Pressemitteilung vom 23. März 2023

Echtzeit-Überwachung der Wasserqualität für die Rappbodetalsperre

UFZ, Fernwasser Elbaue-Ostharz und Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt intensivieren Kooperation

Die Rappbodetalsperre im Harz ist eine sehr wichtige Ressource für die Trinkwasserversorgung in Mitteldeutschland. Um die Auswirkungen von Landschafts- und Klimaveränderungen wie Waldverlust und Hitzewellen auf den Gewässerzustand, die daran gekoppelten Ökosystemdienstleistungen und die Wasserqualität zu erfassen und für das Talsperrenmanagement nutzbar zu machen, bauen das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt und die Fernwasser Elbaue-Ostharz ihre Zusammenarbeit aus und schaffen einen in Deutschland einmaligen Verbund von Praxis und Forschung: Sie unterzeichneten gestern, am Internationalen Tag des Wassers, einen trilateralen Kooperationsvertrag für ein gemeinsam betriebenes Talsperren-Observatorium, das auf bereits etablierten Messnetzen des UFZ beruht. 

Haben Kooperation unterzeichnet: Dirk Brinschwitz, Jan Wollenberg (FEO), Burkhard Henning (Talsperrenbetrieb S.-A.), Karsten Rinke, Viktoria Romanova, Rolf Altenburger (UFZ) Foto: Klaus-Dieter Sonntag
Haben Kooperation unterzeichnet: Dirk Brinschwitz, Jan Wollenberg (FEO), Burkhard Henning (Talsperrenbetrieb S.-A.), Karsten Rinke, Viktoria Romanova, Rolf Altenburger (UFZ)
Foto: Klaus-Dieter Sonntag
Rappbodetalsperre Foto: Archiv TSB
Rappbodetalsperre
Foto: Archiv TSB

Die Rappbodetalsperre in Sachsen-Anhalt ist mit einer Staumauerhöhe von 106 Metern und einem Stauvolumen von mehr als 110 Mio. Kubikmetern die größte Trinkwassertalsperre Deutschlands. Mit dem daraus gewonnenen Trinkwasser werden über eine Million Menschen in Mitteldeutschland versorgt. Die Rappbodetalsperre ist aber auch Forschungsstandort: Im Talsperren-Observatorium Rappbode (TOR) analysieren UFZ-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler die Wechselwirkungen zwischen Beschaffenheit und Nutzung der Einzugsgebiete auf der einen Seite sowie dem ökologischen Zustand und der Wasserqualität der Rappbodetalsperre, der Vorsperren und der Hauptzuflüsse auf der anderen Seite. Das TOR ist Teil von TERENO (TERrestrial ENvironmental Observatories) - einem Projekt, das die Helmholtz-Gemeinschaft im Jahr 2008 zur deutschlandweiten integrierten Erdbeobachtung für ökologische, soziale und ökonomische Folgen des globalen Wandels gegründet hat. "Wir haben zur Untersuchung der Wasserqualität im Talsperren-Observatorium ein umfangreiches Monitoring aufgelegt, in dem die Wasserqualität, die Stoffströme und die Biodiversität der Talsperren und ihrer Zuflüsse in verschiedenen zeitlichen Abständen und auf unterschiedlichen räumlichen Skalen analysiert werden", sagt Dr. Karsten Rinke, TOR-Leiter und Leiter des UFZ-Departments Seenforschung. Seine Forschungsgruppe hat dafür im Einzugsgebiet der Talsperre zahlreiche Messgeräte wie beispielsweise Multiparametersonden, Datenlogger und automatische Probenehmer zur Überwachung der Wasserqualität installiert. Die daraus gewonnenen Daten fließen in die Forschung ein, werden aber auch dem Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt (TSB) und der Fernwasser Elbaue-Ostharz (FEO) bereitgestellt und von diesen genutzt.

