Pressemitteilung vom 5. September 2007
Der janusköpfige Keim
Helicobacter pylori bedroht den Magen aber beschützt die Haut
Leipzig. Der weit verbreitete Magenkeim Helicobacter pylori bedroht den Magen, aber beschützt die Haut. Das schreiben Leipziger Wissenschaftler in der britischen Zeitschrift „Journal of Epidemiology & Community Health“. Unter dem Titel „Helicobacter pylori colonisation and eczema“ machten kürzlich die an der Leipziger Studie zum Helicobacter pylori beteiligten Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und der Kinderklinik der Universität bzw. des Klinikums „St. Georg“ auf interessante neue Ansätze aufmerksam.
Magenkeim Helicobacter pylori
Grafik:
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Die Grundaussage dieses Artikels fasst Prof. Olf Herbarth, Leiter des Departments Expositionsforschung / Epidemiologie im Leipziger Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung so zusammen: „Es war schon früher beobachtet worden, das Infektionen und das Auftreten von allergischen Erkrankungen, wie Ekzemen, in Verbindung stehen, nur war unklar, welche Infektionen wirklich Schutz bieten. Wir konnten belegen, dass eine Helicobacter-pylori-Besiedlung, also Infektionen/Kolonisationen des Magen-Darm-Traktes, das Auftreten von Ekzemen auf etwa ein Drittel des Durchschnitts drückt. Das trifft zwar mehr für nicht durch Allergien der Eltern vorbelastete Kinder aber auch für vorbelastete Kinder zu. Bei einer Infektion der Luftwege hingegen, gilt das nicht, bei Bronchitis verdoppelt sich sogar die Gefahr, auch an Ekzemen zu erkranken.“
Diese Überlegungen basieren auf Untersuchungen von jeweils rund 3000 Leipziger Schülern in den Jahren 1998 und 2000, bei denen über die Atemluft das Vorhandensein des Magenkeimes Helicobacter pylori getestet wurde, eines Erregers, der zu Gastritis, Magengeschwüren und Magenkrebs führen kann. Gleichzeitig füllten die Eltern Fragebögen aus, in dem es um Angaben zur Lebensgewohnheiten der Familie ging.
Kann man also aus der erwiesenen ekzem-reduzierenden Wirkung des Magenkeims kühn schlussfolgern, dass ein Schlückchen Helicobacter-Cocktail Patienten mit allergischem Ekzem wohltut? Professor Herbarth schüttelt energisch den Kopf: „So simpel funktioniert das nicht, schon wegen der nicht vom Tisch zu wischenden Gefahren, die gleichzeitig von den Keimen ausgehen. Eine klare Unterscheidung, wann Helicobacter pylori vor allem schützend und wann krankheitsausslösend auftritt, ist noch nicht möglich.“
Dennoch bringt die Aussage weiteren Zündstoff in die derzeit intensiv geführte Diskussion der Hygiene-Hypothese, die verkürzt lautet: Keimfreiheit fördert Allergien. „Die Wissenschaft ist hier zu Neuland aufgebrochen. Zukünftig wird es neue Lösungen geben, beispielsweise über den Einsatz abgetöteter Keime. Aber schon jetzt halte ich vieles für übertrieben und sogar gefährlich. Wer seinem Kind zum Beispiel nicht pasteurisierte Milch gibt, riskiert, dass es auch Keime zu sich nimmt, mit denen nicht mehr zu spaßen ist, die Erreger der Tuberkulose zum Beispiel.“
Im Jahr 2006 wurde ein Großteil dieser Schüler – inzwischen Achtklässler – wieder zum Aufblasen der
Atemluftbeutel gebeten, um den Verlauf der Besiedelungen, deren Beeinflussung durch den Alltag der jungen Leute
und vor allem gesundheitliche Auswirkungen zu erfassen. Vor wenigen Tagen wurde der Aufbau der Datenbank
abgeschlossen, in der neben den Ergebnissen der medizinischen Tests knapp 2000 Fragebögen mit jeweils 1500
Variablen eingegeben werden mussten. Nun also geht es an die Auswertung. Die ersten neuen Ergebnisse werden Ende des
Jahres erwartet.
Marlies Heinz
Publikation:
Olf Herbarth, Mario Bauer, Gisela J Fritz, Petra Herbarth, Ulrike Rolle-Kampczyk, Peter Krumbiegel, Matthias Richter and Thomas Richter:
„Helicobacter pylori colonisation and eczema“,
Journal of Epidemiology and Community Health 2007;61:638-640; doi:10.1136/jech.2006.046706
Helicobacter pylori colonisation and eczema
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