Der "gute ökologische Zustand" von Fließgewässern - ein planbares oder zufälliges Ergebnis wasserwirtschaftlicher Maßnahmenprogramme

Untersuchungen am Beispiel der Qualitätskomponente Fischfauna in der unteren Eder (Hessen)

In Deutschland erreichen von rund 9.000 Wasserkörpern derzeit lediglich etwa 10 % der Oberflächenwasser den "sehr guten" bzw. "guten ökologischen Zustand" nach EG-Wasserrahmenrichtlinie, rund 88 % hingegen den "guten chemischen Zustand". Wenn Fließgewässer in Deutschland den "guten ökologischen Zustand" verfehlen, liegt das nach meist an einer tiefgreifenden Veränderung der Hydromorphologie, an zu hohen Nährstoffbelastungen und nur vereinzelt an Belastungen durch spezifische Schadstoffe. In der Praxis stellt sich die entscheidende Frage, wie die multiplen Stressoren und die komplexen Wechselwirkungen Ursachen bezogen interpretiert und daraus nachvollziehbare bzw. ökologisch wirksame Maßnahmenkombinationen abgeleitet werden können.

Am Beispiel der unteren Eder in Hessen (Fließgewässertyp 9.2 - großer Fluss des Mittelgebirges) sollen (i) die grundlegende ökologische Zusammenhänge und Wirkungskaskaden zwischen dem Rückgang der Leitfischart Äsche, ausgewählten Begleitfischarten und den steuernden Faktoren Eutrophierung, Funktionsfähigkeit des hyporheischen Interstitials, Wasserqualität und Hydromorphologie untersucht, (ii) Wechselbeziehungen und Rückkopplungen zwischen Belastungsfaktoren und ökologischen Funktionen quantifziert und (iii) daraus übertragbare Prioritäts- und Wirksamkeitskriterien von Maßnahmen abgeleitet werden.

Hierzu soll eine Messkampagne in einem ausgewählten Abschnitt der Eder aufgestellt werden, das einmalige Unterschungsbedingungen bietet. Hinsichtlich der Gewässerstruktur wird die Eder überwiegend als "deutlich verändert" bis "sehr stark verändert" klassifiziert und weist damit hohe hydromorphologische Defizite auf. Der ökologische Zustand ist als "unbefriedigend" eingestuft worden. Dies ist in erster Linie auf den defizitären Zustand der Fischfauna zurückzuführen. Das Maßnahmenprogramm sieht umfangreiche strukturelle Aufwertungen vor. An mehreren Gewässerabschnitten werden Gewässerbett und Uferbereiche strukturell aufgewertet und Auengewässer reaktiviert. Ein erheblicher Teil der Maßnahmen wird Ende 2011 umgesetzt. Mit rund 50 % der Fließstrecke im Untersuchungsgebiet sind dies die größten spezifischen Renaturierungsmaßnahmen in Nordhessen.

Darüber hinaus ist eine sehr gute Ausgangsdatenlage vorhanden, so dass der Ist-Zustand und die Auswirkungen der Maßnahmen sehr gut charakterisiert werden können.

Wesentliche Elemente der Messkampagne sind (a) eine detaillierte Bestandsanalyse der wasserchemischen und physikalischen Verhältnisse im Gewässer und im hyporheischen Interstitial, (b) umfangreiche fischökologische Erhebungen zur Interstitial- und Jungfischentwicklung, Bestandsdichte, Aufbau des gesamten Fischbestands sowie die Berücksichtigung von Räuber-Beute-Beziehungen und (c) eine detaillierte Erfolgskontrolle Renaturierungsmaßnahmen im Hinblick auf deren Eignung als Laich und Aufwuchshabitat für kieslaichende Fischarten.

Diese Untersuchungen liefern wesentliche Erkenntnisse zur Effizienz der Maßnahmen gemäß EG-WRRL für Mittelgebirgsgewässer.

Feldarbeit an der Eder