The Housing-Integration-Nexus: shaping exchange and innovation for migrants’ access to housing and social inclusion
Leitung: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH - UFZ, Department Stadt- und Umweltsoziologie
Mitwirkende:
Dr. Annegret Haase
Anika Schmidt
Laufzeit: 6/2021 - 11/2022
Förderung: JPI Urban Europe
Projektpartner:
University of Latvia, Riga/Lettland
Eutropian GmbH, Wien/Österreich
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien/Österreich
Lund University, Schweden
Malmö University, Schweden
University College London, Vereinigtes Königreich
Lokale Praxispartner und weitere Partner:
Kurzprofile der Praxispartner (PDF)
Stadt Leipzig, Referat für Migration and Integration, Leipzig
Internationale Frauen e.V., Leipzig
Kontaktstelle Wohnen des Zusammen e.V., Leipzig
City of Riga, Department of Welfare, Riga/Lettland
Gribu palīdzēt bēgļiem/ We want to help refugees, Riga/Lettland
Patverums Drosa Maja/ Shelter “Safe House”, Riga/Lettland
City of Lund, Housing Department, Lund/Schweden
Helsingborgshem, Helsingborg/Schweden
Wiener Wohnen, Fachbereichsleitung Soziales & Service, Wien/Österreich
wohnbund:consult eG, Wien/Österreich
Wonderland – Platform for European Architecture, Wien/Österreich
Kurzbeschreibung
Die meisten europäischen Großstädte erleben eine zunehmende Zuwanderung aus dem In- und Ausland. Abgesehen von ihrer politischen Bedeutung fordert die Diversifizierung der Stadtgesellschaft die bestehenden Möglichkeiten der Teilhabe und Praktiken der Inklusion und Partizipation heraus. Wir verstehen Integration als einen gemeinsamen Prozess der Inklusion und des gesellschaftlichen Miteinanders von Neuankommenden und der bereits vor Ort lebenden Stadtbevölkerung. Wohnen stellt dabei eine der Grundvoraussetzungen und Grundlagen für die strukturelle und soziale Teilhabe in der Gesellschaft dar und wird maßgeblich von ökonomischen und politischen Kontexten beeinflusst.
Das Projekt HOUSE-IN identifizierte strukturelle, organisatorische Herausforderungen und Wissenslücken im Hinblick auf den Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe und untersuchte die Möglichkeiten und Grenzen inklusiver Wohnstrategien sowie von Praktiken der Gestaltung des Zugangs zu bezahlbarem und akzeptablem Wohnraum v.a. für migrantische Neuzuziehende. Das Projekt arbeitete auf die folgenden Ziele hin: (1) Nutzung von interdisziplinärem, sektorübergreifenden und überregionalen Wissen und Erfahrungen der Projektpartner:innen zur Identifizierung von Erfordernissen an den Schnittstelle von Wohnen und sozialer Teilhabe, (2) Diskussion neuer Paradigmen und Mitgestaltung von Diskursen zu inklusiven Wohnstrategien und – praktiken auf der Grundlage eines fallstudienübergreifenden Austauschs und (3) Förderung des Transfers der Erkenntnisse in Politik und Praxis, sowie die Erarbeitung von Formaten für einen "maßgeschneiderten“ Wissenstransfer, der auf die lokalen Bedingungen eingeht und dabei bestehende Hindernissen und lokales Wissen verschiedener Akteursgruppen einbezieht.
Der Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe
Wie sehen Wohnen und soziale Teilhabe als eng verknüpfte Themen und näherten uns diesen Zusammenhängen über das Verständnis eines Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe (engl. "Housing-Integration-Nexus"). In diesem Sinne umfasst Wohnen einerseits den Wohnraum selbst, bezieht sich andererseits auf die Ermöglichung der sozialen Teilhabe innerhalb des Wohnumfeldes, einschließlich der Nutzung wohnungsnaher Freiräume und Infrastrukturen sowie alltägliche, nachbarschaftliche Interaktionen. Der Wohnungsmarktzugang ist oftmals von zahlreichen Hürden geprägt. Neben der allgemeinen Knappheit günstigen Wohnraums, einer mangelnden Verfügbarkeit adäquaten Wohnraums (im Zusammenspiel von Größe, Preise, Lage, Umgebung) spielt das Thema Diskriminierung, z.B. auf Grund des Aufenthaltsstatus, zugeschriebener Herkunft, Sprache oder sozialem Status eine zentrale Rolle. Die Praktiken der Wohnungsvergabe von (kommunalen) Wohnungsunternehmen sind oftmals intransparent und beinhalten gesonderte Regelungen für Neuankommende, darunter v.a. Geflüchtete.
