LeVe-Solawi - Lebensmittelverwertung in Solidarischen Landwirtschaften (04/2021 – 01/2023)

Neuere, vielversprechende Produktions- und Vertriebsformen wie Solidarische Landwirtschaften (Solawi), also direkte Zusammenschlüsse von Erzeuger- und Verbraucher:innen versuchen betriebswirtschaftliche, soziale und ökologische Vorteile zu vereinen. Aufgrund der direkten Verbindung zwischen Erzeuger- und Verbraucher:innen, geringeren ästhetischen Standards und der Wertevorstellungen der Mitglieder, hat Solawi das Potenzial, Lebensmittelabfälle und -verluste zu reduzieren.

Im Rahmen mehrerer Masterarbeiten wurden die Verwertungspfade von der Ernte bis zum Konsum in vier Solawi Betrieben über ein gesamtes Erntejahr untersucht. Im Vergleich zu herangezogenen Vergleichsdaten zeigten die Betriebe im Schnitt 22-70% geringere Verluste und Abfälle bei Produktion, Verteilung und Konsum. Damit könnten potenzielle Ertragslücken von knapp einem Drittel ausgeglichen werden.

Publikation

Voge, J., Newiger-Dous, T., Ehrlich, E., Ermann, U., Ernst, D., Haase, D., Lindemann, I., Thoma, R., Wilhelm, E., Priess, J., Egli, L. (2023). Food loss and waste in community-supported agriculture in the region of Leipzig, Germany. International Journal of Agricultural Sustainability 21:1, 2242181. Link

Forschungsansatz

Im Rahmen mehrerer Masterarbeiten wurden die Verwertungspfade von der Ernte bis zum Konsum bei mehreren Solawis über ein gesamtes Erntejahr untersucht. Dabei wurden einerseits Erträge und Liefermengen (Erstverwertung) und andererseits was auf dem Acker, in den Verteilstationen oder bei den Mitgliedern liegen geblieben ist (Nachverwertung) systematisch dokumentiert. 
In den Arbeiten wurden zudem weitere Nachhaltigkeitsaspekte vertieft, etwa hinsichtlich der Einstellung von Solawi Mitgliedern, sozialer Teilhabe und der Habitatvielfalt.

Forschungsdesign
Mögliche Verwertungspfade, welche in diesem Projekt untersucht wurden.

