Pressemitteilung vom 06. Juli 2020

Geschützte Natur in Halle (Saale)

Eine Bestandsaufnahme der Tier- und Pflanzenwelt ist als Buch erschienen

Schutzgebiete in Städten beherbergen seltene und geschützte Arten - und stehen unter Druck. Das zeigt auch die Bestandsaufnahme der hallischen Tier- und Pflanzenwelt, die jetzt veröffentlicht wurde. In den Jahren 2015 bis 2017 haben ehrenamtliche Expertinnen und Experten dazu 42 Schutzgebiete der Stadt untersucht. Die beiden hallischen UFZ-Wissenschaftler Dr. Sonja Knapp und Dr. Stefan Klotz haben gemeinsam mit dem Fachbereich Umwelt der Stadt Halle daraus das vorliegende Buch gemacht.

Geschützte Natur in Halle (Saale). Eine Bestandsaufnahme der Tier- und Pflanzenwelt. Verlag Natur+Text Foto:
Geschützte Natur in Halle (Saale). Eine Bestandsaufnahme der Tier- und Pflanzenwelt. Verlag Natur+Text
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Zu Beginn der 1990er Jahre waren in Halle (Saale) viele Schutzgebiete in Planung. Damit einher ging eine "Inventarisierung" der Tier- und Pflanzenarten in den bereits geschützten oder als Schutzgebiet vorgesehenen Flächen. Wie hat sich die biologische Vielfalt seitdem entwickelt? Sind die Schutzbemühungen erfolgreich? Diesen Fragen widmete sich eine erneute Inventarisierung, in der zwischen 2015 und 2017 das Vorkommen von 22 Artengruppen -  unter anderem Webspinnen, Libellen, Fang- und Heuschrecken, Zikaden, Wanzen, zahlreicher Käfergruppen, Tag- und Nachtfalter, Amphibien, Reptilien, Vögel, Fledermäuse, Pilze, Flechten, Moose und Gefäßpflanzen in 42 hallischen Schutzgebieten erfasst wurde. Insgesamt wurden rund 3.800 verschiedene Arten beobachtet und identifiziert, darunter 575 Arten, die auf den Roten Listen des Landes Sachsen-Anhalt verzeichnet sind.

Die Ergebnisse dieser Inventarisierung sind im vorliegenden Buch zusammengefasst. Nach einer Kurzbeschreibung der Umweltbedingungen und der historischen Entwicklung der Stadt Halle werden die untersuchten Schutzgebiete beschrieben und über entsprechende Karten im Stadtgebiet verortet. Danach folgen, reich bebildert, die Ergebnisse der Inventarisierung verschiedenster Gruppen von Tieren und Pflanzen und ein Vergleich der Entwicklung der biologischen Vielfalt seit den 1990er Jahren.

Dieses Wissen zum Vorkommen von Tieren und Pflanzen in den Schutzgebieten und zu den Faktoren, die ihr Überleben begünstigen oder erschweren, ist die Basis eines gelingenden Schutzes. "Nur wenn wir immer wieder Informationen zum Vorkommen von Arten sammeln, können wir Entwicklungen und ihre Ursachen erkennen und bei Bedarf Pflegemaßnahmen entwickeln oder anpassen" sagt Kerstin Ruhl-Herpertz, Leiterin des Fachbereiches Umwelt der Stadt Halle (Saale). 

Zwar sind und bleiben Städte für Menschen gemachte Lebensräume. Doch auch sie profitieren davon, Tiere und Pflanzen nicht auszuschließen. Schließlich bieten diese Lebensräume vielen Menschen Raum für Erholung, Frischluftachsen, grüne und unversiegelte Überflutungsflächen, Kühlung an heißen Tagen und die Gelegenheit, Tiere und Pflanzen nicht nur beim Wochenendausflug, sondern im Alltag zu erleben. Je mehr natürliche Lebensräume vorhanden sind, desto geringer wird das Konfliktpotenzial zwischen Mensch und Tier in Wohngebieten und Gärten.

"Städte sind artenreich und können es bleiben, wenn wir dafür Sorge tragen - so wie es die Stadt Halle mit ihren zahlreichen Schutzgebieten tut", sagt Geoökologin Dr. Sonja Knapp vom UFZ, eine der Herausgeberinnen des Buches. Dabei reicht es nicht, Flächen unter Schutz zu stellen. Auch die richtige Pflege ist bedeutsam. Die Ergebnisse der  Bestandsaufnahme weisen insbesondere auf die Notwendigkeit einer konsequenteren Entbuschung der Offenlandlebensräume hin. Viele dieser Lebensräume - z. B. Trocken- und Halbtrockenrasen auf den Porphyrkuppen entlang der Saale oder auf ehemaligen Bergbauflächen - sind charakteristisch für die Stadt Halle und ihr Umland. Werden sie von Sträuchern überwuchert, verschwinden zahlreiche Tier- und Pflanzenarten. Das richtige Maß an Nutzung ist auch in den die Stadt durchziehenden Auen der Saale und Elster notwendig. "Die Auenwiesen werden mittels eines extensiven Mahdregimes gepflegt, das jedoch noch hinsichtlich der Bedürfnisse geschützter Arten optimiert werden kann" sagt UFZ-Biologe Stefan Klotz, ebenfalls Mitherausgeber des Buches und hervorragender Kenner der hallischen Flora und Fauna. Zum Beispiel sei eine zeitweise Auslassung von Teilbereichen der Wiesen bei der Mahd sinnvoll, um kleinräumige Vielfalt zu schaffen und die Reproduktion bodenbrütender Vögel oder an bestimmte Pflanzen gebundener Insekten zu ermöglichen, so Klotz weiter.

"Der Grat zwischen zu viel und zu wenig Nutzung, zwischen Naturschutz und  Erholungsinteressen mag oft schmal sein. Deshalb kann die Verantwortung für die Schutzgebiete nicht allein den Behörden überlassen werden. Ich hoffe, dass unser Buch dazu anregt, Halles grüne Perlen zu erkunden und zu schützen", betont Sonja Knapp.

Das Buch ist nur durch das Engagement zahlreicher Vereine, Behörden, Arbeitskreise, Instituten der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, Privatpersonen und die Unterstützung des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) möglich geworden. 

Publikation:
Knapp, S., Klotz, S. & Fachbereich Umwelt der Stadt Halle (Hrsg.) (2020) Geschützte Natur in Halle (Saale). Eine Bestandsaufnahme der Tier- und Pflanzenwelt. Natur + Text, Rangsdorf. 448 Seiten. ISBN 978-3-942062-43-5. Preis: 19,90 Euro https://www.naturundtext.de/shop/flora-fauna/geschutzte-natur-in-halle-saale.html

Rezensionsexemplare können direkt beim Verlag angefordert werden: verlag@naturundtext.de


Weitere Informationen

Dr. Sonja Knapp
UFZ-Department Biozönoseforschung
sonja.knapp@ufz.de

Kerstin Ruhl-Herpertz
Leiterin des Fachbereiches Umwelt, Stadt Halle (Saale)
kerstin.ruhlherpertz@halle.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

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