Der Ansatz des Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe ermöglichte es, den Fokus auf die Erfahrungen derjenigen zu verlagern, deren Zugang zum Wohnungsmarkt erschwert ist, sowie Fragen der sozialen Gerechtigkeit und sozialer Ungleichheit zu beleuchten. Eine adäquate Perspektive auf den Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe muss inter- und transdisziplinäres, sektorübergreifendes Wissen, veränderte Paradigmen, sowie innovative Strategien und Handlungsansätze für die Politik und Praxis einbeziehen. Die aktuelle Corona-Krise hat die allgemein bestehenden Ungleichheiten auf dem Wohnungsmarkt sowie Diskriminierung und Ausgrenzung vielerorts zusätzlich verstärkt. Zugleich bieten Maßnahmen zur Eindämmung der sozialen Folgen der Corona-Krise, wie zeitweise Räumungsverbote und die Diskussionen um den sogenannten Mietendeckel auch wichtige Debattenanstöße für einen Politikwechsel. In diesem Sinne war es ein Ziel, die Diskurse um inklusive und innovative Wohnstrategien und -politiken mitzugestalten und damit zu einem schrittweisen Strukturwandel und einer Bekämpfung bestehender Ungleichheiten im Kontext des Wohnens beizutragen.
Fallstudien, gemeinsames Lernen und Implementierung: Der Urban Living Lab-Prozess von HOUSE-IN
Das Projekt hatte vier Fallstudien in Leipzig/Deutschland), Wien/Österreich, Riga/Lettland, sowie Helsingborg und Lund/Schweden (siehe auch Kurzprofile zu den Fallstudien unten) Die Auswahl der Fallstudien erklärte sich aus a) der umfangreichen Forschung der Projektpartner in Bezug auf den lokalen Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe in diesen Städten, b) ihren gut etablierten Kontakten zu lokalen Interessenvertretern und c) den vielfältigen lokalen Szenarien der Stadtentwicklung (Organisation des Wohnungsmarktes, Eigentumsverhältnisse, Formen der sozial-räumlichen Segregation). Im Kontext von Zuwanderung und Bevölkerungsstruktur, Wohnungsmarkt, städtischer Governance von Wohnen und einer zunehmenden Diversität der Quartiersbevölkerung, zivilgesellschaftlichen Netzwerken und Kooperationen im Zusammenhängen von Wohnen und Migration (v.a. auch innovativen Wohnkonzepten und Unterstützungsstrukturen für Wohnungs-suchende) zeigten diese Fallstudien sowohl vergleichbare, als auch deutlich unterschiedliche Charakteristika. Innerhalb von HOUSE-IN lernten wir daher aus diesen Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Der Ansatz der Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe weitete dabei auch den Blick im Sinne einer Mehrebenenperspektive: von der Anerkennung der zentralen Bedeutung des lokalen Umfelds für die individuelle soziale Teilhabe bis hin zum Umstand, dass die lokale Wohnungspolitik durch regionale und nationale Regierungsführung und Gesetze geprägt ist.
HOUSE-IN setzte in den Fallstudien Urban Living Labs (ULLs)-Prozesse um. Dieser Ansatz kann als inter- und transdisziplinärer, angewandter Forschungsansatz des iterativen Lernens verstanden werden, um gemeinsam passende Lösungsansätze für praxisrelevante Probleme zu erarbeiten. Dabei wurden die Perspektiven von Wissenschaftler:innen, politischen Entscheidungsträger:innen, lokalen Vereinen, Interessenvertreter:innen und Aktivist:innen sowie betroffenen Bewohner*innen oder Wohnungssuchende einbezogen, um Erfordernisse an den Schnittstellen von Wohnen und sozialer Teilhabe zu identifizieren und gemeinsam anzugehen.