Forschungsarbeiten

Emily Ehrlich (2021). Entwicklung und Anwendung eines Forschungsdesigns zur Erhebung von Produktionsverlusten am Beispiel solidarischer Landwirtschaften. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Die Förderung eines nachhaltigen Ernährungssystems ist angesichts des Klimawandels und des Rückgangs der biologischen Vielfalt dringend erforderlich. Potenzial, um diese Herausforderungen anzugehen, bieten u.a. Solidarische Landwirtschaften (Solawis). Diese streben mit einem direkten Zusammenschluss von Produzent:innen und Verbraucher:innen sowie einer kleinskaligen Anbauweise eine nachhaltige und regionale Lebensmittelproduktion an. Aufgrund der Direktvermarktung von Solidarischen Landwirtschaften entfallen gängige Qualitätsstandards hinsichtlich Form oder Größe. Zudem verkürzt sich die Wertschöpfungskette, wodurch eine potenzielle Reduzierung der Lebensmittelverluste zu erwarten ist. Obwohl das Konzept der Solidarischen Landwirtschaft global und auch deutschlandweit zunehmend Aufschwung erfährt, bildet es immer noch eine Nische in der landwirtschaftlichen Produktion. Demnach sind wissenschaftliche Beweise für den tatsächlichen Beitrag Solidarischer Landwirtschaften zu einem nachhaltigen Ernährungssystem bisher unzureichend. Weiterhin liegen aktuell nur sehr wenige Untersuchungen zu direkten Ernteverlusten vor, welche vorwiegend auf Annahmen, Schätzungen oder Befragungen, statt auf direkten Feldmessungen basieren.
Im Rahmen dieser Masterarbeit erfolgte die Entwicklung und Anwendung einer Methode zur Quantifizierung der Erst- und Nachverwertung bei Solidarischen Landwirtschaften. Als Erstverwertung wurde dabei all das definiert, was enstprechend des urprünglichen Zwecks (Ernte und Lieferung) verwertet wurde. Die Abweichung von der ursprünglichen Verwertung wird im Zuge des entwickelten Forschungsdesigns als Nachverwertung definiert. Zudem konnten mittels Feldbeobachtung und Beobachtungsinterviews mehrere Verwertungspfade für Nachverwertungsmengen sowie Gründe für diese erfasst werden. Vier Leipzig beliefernde Solawis wurden in die Untersuchung eingebunden. Diese Arbeit führt einen quantitativen und qualitativen Vergleich zwischen diesen vier Solawis durch.
Die Erhebung und Probenahme auf den Feldern der vier Solawis erfolgte über drei Monate (08.04. – 01.07.2021). Insgesamt konnten von 36 Kulturen Erst- und Nachverwertungsmengen ermittelt und ausgewertet werden. Lediglich zwei der 36 Kulturen wurden von allen vier Solawis erfasst. Rund 48 % der Nachverwertung wäre essbar gewesen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Nachverwertungsmengen sehr variabel und weitgehend abhängig von den jeweiligen Kulturen sind. Während für Kräuter (69 %) und Blattstielgemüse (58 %) die höchsten Anteile essbarer Nachverwertung erfasst wurden, fällt dieser für Zwiebelgemüse (8 %) erheblich geringer aus. Der durchschnittliche Anteil der Nachverwertung pro Biomasse betrug für alle Kulturen ca. 17 %. Dabei variierte dieser zwischen den einzelnen Solawis von 11 % bis 28 %.
Wie die Gärtner:innen entstandene Nachverwertungsmengen weiter verwerten, hängt u.a. vom Grad der Technisierung ab. Bei Solawis, die für die Bewirtschaftung ihrer Felder Maschinen (z.B. Traktoren) zur Verfügung haben, verbleibt die Mehrheit auf dem Feld und wird anschließend zeitnah in den Boden eingearbeit. Solawis, welche vorwiegend oder hauptsächlich händisch arbeiten, kompostieren dagegen den Großteil der Nachverwertungsmengen.
Aufgrund der fehlenden marktüblichen Qualitätsstandards für angebaute Lebensmittel, einer kurzen Wertschöpfungskette und der räumlichen Nähe zueinander, bieten die vier untersuchten Leipziger Solawis ein großes Potenzial für eine nachhaltige und regionale Lebensmittelproduktion. Um zu überprüfen, ob die Ernteverluste bei Solawis durch den Direktvertrieb geringer als bei anderen Vermarktungsformen sind und sie einen tatsächlichen Beitrag zur Minimierung von Lebensmittelverlusten leisten, bedarf es jedoch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen.

Rebecca Thoma (2022). Lebensmittelabfälle bei Mitgliedern solidarischer Landwirtschaften – Eine Analyse von Einflussfaktoren.  Humboldt-Universität zu Berlin.

