Transfer-News


Juli – September 2023


Projekt zur Herstellung von biobasiertem Nylon gestartet

Foto Granrollen aus Nylon © pixabay Nylon (auch Polyamid genannt) ist eine synthetische Kunstfaser, die z. B. für T-Shirts, Strümpfe, Hemden und Seile verwendet wird und Bestandteil von Fallschirmen und Autoreifen ist. Bisher basierte die Produktion von Nylon auf fossilem Erdöl, aus dem der eigentliche Ausgangsstoff Phenol gewonnen wird, das in einem energieintensiven petrochemischen Prozess bei hohen Temperaturen, hohem Gasdruck und mit Hilfe von organischen Lösungsmitteln in Nylon umgewandelt wird. Bei diesem umweltschädlichen Prozess wird zudem viel klimaschädliches Distickstoffmonoxid (Lachgas) und CO2 ausgestoßen.

Nun wurde im Labor ein Verfahren entwickelt, mit dem aus Phenol, durch eine elektrochemische Synthese und den Einsatz von Mikroorganismen, Adipinsäure produziert werden kann. Adipinsäure ist einer von zwei Grundstoffen von Nylon. Zudem gelang es, Phenol aus Abfallstoffen der Holzindustrie zu gewinnen. Somit könnte biobasiertes Nylon hergestellt werden.

Grafik zum Herstellungsprozess von biobasiertem Nylon Quelle UFZ

Das Forschungsteam setzte sich aus den Arbeitsgruppen um Dr. Falk Harnisch des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (AG Elektrobiotechnologie des UFZ) und Dr. Rohan Karande der Universität Leipzig (Forschungs- und Transferzentrum für bioaktive Materie b-ACT) zusammen. Ein Beitrag in der Fachzeitschrift Green Chemistry beschreibt das Grundkonzept dieses Herstellungswegs.

„Unser Ziel ist, die gesamte Produktionskette von Nylon grün zu machen. Das ist möglich, wenn wir auf biobasierte Abfälle als Ausgangsstoffe zugreifen und den Syntheseprozess nachhaltig gestalten“, sagt Prof. Dr. Falk Harnisch, Leiter der Arbeitsgruppe Elektrobiotechnologie am UFZ.

Perspektive

Noch ist das ligninhaltige Nylon jedoch nicht marktreif – es basiert bisher nur auf Laborversuchen. Durch die Zusammenarbeit eines Forschungsteams aus Wissenschaft (UFZ und Universität Leipzig) und Wirtschaft (DOMO Caproleuna GmbH) soll nun in den nächsten zwei Jahren das Verfahren in den Technikumsmaßstab gebracht und der gesamte Prozess optimiert werden.

Falk Harnisch und Rohan Karande sind sich einig: „Das Verfahren für das ligninhaltige Nylon zeigt exemplarisch das große Potenzial elektrochemisch-mikrobieller Prozesse, da durch die intelligente Art der Kombination verschiedener Komponenten eine optimale Prozesskette aufgebaut werden kann.“

Das Verfahren zur Entwicklung von biobasiertem Nylon wird über das UFZ-Programm für Innovationen „transfun gefördert, das die Umsetzung solcher Ideen in die Anwendung am UFZ unterstützt. Ergänzt werden die bereitgestellten Projektmittel in Höhe von 250.000 Euro durch Eigenleistungen der Universität Leipzig und DOMO.

Publikation

Micjel Chávez Morejón, Alexander Franz, Rohan Karande, and Falk Harnisch: Integrated electrosynthesis and biosynthesis for the production of adipic acid from lignin-derived phenols. Green Chemistry, https://doi.org/10.1039/D3GC01105D (https://doi.org/10.1039/D3GC01105D

Weitere Informationen

Prof. Dr. Falk Harnisch, UFZ-Department Umweltmikrobiologie / Arbeitsgruppenleiter Elektrobiotechnologie, falk.harnisch@ufz.de

