Reiner Prozessschutz gefährdet Artenvielfalt im Leipziger Auwald
Rolf A. Engelmann1,2, Nora Haack1,3, Klaus Henle4,1, Hans D. Kasperidus4, Sylke Nissen5, Martin Schlegel1,3, Mathias Scholz4, Carolin Seele-Dilbat2, Christian Wirth1,2
1 Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, Deutscher Platz 5e, 04103 Leipzig
2 AG Spezielle Botanik und Funktionelle Biodiversität, Fakultät für Lebenswissenschaften, Universität Leipzig, Johannisallee 21, 04103 Leipzig
3 AG Molekulare Evolution und Systematik der Tiere, Fakultät für Lebenswissenschaften, Universität Leipzig, Talstr. 33, 04103 Leipzig
4 Department Naturschutzforschung, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ, Permoserstr. 15, 04318 Leipzig
5 Institut für Soziologie, Universität Leipzig, Beethovenstr. 15, 04107 Leipzig
Zusammenfassung
Die Frage, ob die Artenvielfalt im Leipziger Auwald besser durch Prozessschutz oder besser durch Artenschutz erhalten werden kann, wird momentan kontrovers diskutiert. Beide Management-Strategien haben ihre Vor- und Nachteile und müssen die jeweils vorherrschenden auenökologischen Faktoren und aktuellen forstlichen Bestandsstrukturen berücksichtigen. Deshalb kommt der Managementplan für das FFH-Gebiet des Leipziger Auwaldes zu der Schlussfolgerung, dass Prozessschutzflächen nur begrenzt ausgewiesen werden sollen. Zur Erhaltung der außerordentlich hohen Biodiversität und Strukturvielfalt in den Beständen des Leipziger Auwaldes ist aus Sicht der Autoren die Förderung der Eichenverjüngung von großer Bedeutung. Die Eiche ist ein Schlüsselbaum für viele spezialisierte Pflanzenfresser und Pilzarten und bietet Lebensraum für ein großes Spektrum an Insekten, Vögeln und Fledermäusen. Eigene Untersuchungen im Gebiet haben ergeben, dass eine natürliche Verjüngung der Eiche nicht gegeben ist, da die Lichtverhältnisse am Boden durch das geschlossene Kronendach dies nicht zulassen. Eine alleinige Prozessschutzstrategie würde daher nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen. Wir halten es naturschutzfachlich für sinnvoller, Prozess- und Artenschutz zu kombinieren und steuernde forstwirtschaftliche Eingriffe zum Aufbau zukünftiger Bestände mit standorttypischen Baumarten der Hartholzaue anzustreben, damit der Leipziger Auwald auch in Zukunft seine hohe Artenvielfalt behält und den Unwägbarkeiten des Klimawandels und der Ankunft neuer Schädlinge standhalten kann. Der Artenschutz benötigt in Leipzig eine behutsame und ökologisch orientierte Forstwirtschaft mit ihren Instrumenten wie Femelwirtschaft, Mittelwaldwirtschaft und Totholzmanagement. Zusätzlich müssen die Stadt Leipzig und das Land Sachsen die Re-Dynamisierung der Leipziger Aue zügig vorantreiben.
Das komplette Diskussionspapier kann hier heruntergeladen werden:
Zitiervorschlag:
Engelmann, R.A., Haack, N., Henle, K., Kasperidus, H.D., Nissen, S., Schlegel, M., Scholz, M., Seele-Dilbat, C. & Wirth, C. (2019): Reiner Prozessschutz gefährdet Artenvielfalt im Leipziger Auwald
UFZ-Diskussionspapiere 8/2019, 14 S.