In Ländern des globalen Nordens tragen Lebensmittelabfälle in den Haushalten maßgeblich zum Ressourcenverbrauch in der Nahrungsmittelproduktion bei. Durch die Form der alternativen Direktvermarktung können solidarische Landwirtschaften (SoLawis) verschiedene Abfalldeterminanten positiv beeinflussen. Inwiefern das Konzept zu einer Verminderung von Haushaltsabfällen beitragen kann, wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit überprüft.
Basierend auf Haushaltstagebüchern wurden Obst- und Gemüseabfälle bei Mitgliedern verschiedener SoLawis quantifiziert sowie unmittelbare Entsorgungsgründe bestimmt. Eine ergänzende Umfrage unter den Tagebuchteilnehmenden und weiteren SoLawi-Mitgliedern wurde zur Analyse der persönlichen Einstellungen und Verhaltensweisen in Bezug auf Konsum- und Abfallverhalten genutzt. Mögliche Determinanten der Intention, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, und dem Abfallverhalten wurden aus der Theorie des geplanten Verhaltens (TGV) herangezogen und durch weitere mögliche Einflussfaktoren ergänzt.
Im Vergleich zu deutschen Durchschnittshaushalten entsorgten die SoLawi-Haushalte mehr Obst- und Gemüseabfälle. Da auch mehr konsumiert wurde, war der Abfallanteil aber verhältnismäßig klein. Nur geringe Anteile des Abfalls wären vermeidbar gewesen. Die Intention, Lebensmittelabfälle zu vermeiden, wird durch die Einstellung, die wahrgenommene Verhaltenskontrolle und die Anzahl der Haushaltsmitglieder beein-flusst. Diese Faktoren hatten aber keinen nachweisbaren Einfluss auf die Abfallmenge, obwohl die Teilnehmenden angaben, dass die SoLawi-Mitgliedschaft zu einer Steigerung der Wertschätzung landwirtschaftlicher Produkte führt. Stattdessen konnte jeweils ein Zusammenhang zwischen der Kinderanzahl, den wöchentlichen Ausgaben für Lebensmittel sowie dem freiwilligen Engagement in der SoLawi und der Abfallmenge festgestellt werden.
Aufgrund eines möglicherweise schon vor der Mitgliedschaft bestehenden ökologischen Bewusstseins, konnte im Rahmen dieser Arbeit kein klarer Wirkungszusammenhang zwischen SoLawi-Mitgliedschaft und nachhaltigem Konsumverhalten nachgewiesen werden. Nichtsdestotrotz lassen sich Hinweise auf einen positiven Einfluss des SoLawi-Konzepts auf die Einstellung zur Landwirtschaft und den Umgang mit Lebensmitteln identifizieren. Zudem zeigt sich, dass mögliche negative Effekte durch Art und Umfang der Produktlieferung auftreten können und möglichst vermieden werden sollten. Weitere Forschung ist notwendig, um Zusammenhänge zwischen Abfallmengen und alternativen Versorgungsnetzwerken zu verstehen und gesamtgesellschaftliche Handlungsoptionen abzuleiten.