Quelle: Pressemitteilung des UFZ vom 4. Juli 2023

Juli 2023


Dr. Flávio Baleeiro hat den Helmholtz-Promotionspreis erhalten

Foto Dr. Flávio Baleeiro © UFZ Dr. Flávio Baleeiro kam als Nachwuchswissenschaftler mit einem Stipendium der brasilianischen Stiftung CAPES ans UFZ und forscht im Department Umweltmikrobiologie in der Arbeitsgruppe Mikrobiologie anaerober Systeme. Wegen seiner stets anwendungsorientierten und konzeptionell sehr überzeugenden Forschung wurde er für den Helmholtz-Promotionspreis vorgeschlagen. Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde ihm am 13. Juli 2023 in Berlin durch den Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft Prof. Dr. Otmar D. Wiestler überreicht.

Flávio Baleeiro entwickelte ein biotechnologisches Verfahren zur Weiternutzung von anfallendem CO2 und CO als Rohstoff im Herstellungsprozess für Plattformchemikalien wie Carboxylate. Diese neuartige Technologie ermöglicht vielfältigen Unternehmensbranchen, Stoffkreisläufe zu schließen, nachhaltige Herstellungswege zu entwickeln und die Entwicklung zur Klimaneutralität weltweit zu unterstützen.

Durch seine Fokussierung auf die energieintensive Stahlindustrie könnten beispielsweise gemeinsam neue Lösungen zur notwendigen Transformation hin zu nachhaltigeren Lösungen entwickelt und Standorte in Deutschland und Europa wettbewerbsfähiger gemacht werden.

Mit seiner technischen Expertise, seiner guten Vernetzung und dem steten Fokus auf die praktische Anwendbarkeit verfügt Flávio Baleeiro über alle Voraussetzungen, um die von ihm entwickelte Technologie bis zum Pilotmaßstab und darüber hinaus weiterzuentwickeln und schließlich in die Anwendung zu bringen.

Wir beglückwünschen Herrn Baleeiro und wünschen ihm weiterhin erfolgreiche Unternehmungen!

Juli 2023


Wirtschaft trifft Wissenschaft beim ersten
UFZ-Innovationsforum "
Wege zur Nachhaltigkeit"


Logo UFZ Innovation Forum © UFZ Am 3. Juli 2023 fand im Leipziger KUBUS das erste UFZ-Innovationsforum unter dem Motto „Wege zur Nachhaltigkeit“ statt. Da solche Transformationsprozesse nur gemeinsam von Wissenschaft und Wirtschaft gestaltet werden können, kamen in den Impulsvorträgen Personen aus Unternehmen und der Wissenschaft zu Wort. Ergänzt wurde das Programm durch Pitches von Start-ups und Gründungsinitiativen.

Doch vor dem inhaltlichen Startschuss begrüßte der wissenschaftliche Geschäftsführer Prof. Dr. Rolf Altenburger die 75 Teilnehmenden aus Wirtschaft und Wissenschaft und beim anschließenden Speed-Dating nutzen alle Teilnehmenden die Gelegenheit zum Knüpfen neuer Kontakte.

Im ersten Themenblock wurden nachhaltige Herstellungswege aus ganz unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Es wurden neue Synthesewege für Chemikalien in verschiedensten Maßstäben vorgestellt, u.a. der industrielle Prozess von BASF zur Herstellung von Sanatol als nachhaltigere Alternative zu Sandelholzöl. UFZ und Universität Leipzig präsentierten ein neues Verfahren zur Produktion von biobasiertem Nylon, in dem Abfallstoffe aus der Holzwirtschaft die derzeitige Verwendung von erdölbasierten Ausgangsstoffen ersetzen. Auch in Leuna bei der neuen Bioraffinerie von UPM Biochemicals steht die Nachhaltigkeit im Mittelpunkt, in der künftig aus nachwachsendem Buchenholz Kunststoffe für die Verpackungs- und Textilindustrie und Kühlmittel sowie Füllstoffe für die Kautschukindustrie produziert werden.

