Pressemitteilung vom 18. August 2016

Blühende Wiesen zum Wohl des Menschen

Größere Artenvielfalt in Wiesen führt zu umfangreicheren Dienstleistungen der Ökosysteme

Je mehr es wimmelt, kreucht und fleucht desto besser fr den Menschen, der von den vielfltigen, kostenlos erbrachten Dienstleistungen der Natur profitiert. Das ist das Ergebnis einer Studie, an der auch Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums fr Umweltforschung (UFZ) beteiligt waren. Ein artenreiches und von vielen Individuen aus allen Ebenen der Nahrungskette bevlkertes kosystem erbringt demnach die umfangreichsten kosystemleistungen, berichtet das Team im Fachjournal "Nature". Besonders wichtig sei auch die Vielfalt der beim Menschen eher unbeliebten Insekten und unscheinbarer Bodenorganismen. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit des Erhalts artenreicher kosysteme zum Wohl des Menschen.

Ein artenreiches und von vielen Individuen aus allen Ebenen der Nahrungskette bevölkertes Ökosystem erbringt die umfangreichsten Ökosystemleistungen. Foto: UFZ / André Künzelmann
Ein artenreiches und von vielen Individuen aus allen Ebenen der Nahrungskette bevölkertes Ökosystem erbringt die umfangreichsten Ökosystemleistungen.
Foto: UFZ / André Künzelmann

Blühende Wiesen - neben dem ästhetischen Wert dieser Ökosysteme erbringt die Natur auch jeden Tag handfeste, kostenlose Dienstleistungen für den Menschen. Dazu zählen unterstützende Leistungen wie die Bodenbildung, Versorgungsleistungen wie die Lebensmittelproduktion, Regulierungsleistungen wie die Schädlingsbekämpfung und die Klimaregulierung und nicht zuletzt kulturelle Leistungen, zum Beispiel als Erholungsraum. Ökosysteme sind komplex und werden von einer Vielfalt von Organismen bewohnt, die verschiedenen sogenannten trophischen Gruppen angehören. Sie bilden zusammen die Nahrungsketten. Welchen Einfluss die schwindende Artenvielfalt innerhalb von Nahrungsketten auf die Ökosystemleistungen hat, wurde bislang lediglich anhand einzelner, leicht zu untersuchender trophischer Gruppen wie Pflanzen oder pflanzenfressende Organismen studiert.

Ein 300-köpfiges internationales Forscherteam aus Deutschland und der Schweiz hat daher erstmals alle Gruppen entlang einer Nahrungskette in einer natürlichen Graslandschaft untersucht.  Sie sammelten dazu Daten zu insgesamt 4.600 Tier- und Pflanzenarten aus neun Gruppen der Nahrungskette; darunter auch zu bislang eher vernachlässigten Gruppen wie Mikroorganismen im Boden und Abfallfressern wie Regenwürmern. Erhoben wurden die Daten als Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Programms auf 150 Grünlandflächen quer durch Deutschland, den "Biodiversitätsexploratorien", die die umfassendsten ökologischen Freilandversuchsflächen Europas darstellen.

Artenvielfalt innerhalb aller trophischer Gruppen notwendig
Wie bei einem Puzzle haben sich die Forscher ein zusammenhängendes Bild davon gemacht, wie bedeutsam einzelne trophische Gruppen für vierzehn gemessene Ökosystemleistungen sind. Es kam dabei heraus, dass jede Ökosystemleistung von mindestens drei Organismengruppen abhängig ist. "Je vielfältiger die Arten innerhalb der Gruppe, desto zuverlässiger wird die Ökosystemleistung erbracht.  Außerdem beeinflusst jede einzelne Gruppe zumindest eine Ökosystemleistung",  fasst Dr. Santiago Soliveres, der Erstautor der Studie von der Universität Bern, zusammen.

Dr. Tesfaye Wubet, Molekularökologe am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung, ergänzt: "Wir sind sehr stolz, dass wir wertvolle Daten über Bodenpilze in diese Studie einbringen konnten. Dies wäre noch zehn Jahre zuvor undenkbar gewesen, aber die rasanten Fortschritte der Molekularbiologie haben es möglich gemacht." Prof. Dr. Francois Buscot, Leiter des UFZ-Departments Bodenökologie und Mitbegründer der Biodiversitätsexploratorien fügt hinzu: "Alle Arbeitsgruppen, die Bodenmikroorgansimen untersuchen, haben sehr eng kooperiert. Wir haben hunderte von Proben in ganz Deutschland gesammelt, und unsere Analysen optimiert. Nun können wir die Bedeutung des Bodenlebens für die Ökosystemleistungen deutlich machen."

Die Wichtigkeit von "Schädlingen" und Bodenorganismen
Die Studie zeigt zudem, wie wichtig auch vermeintliche Schädlinge und unscheinbare Dienstleister wie die Bodenorganismen sind. Viele von ihnen spielen nämlich, neben Pflanzen, so die Studie, eine zentrale Rolle bei den Leistungen, die die Natur für uns erbringt. "Pflanzen liefern Biomasse, die den Anfang der Nahrungskette bildet, aber Insekten wirken als Bestäuber und Bodenorganismen erhöhen durch Zersetzung und Rückhalt von chemischen Elementen wie Phosphor die Bodenfruchtbarkeit. Je mehr und je unterschiedlichere Individuen es besonders innerhalb dieser drei Gruppen gibt, desto positiver wirkt sich das auf alle Dienstleistungen aus", erklärt Soliveres. Häufig wird der Boden gedüngt, um die Bodenfruchtbarkeit und damit das Wachstum von Pflanzen zu erhöhen. Kurzfristig hilft Dünger zwar, wenn dabei aber die Artenvielfalt verringert wird, überwiegen die Nachteile. Eine hohe Artenvielfalt entlang der gesamten Nahrungskette zu erhalten, ist langfristig gesehen daher preiswerter und sinnvoller, als sie zu zerstören.

Publikation:
Biodiversity at multiple trophic levels is needed for ecosystem multifunctionality. Santiago Soliveres etal. Nature 2016, doi:10.1038/nature19092. http://dx.doi.org/10.1038/nature19092

Weiterführende Links:
Exploratorien zur funktionellen Biodiversitätsforschung (ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziertes Verbundprojekt ): http://www.biodiversity-exploratories.de/startseite/

 
Forschung im UFZ-Department Bodenökologie: https://www.ufz.de/index.php?de=36673


Weitere Informationen

Prof. Dr. François Buscot
UFZ-Department Bodenökologie & Co-Direktor iDiv
Telefon: +49-345-558-5221
francois.buscot@ufz.de

Dr. Tesfaye Wubet
UFZ-Department Bodenökologie
Telefon: +49 345 558 5204
tesefaye.wubet@ufz.de

Prof. Dr. Markus Fischer
Institut für Pflanzenwissenschaften, Universität Bern
Telefon: Tel. +41 31631 49 43
markus.fischer@ips.unibe.ch

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

www.ufz.de

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

www.helmholtz.de
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