Till Newiger-Dous: Beitrag solidarischer Landwirtschaften zur Reduktion von Lebensmittelverlusten. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.    
Während die Produktion von Lebensmitteln für 21 – 37% der anthropogen erzeugten Treibhausgase verantwortlich ist, maßgeblich zum weltweiten Verlust der Biodiversität beiträgt und täglich 820 Millionen Menschen Hunger leiden, gehen weltweit etwa ein Drittel aller Lebensmittel verloren. Im Angesicht einer stetig wachsenden Weltbevölkerung und einer sich zuspitzenden Klimakatastrophe ist eine effiziente und nachhaltige Gestaltung der globalen Ernährungssysteme unerlässlich. Aufgrund dieser Relevanz haben sich die Bundesrepublik Deutschland sowie zahlreiche weitere internationale Akteur*innen dem Ziel verschrieben, Lebensmittelverluste und -abfälle entlang der gesamten Lebensmittelwertschöpfungskette zu verringern.
Die Datenlage zu Gründen der Entstehung und der Höhe von Lebensmittelverlusten und -abfällen entlang der Wertschöpfungskette ist weltweit bisher äußerst gering. Trotz dessen sind Direktvermarktungsstrategien eine vielfach zitierte Möglichkeit, um Lebensmittelverluste und -abfälle zu reduzieren. Durch eine Verkürzung der Transport- und Lieferketten entfallen viele der Schnittstellen entlang des Distributionsweges, welche mit ihren individuellen Anforderungen und Qualitätsstandards (z.B. Normgrößen) für ein erhöhtes Aufkommen von Lebensmittelverlusten und -abfällen sorgen (können). Zusätzlich entstehen durch den direkten Weg von den Produzent*innen zu den Konsument*innen weniger Lager- und Transportverluste. In Deutschland ist eine zunehmende Verbreitung des Konzepts der solidarischen Landwirtschaft (SoLawi) als Form der Direktvermarktung zu beobachten. Daten zu der Entstehung von Lebensmittelverlusten und -abfällen und dem Potenzial von SoLawis zu einer Verringerung dieser beizutragen, liegen bisher jedoch nicht vor.
In dieser Arbeit wurden daher vier SoLawis, die sich im Raum Leipzig in Deutschland befinden, hinsichtlich folgender Fragen untersucht: (i) wie hoch sind die Lebensmittelverluste während der Produktion, (ii) wie werden Lebensmittelverluste anderweitig genutzt, (iii) wie hoch sind die Lebensmittelabfälle bei der Verteilung des Gemüses, (iv) wie hoch sind die Lebensmittelverluste und -abfälle von SoLawis verglichen mit konventionellen Lebensmittelwertschöpfungsketten und (v) inwiefern unterscheiden sich diese Aspekte zwischen den untersuchten SoLawis.
Lebensmittelverluste und -abfälle wurden aufgrund einer Vielzahl an unterschiedlichen Definitionen und Verwendungen der beiden Begriffe dafür als Nachverwertungsmengen (NVMs) bezeichnet. Über einen Beprobungszeitraum von sechs Monaten (08.04.2021 – 14.10.2021) wurden mithilfe wöchentlicher Feldmessungen in den SoLawis und in deren Verteilstationen die NVMs sowie die weiteren Verwertungswege am Produktionsort von  insgesamt 57 verschiedenen Gemüsekulturen aufgenommen. Zusätzlich wurden die Erträge der SoLawis quantifiziert, um die aufgenommenen NVMs zu der Höhe der Erträge in Bezug setzen zu können.
Durchschnittlich ließ sich, bemessen an der potenziellen Erntemenge, eine NVM von 17,7% bestimmen, welche an den Produktionsorten des Gemüses, bis hin zur Verteilung an die Konsument*innen entstanden ist. Davon entfielen 11,6% an die Produktion und 6,1% an die Verteilung. Im Hinblick auf die weitere Verwertung anfallender Mengen konnte festgestellt werden, dass der Großteil dieser im System der SoLawis verblieb und weiterhin der Produktion von Lebensmitteln diente (z.B. als Kompost oder durch Einarbeitung in den Acker). Im Vergleich mit der aktuellen Literatur ist anzunehmen, dass SoLawis zu einer Reduktion von NVMs entlang der Lebensmittelwertschöpfungskette beitragen können. Jedoch zeigten sich große Unterschiede hinsichtlich aller aufgenommenen Parameter (NVMs, Erträge, weitere Verwertung) zwischen den untersuchten SoLawis und Gemüsekulturen, weshalb zur Ableitung konkreter Maßnahmen weitere Studien und eine Co-Evaluation der Ergebnisse mit Praktiker*innen und Expert*innen unerlässlich sind.
Nichtsdestotrotz ist es mit dieser Arbeit gelungen, einen detaillierten Datensatz zu NVMs im Produktions- und Verteilsektor zu generieren und die Datenlage zu NVMs innerhalb der Lebensmittelwertschöpfungskette auszubauen. Diese zu verbessern ist wesentlich, sollen konkrete Handlungsoptionen zur nachhaltigen Entwicklung der Ernährungssysteme entwickelt und deren Potenzial genutzt werden, um einen essenziellen Beitrag zu der Lösung globaler Probleme wie dem Klimawandel, Biodiversitätsverlust und weltweitem Hunger zu leisten.    

Emilia Wilhelm (2022). Der Beitrag solidarischer Landwirtschaften zur Transformation hin zu einer nachhaltigen Landwirtschaft am Beispiel von Lebensmittelabfällen und sozialer Teilhabe. Humboldt-Universität zu Berlin.