Natürlich soll die Produktion erneuerbarer Energieträger und Chemikalien mit der nachhaltigen Nutzung von Landflächen und Ressourcen im Einklang stehen. Deshalb forscht das UFZ auch an Prozessen, die neben regionalen Biomassen CO2 als Substrat für Synthesen nutzen, z.B. für Carbonsäuren, die bisher aus Palmöl gewonnen werden. Aufgrund knapper Ressourcen müssen aber auch Stoffkreisläufe geschlossen werden, sodass auch der Abbau und die Wiederverwendung von Chemikalien und deren Bausteinen in den Fokus rückt. EST3R BIOTECH von der Universität Leipzig setzt dort an und nutzt plastikabbauende Enzyme für das molekulare Recycling von Plastikabfällen, insbesondere PET, das sich in Verpackungen von Obst und Gemüse findet.

Nachhaltigkeit bedeutet aber viel mehr und kann nur gelingen, wenn bei der Entwicklung von Prozessen neben wirtschaftlichen Aspekten auch die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesellschaft berücksichtigt werden, sodass unsere Ökosysteme intakt bleiben und neue Lösungen von uns Menschen akzeptiert werden. Das UFZ-Kooperationsprojekt mit der Value Balancing Alliance und weiteren Partnern beschäftigt sich mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen und biologischer Vielfalt, weil der Verlust von Biodiversität und Ökosystemen zunehmend ein systemisches und damit auch wirtschaftliches Risiko darstellen. Da Kommunikation zwischen allen Akteuren essentiell ist, nutzt BAM! Bock auf Morgen GmbH „Marketing als gute Macht“ und zeigte, wie wichtig es ist, dass Forschende und Anwender:innen die gleiche Sprache sprechen, um Forschungsergebnisse und Innovationen richtig zu vermitteln und so eine nachhaltige Transformation zu ermöglichen. 

Speed-Dating auf UFZ Innovationsforum 2023 Speed-Dating auf dem UFZ-Innovationsforum 2023 Der zweite Themenblock umfasste Best-Practice-Beispiele und Softwarelösungen für Energie-, Wärme- und Abwasserkonzepte, um praktische Lösungen auch über die aktuelle Energiekrise hinaus zu liefern. So stellte Wacker Chemie AG verschiedene Maßnahmen zur Umsetzung seiner Defossilierungsstrategie vor und beeindruckte mit seinem Drohneneinsatzprogramm zur Detektion von Wärmeverlusten von Außenbauteilen in Anlagen, Gebäuden oder Rohrbrücken. Die efa Leipzig GmbH zeigte am Beispiel der Dr. Födisch Umweltmesstechnik AG, wie man verschiedene Technologien zur Energie- und Wärmeerzeugung und -speicherung zum Betrieb einer Fertigungshalle kombinieren kann, sodass diese größtenteils mit erneuerbaren Energien betrieben wird, aber auch wie man seinen Standort durch Ladesäulen und die Nutzung von Regenwasser für den Sanitärbereich nachhaltiger machen kann.

Unter die Erdoberfläche ging es bei den nächsten Vorträgen. Wie das UFZ und seine Partner die oberflächennahe Geothermie zur dezentralen Wärmeversorgung von Stadtquartieren einsetzen wurde ebenso vorgestellt, wie ein neues Vorhaben, in dem ein kontaminierter Grundwasserleiter im städtischen Raum zur Wärmespeicherung genutzt und gleichzeitig saniert werden soll. Es wird vom UFZ mit seinen Partnern am Pilotstandort auf dem Gelände des Leipziger Wissenschaftsparks realisiert und soll im September 2023 als Forschungsinfrastruktur vom UFZ in Betrieb genommen werden. Das Kanalnetz der Stadt Freiburg wurde softwaremäßig unter die Lupe genommen. Die Grimm Water Solutions GmbH und das UFZ entwickeln zusammen mit Partnern mittels eines digitalen Zwillings des Kanalnetzes eine effiziente Kanalnetzsteuerung, um das Kanalnetz bei Starkregen künftig optimal auszunutzen. Ziel ist es, die Einleitung von Mischwasser und damit verbundene Schadstoffeinträge in unsere Fließgewässer zu reduzieren.