Projektaktivitäten
Die Projektaktivitäten waren in fünf Arbeitspakete (WP) aufgeteilt. WP1 umfasste die Projektkoordination auf Seiten des UFZ. Dazu zählte auch die Koordination der Zusammenarbeit innerhalb des Konsortiums und die Kommunikation gegenüber externen Partnern. WP2 fasste das vorhandene Wissen der Projektpartner:innen zusammen, um sowohl die a) Projektziele als auch b) den analytischen Rahmen für die fallübergreifende Analyse des Nexus von Wohnen und sozialer Teilhabe zu präzisieren. Innerhalb von WP3 fand ein lokaler Austausch zwischen den Projektpartner:innen innerhalb der Urban Living Labs (ULLs) statt. In Wien, Leipzig, Riga und Helsingborg/Lund wurden verschiedene lokale Austausch- und Lernformate initiiert sowie lokaler Herausforderungen und Potentiale identifiziert. In WP4 wurden gemeinsam Lösungsansätze erarbeitet und Kenntnisse über die Machbarkeit und Übertragbarkeit auf andere europäische urbane Kontexte gewonnen. Diese Prozesse wurden in Leipzig und Riga im Rahmen von Implementierungsfallstudien (IFS) vertieft. WP5 stützte sich auf das in den vorigen Arbeitspaketen erarbeitete Wissen, um die Netzwerke der Partner:innen zu erweitern, politische Empfehlungen zu entwickeln, sowie auf die politische Agenda auf lokaler und überregionaler, bzw. auch europäischer Ebene einzuwirken (siehe Dokumentation der Cross-Country Online Exchanges weiter unten).
Veröffentlichungen
Podcast-Reihe "Ankommen in Leipzig"
Zum Ende des Projekts entstand in Kooperation mit dem Sphere Radio Leipzig die Podcast-Reihe "Ankommen in Leipzig – Wohnen und Leben in einer Stadt im Wandel". In vier Folgen gibt die Reihe einen kurzen einen Einblick in das Projekt HOUSE-IN und die Arbeit der Leipziger Praxispartner.
Der Podcast kann auf der Webseite von Sphere-Radio angehört werden: https://sphere-radio.net/projekte/ankommen-in-leipzig/
HOUSE-IN Policy Information #1-3
Nasya, B.; Haase, A.; Schmidt, A.; Stevens, U.; Laksevics, K.; Arroyo, I.; Franz, Y.; Reeger, U.; Girardi-Hoog, J.; Patti, D.; Gruber, E. (2023): HOUSE-IN Policy Information #1: Forced migrants’ access to housing. Challenges, responses, and recommendations to enable arrival through supporting the right to adequate housing. Policy Information #1
Nasya, B.; Haase, A.; Schmidt, A.; Stevens, U.; Laksevics, K.; Arroyo, I.; Franz, Y.; Reeger, U.; Girardi-Hoog, J.; Patti, D.; Gruber, E. (2023): HOUSE-IN Policy Information #2: Forced migrants’ access to housing. Challenges, responses, and recommendations to enable arrival through supporting the right to adequate housing. Policy Information #2
Nasya, B.; Haase, A.; Schmidt, A.; Stevens, U.; Laksevics, K.; Arroyo, I.; Franz, Y.; Reeger, U.; Girardi-Hoog, J.; Patti, D.; Gruber, E. (2023): HOUSE-IN Policy Information #3: Forced migrants’ access to housing. Challenges, responses, and recommendations to enable arrival through supporting the right to adequate housing. Policy Information #3
Weitere Publikationen
Haase, A.; Arroyo, I.; Astolfo, G.; Franz, Y.; Laksevics, K.; Lazarenko, V.; Nasya, B.; Reeger, U. & Schmidt, A. (2023): Housing refugees from Ukraine: preliminary insights and learnings from the local response in five European cities. Urban Research & Practice. https://doi.org/10.1080/17535069.2023.2225333
