werkzeugportfolio reichen von der stofforientierten Analytik über isotopenbasierte Methoden zum Nachweis des Chemikalienabbaus, technischen Lösungen zum Schadstoffrückhalt und -abbau, Hochdurchsatzmethoden bei der Erkundung von Wirkungspfaden und öko- und humantoxikologische Modellsystemen bis hin zu international einzigartigen Beobachtungs-, Experimentier- und Modellierungsmöglichkeiten.

Ungeheure Datenmengen und Informationen über Zellen, Gene, Proteine und Stoffwechselprodukte sollen gemanagt und verfügbar gemacht werden.

Das Hightech-Labor ProVis etwa erlaubt es, chemische und biologische Prozesse auf zellulärer Ebene sichtbar zu machen. Mit den CITEPro- und MetaPro-Analytik-Plattformen ist das Hochdurchsatz-Screening biologischer und chemischer Proben möglich. Mit einer zentralen Bioinformatik- und Omics-Plattform soll es gelingen, die ungeheuren Datenmengen und Informationen über Zellen, Gene, Proteine und Stoffwechselprodukte qualitativ und quantitativ zu managen und verfügbar zu machen. Spezielle bioanalytische Methoden bringen endogene Veränderungen und chemische Belastungen ans Licht, die unter anderem im Rahmen von epidemiologischen Studien, Kohorten und Freilandstudien erhoben werden und für Diagnoseverfahren sowie die Verlinkung von Exposition und Gesundheitoutcomes tauglich gemacht werden sollen.

Um die Neuausrichtung der Chemikalienbeurteilung und -behandlung zu realisieren, haben sich Ökotoxikologen und Gesundheitsforscher mit Umweltchemikern, Umweltmikrobiologen und Technologen zusammengetan. Mit europäischen, internationalen und nationalen Partnern wird Forschungskooperation über Forschungsverbünde, Projektkooperationen und wissenschaftliche Gesellschaften gelebt. 

Das breite fachliche Spektrum von der wirkungsorientierten Analytik über System-, Zell- und Ökotoxikologie, Epigenetik und molekulare Systembiologie bis hin zu einzigartigen analytischen Möglichkeiten machen das UFZ zu einem gefragten Partner und Experten für Wissenschaft, Fachbehörden und chemische Industrie. Das Umweltbundesamt UBA, das Bundesinstitut für Risikoforschung BfR, das JRC-IES-Institute for Environment and Sustainability der Europäischen Kommission, die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA oder die Environmental Protection Agency EPA der USA sind wichtige strategische Partner für den Bereich der Chemikalienforschung. 

News


Highlights aus dem Themenbereich

Kleingewässer Monitoring Deutschland - Probennahme Gewässer. Foto: UFZ

Pflanzenschutzmittel in der Umwelt sind mitverantwortlich für den fortschreitenden Verlust der Biodiversität. Das Projekt Kleingewässermonitoring (KgM) liefert eine quantitative Einschätzung zum Einfluss von Pflanzenschutzmitteln aus diffusen Quellen der Landwirtschaft auf kleine und mittlere Fließgewässer.

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Die Pazifik-Expedition des Projekts MICRO-FATE untersucht das Vorkommen und den Verbleib von Mikroplastik im Meer. Die fünfwöchige Expedition des Forschungsschiffes SONNE führte die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Vancouver nach Singapur.

Helmholtz-Blogs - Expeditionen

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After five years of collaborative research in the EU project “SOLUTIONS for present and future emerging pollutants in land and water resources management” this collection of policy briefs compiles major findings and recommendations by this large scale research project.

Project SOLUTIONS - Policy Briefs

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Parabene werden als Konservierungsmittel in Kosmetika eingesetzt. Nutzen Schwangere parabenhaltige Kosmetika, die länger auf der Haut verbleiben, kann dies Folgen für die spätere Gewichtsentwicklung des Kindes haben. Das zeigen Wissenschaftler*innen vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) gemeinsam mit Kolleg*innen der Universität Leipzig sowie der Charité und dem Berlin Institute of Health (BIH) in einer im Fachmagazin Nature Communications veröffentlichten Studie.

Pressemitteilung vom 12. Februar 2020 "Übergewicht durch Kosmetik"

Abstract "Maternal paraben exposure triggers childhood overweight development" / Nature Communications


Infrastrukturen & Publikationen

ChemProp
a software system to estimate chemical properties from chemical stucture (QSAR and QSPR)

DRomics Shiny Application
Online-Werkzeug zur Dosis-Wirkungs-Charakterisierung (oder Konzentrations-Wirkungs-Charakterisierung) aus Omics-Daten

FishInspector
ermöglicht die benutzerfreundliche und einfache Annotation von Merkmalen in 2-dimensionalen Bildern von Zebrafischembryonen

Indicate
Desktop-Anwendung zur Bewertung von Stressauswirkungen auf Ökosysteme, einschließlich Bioindikator-Tools und Modellen zur Analyse von Umweltdaten

LSER database
zur Berechnung der Verteilungskoeffizienten von Chemikalien

MassBank
eine Open Access Massenspektren-Datenbank für Referenzspektren aus Umweltchemie und Metabolomics

MOD-Finder
ist ein einfach zu bedienendes R Shiny-Werkzeug zur Suche nach verbindungsbezogenen Omics-Datensätzen in verschiedenen Schichten: Transkriptom, Proteom, Metabolom

Multiple coupled compartements
zur Berechnung der Konzentrations-Zeit-Kurve einer Chemikalie in 4 gekoppelten Kompartimenten, die durch reversible Prozesse wie Diffusion, Transformation und Partitionierung miteinander verbunden sind

Toxicogenomic Fingerprint Browser
ein R Shiny-Werkzeug zur Ansicht und zum Erkunden von zeit- und dosisabhängigen toxikogenomischen Ergebnissen erhoben im Zebrabärblingsmodell

toxprofileR
ein R Paket zur Analyse von zeit- und konzentrationsaufgelösten toxikogenomischen Daten basierend auf sogenannten „self organizing maps"

ProVis - Plattform zur Visualisierung biochemischer Prozesse auf zellulärer Ebene
Plattform ProVIS

MetaPro / ProMetheus - Omics Plattform
MetaPro - ProMetheus

CITEPro - Plattform zur Erhöhung des Probendurchsatzes etablierter bioanlaytischer, toxikologischer und analytischer Methoden
Plattform CITEPro