Pressemitteilung vom 17. April 2013

Carbiocial – Neue Strategien für Südamazonien

Ergebnisse auf der Statuskonferenz „Nachhaltiges Landmanagement“ vorgestellt

Berlin. Die Wälder im Amazonasgebiet spielen eine wichtige Schlüsselrolle, um die weltweiten Auswirkungen des Klimawandels abzufedern. Entscheidend ist deshalb, wie vor Ort Landwirte ihre Flächen bewirtschaften. Ein internationales Forschungsteam unter Federführung der Universität Göttingen, an dem auch UFZ-Wissenschaftler beteiligt sind, hilft dabei, für mehr Nachhaltigkeit bei der Nutzung der Böden zu sorgen. Das ist eines von vielen Themen, die mehr als 500 internationale Wissenschaftler vom 17. bis 19. April auf einer Konferenz zum Nachhaltigen Landmanagement in Berlin diskutieren.

Baumwollfeld in Mato Grosso

Diskussion zwischen Forschern und Farmern zu Auswirkungen des Klimawandels auf Baumwollerträge in Mato Grosso.
Foto: Stefan Hohnwald/ Georg-August Universität Göttingen

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Nachhaltige agro-silvo-pastorile Bewirtschaftungssysteme

Artenreiche kombinierte Agro-Silvo-Pastorile Systeme helfen Kleinbauern, ihre Flächen nachhaltig zu bewirtschaften.
Foto: Stefan Hohnwald/ Georg-August Universität Göttingen/UFZ

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Lizenz: CC BY 3.0

In den Himmel ragende verkohlte Baumriesen, abgeholzte Wälder, riesige monotone Äcker –Eindrücke wie diese hat Gerhard Gerold oft genug gesammelt auf seinen Exkursionen durch das Amazonasgebiet im Herzen Brasiliens. Stärker als diese persönlichen Erlebnisse beeindrucken den Geographieprofessor der Universität Göttingen jedoch die Daten über die Freisetzung von klimawirksamen Kohlenstoffverbindungen durch Abholzung und Landwirtschaft. Grund genug, daran etwas zu ändern. Als Sprecher steht Gerold an der Spitze des Verbundprojektes Carbiocial. Das Kürzel steht für das Konzept, Trends im Bodenkohlenstoff, in der Biodiversität und sozialen Prozessen im südlichen Amazonien interdisziplinär zu untersuchen. Gerold und sein Kollege Professor Karl M. Wantzen haben das Projekt gemeinsam mit Eduardo Couto, Leiter des Instituts für Bodenkunde und Präzisionslandwirtschaft der Staatlichen Universität von Mato Grosso, entwickelt. 6,15 Millionen Euro stellt das Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Verfügung, damit deutsche und brasilianische Forscher unter Gerolds Leitung fünf Jahre lang in Südamazonien Landmanagementstrategien erarbeiten. Ihr Auftrag: Sie sollen im tropischen Regenwald und den Savannen neue Möglichkeiten der Landnutzung entwickeln, damit die Böden mehr Kohlenstoff speichern und dadurch der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt. Denn auch wenn schon seit Jahren zum Klimawandel geforscht wird: Immer noch mangelt es an präzisen regionalen Modellrechnungen, wie sich Waldrodungen und die verstärkte Bodennutzung im Amazonasgebiet auf das Weltklima auswirken. Die Probleme der Treibhausgasemissionen ließen sich verringern, wenn durch geeignete landwirtschaftliche Technologien Kohlenstoff auf den riesigen Ackerflächen Brasiliens gespeichert würde.