Abgeschlossen wurde das Programm mit der Vorstellung von zwei IT-Lösungen für Energiesysteme. „Edgar“ von der Freiberg Institut GmbH nutzt Simulation und Mehrzieloptimierung zur Erstellung optimaler Energiekonzepte, d.h. einer Minimierung der Investitionskosten bei minimalen CO2-Emissionen. Etablierte Anwendungsfälle von „Edgar“ sind die Planung von Fabrikhallen bis hin zu Quartieren und Wasserstofftankstellen, aktuell wird aber auch an einem Modul zur Nutzung von Grünem Wasserstoff als Energieträger gearbeitet. Die TU Dresden hat ihr Know-how zur Erstellung von Simulationsmodellen für Gebäude und Wärmnetze in die Software „SIM-VICUS“ überführt. Aus diesen Modellen können Wärme und Kältebedarfe für ganze Quartiere ermittelt, sodass sich SIM-VICUS für Machbarkeitsstudien und zur Planung regenerativer Energiekonzepte eignet.

Lesen Sie hier das Programm zum UFZ-Innovationsforum 2023 im Detail nach

Auch die Zeit zum Netzwerken nutzten die Anwesenden sehr rege, um sich zu den Vortrags- und Diskussionsinhalten auszutauschen oder neue Kooperationen anzubahnen.

Wir freuen uns, dass das Thema Nachhaltigkeit auf so großes Interesse gestoßen ist und verfolgen gespannt, welche Ideen in der Zukunft umgesetzt werden.

Das UFZ ist auch weiterhin bestrebt, sich mit Unternehmen zu vernetzen und den Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft zu fördern. Haben Sie Fragen oder Interesse an kommenden Innovationsforen? Schreiben Sie uns an wtt@ufz.de !

Juli 2023


Blau-grüne Infrastrukturen – ein Ansatz zwischen Wunsch, Notwendigkeit und Befindlichkeiten

©: Reichelt Kommunikationsberatung, NEU e. V. ©: Reichelt Kommunikationsberatung, NEU e. V. Der Klimawandel und die einhergehenden Dürre- und Hitzeperioden sowie Starkregenereignisse erfordern eine Anpassung der Stadt(grün)entwicklung, die neben einer integrierten Planung und raschen Umsetzung auch einer wissenschaftlichen Begleitung für Lösungsansätze bedarf. Dazu referierten André Berthold (Wasserwerke Leipzig), Constantin Suppee (Amt für Stadtgrün und Gewässer, Stadt Leipzig) und Dr. Frank Hüesker (UFZ) in ihren Impulsvorträgen.

In der Diskussion zeigte sich insbesondere, dass die Umsetzung und Verbreitung blau-grüner Infrastrukturen vielerorts bereits pilothaft geschehen ist, es jedoch noch an Geschwindigkeit und Flächendeckung mangelt. Dies kann nur durch weitere Kommunikationsprozesse und insbesondere durch regulatorische Veränderungen hin zur Berücksichtigung wassersensibler Maßnahmen gelöst werden. Daran arbeiten die Beteiligten von Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft. Dies zeigt gerade das Forschungsprojekt Leipziger BlauGrün vorbildhaft mit Handlungsempfehlungen und Prozessen.

Das von der Sachsen Wasser GmbH und dem UFZ geleitete Clusterteam „Natürliche Ressourcen“ im Netzwerk Energie und Umwelt (NEU e. V.) der Stadt Leipzig richtet sich an Unternehmen im Bereich Wasser und Umwelttechnologien, die in Leipzig und der Region aktiv sind oder es werden wollen. Ziel des Clusterteams ist es, diese Unternehmen regional zu vernetzen und den Austausch mit Wissenschaft und Verwaltung zu fördern.

Die nächste Veranstaltung wird im Herbst 2023 stattfinden.

Bei Fragen oder Interesse an kommenden Wirtschaftsgesprächen kontaktieren Sie bitte joachim.noeller@ufz.de , Wissens- und Technologietransfer (WTT), UFZ.

Weitere Informationen zur Veranstaltung im Juni 2023, den Vorträgen und Inhalten finden Sie hier.

Juli 2023