Rund ein Drittel der weltweit produzierten Lebensmittel werden nicht konsumiert. In Deutschland fallen mehr als die Hälfte der Lebensmittelabfälle in Privathaushalten an. Gleichzeitig verfügen nicht alle Menschen über gleichen Zugang und Teilhabe an einer gesunden und nachhaltigen Lebensweise. Um die Nachhaltigkeit von Ernährungssyste-men zu fördern, müssen u.a. Lebensmittelabfälle reduziert und der Zugang zu gesunden und hochwertigen Lebensmitteln für alle Bevölkerungsgruppen gewährleistet werden.
Aufgrund der direkten Beziehung zwischen Produzent*innen und Konsument*innen so-wie einer solidarischen Preisgestaltung verspricht das Modell der solidarischen Landwirt-schaft (SoLawi) diesbezüglich einen Beitrag zu leisten. Ob dies gelingt, ist jedoch bislang unzureichend erforscht. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob Mitglieder solidarischer Landwirtschaften weniger Lebensmittelabfälle produzieren und ob das Konzept die soziale Teilhabe erhöhen kann.
Über eine Tagebuchstudie wurden die Konsummengen und Lebensmittelabfälle von Ge-müse und Obst bei SoLawi-Mitgliedern quantifiziert und die Abfallgründe erhoben. Au-ßerdem wurden über eine Umfrage und Interviews die soziodemographischen Merkmale der Mitglieder, mögliche Teilhabebarrieren und Ansätze zu deren Reduktion erfasst.
Im Verhältnis zu den konsumierten Mengen an Gemüse und Obst produzieren Mitglieder solidarischer Landwirtschaften signifikant weniger vermeidbare Lebensmittelabfälle als durchschnittliche Haushalte, wobei keine Unterschiede zwischen den von den SoLawis gelieferten und den zugekauften Produkten festgemacht werden konnten. Dies könnte an einem höheren Umweltbewusstsein von SoLawi-Mitgliedern liegen. Ob dieses bereits vor dem Eintritt bestand oder durch die Mitgliedschaft gefördert wurde, konnte in dieser Ar-beit nicht untersucht werden.
Die Gruppenzusammensetzung der untersuchten SoLawis hinsichtlich Einkommen, Bil-dung, Beschäftigungsstatus und Staatsangerhörigkeit ist eher homogen. Relativ hohe Bei-tragszahlungen, Mitgliederwerbung durch bestehende Mitglieder und die Ausrichtung der Informationsmaterialien an ein deutschsprachiges Publikum mit hohem Bildungsstand können die Teilhabe bei SoLawis erschweren und bestehende Strukturen reproduzieren. Ob die Eliminierung der identifizierten Teilhabebarrieren zu einer höheren Diversifizie-rung der SoLawi beitragen könnte oder die Mitgliedschaft auf persönliche Einstellungen zurückzuführen sind und somit der Fokus auf Bildungsmaßnahmen liegen sollte, konnte im Rahmen dieser Arbeit nicht erforscht werden.
Die Ergebnisse bilden eine wichtige Grundlage für die Einschätzung des Beitrags von SoLawis zu einer Landwirtschafts-Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit und können die Basis für weitere Forschung darstellen, um die Mechanismen eines veränderten Abfallverhaltens besser zu verstehen und gezielte Strategien zur Diversifizierung von So-Lawis zu entwickeln.