Schmidt, A.; Haase, A. (2023): „Ankommen“ und Wohnen von Migrant*innen in europäischen Städten: Einblicke in den transdisziplinären Austausch innerhalb des Projekts HOUSE-IN und die Fallstudie Leipzig. PoWiNE, Bd. 3 (2023): Slavici, Melanie (Hrsg.): Wohnen & Nachhaltigkeit: Politikwissenschaftliche Perspektiven https://doi.org/10.24352/UB.OVGU-2023-005
Stevens, Ulrika; Bod, Sophie (2023): Overcoming isolation: Multigenerational and multicultural co-housing in Sweden (Interview mit Dragana Curovic, Integrationsspezialistin und Projektmanagerin von SällBo). Cooperative City Magazin, July 6, 202. https://cooperativecity.org/2023/07/06/multigenerational-and-multicultural-co-housing-in-sweden/
Astolfo, Giovanna; Allsopp, Harriet; Duszczyk, Maciej; Franz, Yvonne; Haase, Annegret; Laksevics, Karlis; Nasya, Bahanur; Raubisko, Ieva; Reeger, Ursula; Schmidt, Anika (2022): Now and then. Precariousness, double standards and racism in housing refugees. University College London Blog, 20th June 2022.
Haase, Annegret; Allsopp, Harriet; Elina, Ulrika; Franz, Yvonne; Lazarenko, Valeria; Nasya, Bahanur; Raubisko, Ieva; Reeger, Ursula; Saadeh, Bana; Schmidt, Anika (2023): Refugee migration from Ukraine to other parts of Europe – challenges with regard to the housing-integration intersection at the city level. Radical Housing Journal Issue 4.2 / Updates. https://doi.org/10.54825/FIQX5453
Polyak, Levente; Nasya, Bahanur (2022): Social housing with self-determination: Wiener Wohnen’s quest to involve tenants in decision-making. Cooperative City Magazine 8.6.2022: https://cooperativecity.org/2022/06/08/social-housing-with-self-determination-wiener-wohnens-quest-to-involve-tenants-in-decision-making/
Reeger, Ursula; Franz, Yvonne (2021): Erschwinglicher Wohnraum für Viele, aber nicht für alle. Zuwanderung und der Wiener Wohnungsmarkt. ISR-Bulletin 6/2021. DOI 10.1553/isr-bulletin21-06.
Saadeh, Bana; Nasya, Bahanur (2022): Inclusion Potentials of Co-Housing – A look at OASE.inklusiv. Cooperative City Magazine, 12.12.2022. https://cooperativecity.org/2022/12/12/inclusion-potentials-of-co-housing-a-look-at-oase-inklusiv
Stevens, Ulrika; Nasya, Bahanur (2023): Vienna’s Wohnpartner: Overcoming conflicts in social housing. Cooperative City Magazine, 10.1.2023. https://cooperativecity.org/2023/01/10/viennas-wohnpartner-overcoming-conflicts-in-social-housing
Dokumentation von Projektaktivitäten
Kurzbericht/Pressemitteilung "HOUSE-IN Exchange. Connecting racism and discrimination in refugee housing and home-making" (27. September 2022).
Dokumentation des HOUSE-IN Cross-Country Online Exchange: How to cope with future challenges. Learning with Ukraine (29. September 2022)
Dokumentation des HOUSE-IN Cross-Country Online Exchange: Connecting racism and discrimination in refugee housing and home-making (20. September 2022)
Kurzdokumentation des Abschlusstreffens in Leipzig (9.-11. November 2022)
Videomitschnitt der Veranstaltung "Wohnen im Dialog: Wohnen und Migration" des Netzwerk Habitologie mit Vortrag zum Projekt HOUSE-IN (20. März 2023)
Kurzprofile der Fallstudien (Stand 2022, in Englisch)
Kurzprofil Fallstudie Helsingborg