Die Zeichen dafür stehen gut. Zehn deutsche Universitäten, das Helmholtz-Zentrum für Um-weltforschung (UFZ), das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF), die Universitäten Innsbruck und Tours sowie mehrere brasilianische Universitäten und Forschungseinrichtungen, darunter die nationale Agrarbehörde Embrapa, wollen daran arbeiten. Satellitenbildauswertungen zufolge wurden im Amazonasgebiet in den vergangenen 30 Jahren bis zu einem Viertel der Regenwälder gerodet. Die Baumstämme wurden verkauft, Rodungsflächen niedergebrannt, um Viehhaltung zu betreiben oder Soja, Mais und Baumwolle anzubauen. Das hat Folgen: Zum einen ist die Artenvielfalt bedroht, zum anderen verschärft das den Klimawandel: Weil kohlenstoffspeichernde Wälder immer weniger werden und die landwirtschaftlich genutzten Böden Kohlendioxid freisetzen, wird Brasilien für ein Fünftel der weltweiten Kohlendioxid-Emissionen durch Waldrodung in den Tropen verantwortlich gemacht. Global treibende Kräfte dafür sind auch die internationalen Agrarmärkte, wo eine hohe Nachfrage nach Sojaprodukten, Ölpalmen und Zuckerrohr für den Biosprit herrscht.

Die am Projekt beteiligten UFZ-Wissenschaftler befassen sich insbesondere mit der Anpassung von bereits vorhandenen Modellen zur Abschätzung der Treibhausgasemissionen und Kohlenstoffdynamik im Boden an die klimatischen und naturräumlichen Bedingungen Südamazoniens. Denn die Umwandlung von Waldgebieten in Weide- oder Ackerflächen zieht Veränderungen im bodeninternen Kohlenstoffspeicher nach sich. Unter anderem werden durch die Abholzung vermehrt klimawirksame Gase wie Kohledioxid, Lachgas und Methan aus dem Boden freigesetzt. Zu Projektende wird es ein Modell geben, welches die regionalen Flächen ausweist, auf denen Landnutzungsveränderungen zu besonders hohen Emissionen klimaschädlicher Gase geführt haben.

Auf der dreitägigen Konferenz zur BMBF-Fördermaßnahme „Nachhaltiges Landmanagement“ werden vom 17. bis 19. April 2013 25 Verbundprojekte aus Afrika, Asien, Südamerika und Deutschland erste Ergebnisse dieser Zusammenarbeit präsentieren und über den nachhaltigen Umgang mit der Ressource Land diskutieren. Mehr als 500 Wissenschaftler und Experten werden an der Konferenz teilnehmen. Einer der Hauptredner wird der renommierte Wissenschaftler und Politiker Prof. Dr. Klaus Töpfer sein.

Die mit rund 100 Mio. Euro finanzierte Fördermaßnahme „Nachhaltiges Landmanagement“ ist Bestandteil des BMBF-Rahmenprogramms “Forschung für nachhaltige Entwicklungen“ (FONA) und trägt zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie und der Klimaschutzziele der Bundesregierung bei. Sie gliedert sich in zwei Module mit verschiedenen Schwerpunkten und Forschungsansätzen. Modul A fokussiert auf die Wechselwirkungen zwischen Landmanagement, Klimawandel und Ökosystemdienstleistungen und wird vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) koordiniert. Modul B konzentriert sich auf „Innovative Systemlösungen für ein nachhaltiges Landmanagement“ und wird vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) koordiniert. Benjamin Haerdle / Susanne Hufe

Die Konferenz:

Die Konferenz findet statt vom 17. bis 19. April im Maritim proArte Hotel Berlin. Weitere Informationen:
http://nachhaltiges-landmanagement.de/de/veranstaltungen/statuskonferenz-2013

Weiterführende Links:

GLUES – Global Assessment of Land Use Dynamics, Greenhouse Gas Emissions and Ecosystem ServicesWasserforschung am UFZ
http://www.ufz.de/index.php?de=20766

Forschungsprojekt Carbiocial:
http://www.carbiocial.de

Experteninterview mit Prof. Dr. Ralf Seppelt:
http://www.biodiversity.de/index.php/de/fuer-presse-medien/experteninterviews

Weitere Informationen

Prof. Dr. Ralf Seppelt
Koordinator GLUES Projekt (Nachhaltiges Landmanagement Modul A)
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
ralf.seppelt@ufz.de

sowie

UFZ-Carbiocial-Teilprojekt
Dr. Uwe Franko
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ
Telefon: 0345- 558-5432
uwe.franko@ufz.de

oder über

Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
tilo.arnhold@ufz.de

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.100 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 34.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).