Pressemitteilung vom 26. April 2016

800 Meter neben dem Windrad ist ok

Wo kann welche Menge Strom aus erneuerbaren Energien am effizientesten erzeugt werden und wie steht es um die Akzeptanz?

Die Stromproduktion aus Photovoltaikanlagen auf Freiflchen im Sden mit wenig Netzausbau ist wirtschaftlich gnstiger als die Stromproduktion aus Windenergieanlagen im Norden mit Netzausbau. Das ist eines der wichtigen Ergebnisse des Projektes "Effiziente und gerechte Allokation der Produktion erneuerbarer Energien auf nationaler Ebene" (EnergyEFFAIR), an dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums fr Umweltforschung (UFZ), der TU Berlin und der Georg-August-Universitt Gttingen beteiligt waren.

Welches Potenzial gibt es für Strom aus  Erneuerbaren Energien in Deutschland? Foto: UFZ / André Künzelmann
Welches Potenzial gibt es für Strom aus Erneuerbaren Energien in Deutschland?
Foto: UFZ / André Künzelmann
Optimale Verteilung von Solar- (rot) und Windenergieanlagen (blau). Links ohne, rechts mit Berücksichtigung von Netzausbaukosten. Foto: Martin Lange / UFZ
Optimale Verteilung von Solar- (rot) und Windenergieanlagen (blau). Links ohne, rechts mit Berücksichtigung von Netzausbaukosten.
Foto: Martin Lange / UFZ

Ausgangspunkt der Untersuchung war das Spannungsverhältnis zwischen der grundsätzlichen Zustimmung zu erneuerbaren Energien in der deutschen Bevölkerung und dem Protest gegen einen weiteren Ausbau insbesondere von Windkraft- und Photovoltaikanlagen in bestimmten Regionen. Der Konflikt berührt die Frage nach einer gerechten Verteilung (Allokation) dieser Anlagen innerhalb von Deutschland und wird in der Aussage "Wir sind nicht gegen Windkraft. Aber die Uckermark hat ihr Soll erfüllt" offenkundig. "Wir wollten wissen, wo welche Menge an Strom aus welchen erneuerbaren Energien am effizientesten erzeugt werden kann, ohne dass die negativen Auswirkungen der Anlagen für Anwohner im Umfeld unakzeptabel werden", sagt Jürgen Meyerhoff, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachgebiet Landschaftsökonomie der TU Berlin.

Welches Potenzial gibt es für Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen in Deutschland?
Zwei Szenarien wurden für die Potenzialanalyse verwendet: Das eine geht von einem mäßigen Ausbau erneuerbarer Energieanlagen aus, das heißt Windräder werden nicht in Wäldern gebaut und Photovoltaikanlagen nicht auf Ackerland. Auf den zur Verfügung stehenden Freiflächen könnten dann pro Jahr 1630 Terawattstunden Strom zusätzlich produziert werden. Bei dem anderen Szenario mit deutlichem Ausbau stehen Wälder und Ackerflächen als Standorte zur Verfügung, und es könnten pro Jahr 6500 Terawattstunden Strom hergestellt werden. Allerdings beeinflusst der Mindestabstand von Windkraftanlagen das Energiepotenzial erheblich. "Unsere Studie hat gezeigt, dass der momentane gesetzliche Mindestabstand von 800 Metern von Windenergieanlagen zu Siedlungen der volkswirtschaftlich günstigste ist. Würde der Mindestabstand vergrößert, würde dies zwar die Belastung der Bevölkerung reduzieren, aber die Stromkosten würden steigen, da gute Standorte wegfielen", so Martin Drechsler, wissenschaftlicher Mitarbeiter am UFZ in Leipzig. Die Studie bestätigte, dass die Kosten für die Stromerzeugung aus Windkraftanlagen an Land im Norden niedriger sind als im Süden. Genau umgekehrt verhält es sich mit den Kosten der Stromgewinnung aus Photovoltaikanlagen - sie sind im Süden niedriger als im Norden.

Wie ist die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Bau neuer Windkraft-, Photovoltaik- und Biogasanalgen?
Die höchste Akzeptanz erfährt die Stromerzeugung aus Solarenergie. 89 Prozent der knapp 3200 Teilnehmer der deutschlandweiten Online-Umfrage bewerteten sie positiv, gefolgt von den Windenergie (72 Prozent) und Biogas (51 Prozent). Dementsprechend niedrig beziehungsweise hoch ist auch die Bereitschaft, gegen den weiteren Bau solcher Anlagen zu protestieren: gegen Solaranlagen (8 Prozent), Windräder (17 Prozent), Biogasanlagen (25 Prozent). 89 Prozent der Befragten empfinden es zudem als gerecht, wenn jene Bundesländer mit den betriebswirtschaftlich besten Bedingungen und der größten zur Verfügung stehenden Fläche auch den meisten Strom aus erneuerbaren Energien herstellen. Interessant: Bei den Befragten bestand eine hohe Zahlungsbereitschaft für Fernleitungen als Erdkabel. Am höchsten war sie in Niedersachsen (11,6 Euro pro Monat und Haushalt), am niedrigsten in Bayern (6,0 Euro pro Monat und Haushalt). Deutschlandweit lag sie bei 8,12 Euro pro Monat und Haushalt. "Die niedrigere Zahlungsbereitschaft in Bayern und Baden-Württemberg deutet an, dass dort Freileitungen als weniger störend empfunden werden als im Norden von Deutschland wie zum Beispiel in Niedersachsen und Schleswig-Holstein", so Jürgen Meyerhoff.

Welche Auswirkungen hat der Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Stromnetze?
Netzausbau und Ausbau der erneuerbaren Energien müssen Hand in Hand gehen. Eine Konzentration des Ausbaus erneuerbarer Energien auf wenige Standorte, etwa im Norden, würde zu hohen Netzausbaukosten führen, so dass eine gleichmäßigere Verteilung der Anlagen bei mäßigem Netzausbau letztlich günstiger ist. Eine gleichmäßigere Verteilung der Anlagen über das gesamte Bundesgebiet wird von vielen Menschen auch als gerechter wahrgenommen als eine Konzentration auf die produktivsten Standorte.

Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunktes "Ökonomie des Klimawandels" gefördert.

Weitere  Informationen zu  den Ergebnissen des Projekts finden Sie in der Broschüre "Effiziente und gerechte Allokation der Produktion erneuerbarer Energien auf nationaler Ebene": http://www.landschaftsoekonomie.tu-berlin.de/fileadmin/a0731/uploads/personen/meyerhoff/EnergyEFFAIR-BMBF-Klimaoekonomie-Ergebnisbroschuere-Nov2015.pdf



Weitere Informationen

Dr. Jürgen Meyerhoff
TU Berlin, Fachgebiet Landschaftsökonomie
Telefon: +49 (30) 314 73322
juergen.meyerhoff@tu-berlin.de

Dr. Dr. Martin Drechsler
UFZ-Department Ökologische Systemanalyse
Telefon: +49 (341) 235 1713
martin.drechsler@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

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