Seit 2011 - von Beginn an - kooperieren das UFZ, der TSB und die FEO jeweils bilateral, indem sie bei der Definition von Forschungszielen und der Untersuchung der Talsperren zusammenarbeiten und sich gegenseitig Daten zur Verfügung stellen. Diese Kooperation wird jetzt deutlich ausgebaut, indem der Betrieb des Observatoriums auf eine solide fachliche, wirtschaftliche und organisatorische Basis gestellt wird. Damit entsteht eine einzigartige Zusammenarbeit zwischen Forschung und Praxis, die über den üblichen Austausch von Daten hinausgeht und auch die anfallenden Kosten und den Arbeitsaufwand für Wartung und Investitionen zwischen den Partnern neu regelt. So übernehmen zum Beispiel der TSB und die FEO die Investitionskosten für den Erhalt der TOR-Infrastruktur und die Wartungskosten aller Messgeräte. Das UFZ verantwortet im Gegenzug dazu die Wartungsarbeiten vor Ort, die Beprobung an ihren Untersuchungsstandorten, die Analyse und die Auswertung der Wasserproben zur Qualitätskontrolle im Einzugsgebiet sowie die zentrale Datenhaltung und -bereitstellung. Das TOR ist damit die erste wissenschaftliche Infrastruktur aus dem breit angelegten Investitionsprogramm der BMBF-geförderten TERENO-Projekte, die den Sprung in eine Praxisanwendung geschafft hat und damit finanziell unabhängig geworden ist. 

Prof. Dr. Rolf Altenburger, wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), erklärt: "Ziel der Zusammenarbeit ist das Wasserqualitätsmonitoring der Zuflüsse und der Wasserkörper des Rappbode-Talsperrensystems. Auf diese Weise können wir Auswirkungen des Klimawandels und der Nutzung in den Einzugsgebieten auf die Wasserkörper frühzeitig erkennen und wissenschaftlich bewerten. Dass der TSB und die FEO auf diese Weise in das Monitoring eingestiegen sind, unterstreicht und stärkt die Anwendbarkeit und Praxisrelevanz der UFZ-Forschung im Umweltmonitoring." 

Der Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt ist für die Planung, den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung aller Talsperren in Sachsen-Anhalt verantwortlich. Er regelt die Wasserabflüsse, vertreibt das Rohwassers, führt die Stauanlagendokumentationen, nutzt das Wasserkraftpotenzial und erarbeitet als Träger öffentlicher Belange Stellungnahmen. Burkhard Henning, Geschäftsführer des Talsperrenbetriebs Sachsen-Anhalt (TSB), sagt: "Die kontinuierliche Bereitstellung von Rohwasser ist eine große Herausforderung. Die letzte Dekade hat gezeigt, dass der Klimawandel auch Auswirkungen auf die Menge und Qualität des Dargebotes hat. Umso wichtiger ist es bei rückläufigen Zuflüssen, den Speicher der Rappbodetalsperre immer wieder mit hochwertigen Rohwasser zu füllen. Die Daten, die hier gewonnen werden, sind eine solide Grundlage für die Steuerung des Talsperrensystems."

Die Fernwasserversorgung Elbaue-Ostharz gewinnt hochwertiges Trinkwasser aus dem Grundwasserleiter der Elbau und dem Rappbode-Talsperrensystem im Ostharz. Dr. Dirk Brinschwitz, technischer Geschäftsführer der FEO, betont: "Durch die kontinuierliche Überwachung des gesamten Einzugsgebiets können mögliche Eintragsquellen von natürlichen oder anthropogenen Stoffen in das Rohwasser schnell identifiziert und im Idealfall abgestellt werden. Damit beginnt unsere Qualitätssicherung für die Trinkwasserversorgung bereits dort, wo sie am effektivsten und nachhaltigsten ist - an der Quelle. Gleichzeitig erlaubt uns die wissenschaftliche Analyse der langfristigen Entwicklung der Wassergüte des Talsperrensystems, Fragen der Aufbereitungstechnologie vorausschauend im Blick zu haben. Mit dem gestern unterzeichneten Vertrag festigen wir diese wichtige, bereits über viele Jahre bewährte Zusammenarbeit."


Weitere Informationen

Detlef Cöster
Talsperrenbetrieb Sachsen-Anhalt AöR
coester@talsperren-lsa.de

Dr. Kathleen Seipel
Fernwasser Elbaue-Ostharz / Labor West
kathleen.seipel@feo.de

Dr. Karsten Rinke
Leiter des UFZ-Departments Seenforschung
karsten.rinke@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

www.ufz.de

Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

www.helmholtz.de
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