Statement vom 25. November 2025
COP30: Zwischen Minimalkompromiss und neuen strategischen Grundlagen
Der UFZ-Klimaökonom Reimund Schwarze bilanziert die UN-Klimakonferenz
Belém war ein symbolträchtiger Austragungsort, der für die 30. Vertragsstaatenkonferenz (COP30) der UN-Klimarahmenkonvention in Brasilien gewählt worden war. Die Erwartungen wurden aber nicht erfüllt: Der Klimagipfel konnte sich nicht auf einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen einigen, aber es gab auch wichtige Fortschritte. Dieses Resümee zieht Prof. Dr. Reimund Schwarze, Klimaökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ).
Die Ergebnisse der 30. UN-Klimakonferenz (COP30) fallen gemischt aus. So bleibt die Abschlusserklärung hinter den Erwartungen zurück: Ein verbindlicher Fahrplan für den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas fehlt, was viele als verpasste Chance werten. Gleichzeitig gibt es Lichtblicke: Die Finanzmittel für Anpassungsmaßnahmen wurden bis 2035 verdreifacht – ein besonders wichtiger Schritt für die ärmsten Entwicklungsländer dieser Welt (LDC) wie den Sudan. Gastgeber Brasilien setzte im Amazonasgebiet ein starkes symbolisches Signal. Präsident Lula da Silva profilierte sich als Fürsprecher der südlichen Länder und brachte Initiativen wie den Tropical Forest Forever Facility (TFFF) ein. Die neuen nationalen Klimapläne (NDC) bleiben jedoch deutlich hinter den wissenschaftlich notwendigen Zielen zurück. Die Konferenz versuchte, diese Ambitionslücke durch freiwillige Roadmaps und den sogenannten „Mutirão“-Pakt („In der Not zusammenstehen“-Pakt) zu überbrücken, doch verbindliche Verpflichtungen blieben aus.
Fortschritte bei GGA, TFFF und TAFF
Beim Global Goal on Adaptation (GGA) wurden erstmals Indikatoren zur Messung von Anpassungsfortschritten verabschiedet – ein methodischer Fortschritt. Allerdings wurde die ursprüngliche Anzahl von über 100 auf 59 Indikatoren reduziert, was insbesondere mit Ländern des Globalen Südens wie Bolivien und der Afrikanischen Gruppe nicht abgestimmt war. Auch fehlen neue Finanzierungszusagen, sodass die Umsetzung der Maßnahmen fraglich bleibt.
Der Tropical Forest Forever Facility (TFFF) wurde offiziell gestartet und zunächst mit 6,6 Milliarden US-Dollar ausgestattet. Der Fonds verfolgt ein innovatives Finanzmodell: Erträge aus Finanzanlagen sollen für den Waldschutz genutzt werden. Empfängerländer bekommen auf nationaler Ebene einen stärkeren Anreiz, Maßnahmen zum Erhalt oder zur nachhaltigen Nutzung tropischer Wälder im Rahmen einer verbesserten Forstpolitik umzusetzen. Mehr zum TFFF im Podcast mit meinem UFZ-Kollegen, dem Waldmodellierer Dr. Friedrich Bohn.
Die Initiative Transition Away from Fossil Fuels (TAFF) konnte keinen verbindlichen Fahrplan durchsetzen; die geplante Roadmap wurde aus dem finalen Text gestrichen. Dennoch stieg die Unterstützung: Mehr als 80 Staaten bekannten sich zu TAFF, und Brasilien versuchte mit der „Belém Declaration“, zumindest eine freiwillige Orientierung zu geben. Die Regierungen Kolumbiens und der Niederlande kündigten an, gemeinsam die erste internationale Konferenz zum gerechten Übergang weg von fossilen Brennstoffen auszurichten. Die Konferenz findet vom 28. bis 29. April 2026 in Santa Marta, Kolumbien, statt. Deutschland wird teilnehmen.
Weitere relevante Punkte der COP30 umfassen die stärkere Beachtung indigener Rechte und die Rekordteilnahme indigener Delegierter sowie die Schaffung eines internationalen Moorschutz- und Wiedervernässungsprogramms unter Führung von Deutschland.
Verdeckte Teilerfolge
Trotz des fehlenden Durchbruchs wurden wichtige institutionelle Grundlagen gelegt: Die Einigung auf Indikatoren für das GGA schafft erstmals eine globale Messbasis für Anpassung – ein technischer, aber auch ökonomisch entscheidender Schritt. Der TFFF könnte langfristig neue Finanzströme für den Waldschutz und die nachhaltige Waldnutzung sichern, auch wenn die Kritik an dem risikoreichen Investmentfonds-Modell der Weltbank bestehen bleibt. Die breite Unterstützung für TAFF deutet auf die Entstehung einer neuen Allianz für den fossilen Ausstieg hin, auch wenn diese noch nicht verbindlich ist.
Fazit
Die COP30 markiert keinen großen Durchbruch, legt jedoch strategische Grundlagen – insbesondere bei Anpassung, Naturschutz und der Mobilisierung neuer Allianzen gegen fossile Energien. Die eigentliche Bewährungsprobe wird darin bestehen, ob diese Ansätze in den kommenden Jahren in eine verbindliche Politik und eine ausreichende Finanzierung überführt werden können.
Prof. Dr. Reimund Schwarze ist Klimaökonom am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig und Professor an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Seit 20 Jahren untersucht er internationale Klimaverhandlungen aus politisch-ökonomischer Perspektive und entwickelt Modelle zur Verbesserung der globalen Klimapolitik.
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Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
www.ufz.deDie Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.
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