Daria Ernst (2022). Agricultural production, food losses and agrobiodiversity in community supported agriculture – a case study from the region of Leipzig, Germany. TH Köln.
The sustainability of the global food system is insufficient in many respects. Social, ecological and economic deficits occur along extended value chains. Community supported agriculture (CSA) is increasingly recognized as a promising concept to foster sustainability, biodiversity, resilience and productivity of food systems. CSA seeks to create a direct producer-consumer partnership aiming at sustainable, regional and diverse food production.In order to better understand the sustainable transformation potential of CSA, an on-site survey was conducted on four CSA vegetable farms in the region of Leipzig, Germany. Yields and food losses occurring during the production process were quantified over a period of one harvest year through weekly field measurements. Further, the agrobiodiversity status was assessed using crop diversity, functional diversity and landscape complexity. The quantitative data was compared to regional conventional farming. The results of this case study revealed that CSA generated comparably high yields as conventional farming, with a yield performance varying across all crops and farms. A total average loss ratio of 12.3 % on-farm food losses could be determined, which indicates that food loss was lower at the four CSAs compared to conventional farming. The four CSAs are characterized by high diversity both on arable land as well as on adjacent natural habitats. They showed substantially higher crop diversity and higher shares of landscape elements such as trees and hedges in comparison to regional agriculture. The data indicated that CSA could potentially contribute to a sustainable transformation of food systems in terms of reduced food waste and increased agrobiodiversity.

Isabel Lindemann (2022). Konsumkultur im Kontext Solidarischer Landwirtschaft. Eine empirische Untersuchung von Verteilstationen und konsumtiven Praktiken. Universität Leipzig.

Im Rahmen des Forschungsprojekts LeVe-SoLawi hat sich diese Arbeit mit konsumtiven Praktiken bei SoLawi-Mitgliedern und räumlichen Aspekten von Verteilstationen im Raum Leipzig auseinandergesetzt. Dabei wurde der Forschungsfrage nachgegangen, wie sich konsumtive Praktiken im Kontext von Verteilstationen gestalten und welche Deutungsmuster durch die Akteur:innen damit verbunden werden. Durch den qualitativen Zugang, mittels teilnehmender Beobachtung sowie offener, qualitativer Interviewformen, konnten im Rahmen von Verteilsituationen Erkenntnisse im direkten Bezug auf die konsumtiven Praktiken gewonnen werden. Im Zuge deren Analyse ließen sich einzelne Aspekte dieser, drei – am Datenmaterial generierter – Kategorien Anordnen, Verteilen und Verwerten zuordnen.
Vor dem Hintergrund praxistheoretischer Forschung konnte im Rahmen dieser Arbeit gezeigt werden, dass Raum und Praktiken sich gegenseitig bedingen und von Mitgliedern angeeignet, reproduziert und weiterentwickelt werden. Zwei raumzeitliche Arrangements von Verteilstationen lassen sich hierbei erkennen: Verteilstation als beständiger Raum (Bsp. Verteilschrank) und Verteilstation als temporärer Raum. Durch die Beständigkeit von Räumen ergibt sich eine größere Flexibilität für die Abholung. Im Kontext von temporären Räumen wird Flexibilität hingegen über die Entwicklung gemeinschaftlicher Praktiken wie solidarisch organisierten Abholallianzen hergestellt.
Mit Blick auf die Verteilung (Distribution) lassen sich konkurrierende Verteillogiken nicht nur zum konventionellen Lebensmittelhandel aufzeigen (Unterscheidung „Einkaufen“ und „Verteilen/Abholen“), sondern sie treten auch innerhalb der SoLawis auf. Hier stehen sich bedarfsorientierte Entnahme und die Verteilung gleichwertiger Anteile à la „alle bekommen dasselbe“ gegenüber. Im Kontext der individuellen Entnahme von Ernteanteilen stellen die Kommunikation und Organisation von Bedarfen eine entscheidende Herausforderung dar, die mitunter zu potenziellen Lebensmittelverlusten führen kann.
Nähe zwischen Produktion und Konsumtion, im Sinne von Zugang zu Produktionswissen, aber auch zwischen Konsument:innen untereinander bilden im Feld einen bedeutenden Aspekt, wodurch eine vollständigere Verwertung von Lebensmitteln ermöglicht wird. Dies geht mit dem Deutungsmuster der Ästhetik der Authentizität einher, somit werden Lebensmittel als „echt“ bewertet und Makel liebevoll akzeptiert.
Im Hinblick auf das Forschungsprojekt LeVe-SoLawi zeigt sich anhand dieser Arbeit in bedeutender Weise, dass weitere Verwertungspfade von den Mitgliedern verfolgt werden, in dem Sinne, dass Verteil- und Verwertungspraktiken Betrachtung finden, die über die Verwertung innerhalb von Mitgliederhaushalten hinausgehen.
Mit Blick auf praxistheoretische Perspektiven verdeutlicht die Untersuchung, dass individuelle Ausführungen nicht zu unterschätzen sind, denn sie können Reproduktion und damit Stabilisierung von Praktiken, aber auch Destabilisierung und damit ihren Wandel bewirken. Dies kann sowohl im Rahmen von SoLawi als auch darüber hinaus zur Produktion von neuen Leitbildern konsumtiver Praktiken führen. In Anbetracht der Grenzen natürlicher Ressourcen und des Klimawandels sind suffiziente, an Postwachstum orientierte, Leitbilder für Alltagspraktiken von immenser Bedeutung.
Hinsichtlich der methodischen Umsetzung wurde durch den Forschungsprojektrahmen ein sehr umfangreiches Sampling ausgewählt. Eine Beschränkung auf eine kleinere Anzahl von Einheiten hätte die Datenverarbeitung erleichtert.
Für die weiterführende qualitative Untersuchung erscheint es anschließend an diese Arbeit interessant und relevant die Sommermonate für die Erhebung weiterer Daten zu fokussieren, da durch größere Erntemengen und beliebte Ferienzeiten Herausforderungen für die Verteil- bzw. Verwertungspraxis entstehen können. Der Fokus weiterführender Forschung könnte zudem auf Unterscheidungsdimensionen von Verteilorganisation
liegen. In diesem Zusammenhang würde eine Typologie von Verteilstationen einen detaillierteren Aufschluss über generelle Strukturen und damit verbundene Potenziale liefern, die eine Verbreitung und Stabilisierung bestimmter Praktiken im Feld von SoLawi und darüber hinaus fördern können.
Der Konsumkontext von SoLawi bietet Gegenentwürfe zur etablierten Praxis, in Form von neuen sozialen Praktiken in arrangierten, teilweise durch Konsument:innen selbst gestalteten Settings. Diese partizipativen Räume befinden sich bisweilen in einer Nische und benötigen eine Anbindung an die Lebenswelten einer breiteren Bevölkerung. Die Gestaltung von Verteilstationen in einem öffentlichen Kontext kann beispielsweise
höhere Sichtbarkeit und die Möglichkeit einer Adaption alternativer Praktiken ermöglichen.

Janine Voge (2022). How many vegetables end up on the plate? Net yield in community supported agriculture – A case study in the Leipzig area. University of Graz.
The sustainability of the global food system is undermined by food loss and waste (FLW). Valuable social, environmental and economic resources are lost or wasted along the food supply chain (FSC). Community supported agriculture (CSA) is increasingly seen as a promising approach to promote sustainability, productivity, resilience and biodiversity. It strives for a reduction of FLW through the omission of standards and the direct interaction of producers and consumers.
This study answers three central questions: (1) Which amounts of FLW occur in the CSA supply chain and which stage holds potential for improvement? (2) To which extent do CSA supply chains differ from conventional ones in terms of efficiency when FLW are considered, i.e. which of the two food systems achieves higher net yields? (3) What are other sustainability aspects in CSAs, apart from resource efficiency?
To answer these questions, a quantitative data synthesis on yields and FLW in four CSAs in the Leipzig area was carried out as well as a comparison with conventional data from Saxony. A group discussion was conducted and then evaluated by using the documentary method, to determine perspectives of CSA gardeners on the research results, sustainability priorities in their CSAs and to reflect on the methodological approach of the research project. The quantitative investigation revealed higher net yields in the sampled CSAs than in conventional agriculture in Saxony for 11 of the 16 investigated crops. The qualitative investigation showed that the CSAs under consideration emphasise a close exchange with CSA members, high food quality, as well as the greatest possible avoidance of fossil fuels and machinery during food production.