Pressemitteilung vom 21. Januar 2008
Ausnahmefälle werden zur Regel
Bundesländer werden in Brüssel Fristverlängerungen für ihre Gewässer beantragen
Leipzig. Die Mehrheit der Gewässer in Deutschland wird bis 2015 nicht die zentralen Umweltziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) erreichen. Viele Bundesländer werden daher eine Verlängerung der Frist bei der EU beantragen. Das ist das Ergebnis einer Expertentagung, zu der sich rund einhundert Vertreter aus Behörden, Verbänden und Wissenschaft in Leipzig getroffen haben. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie sieht zwar vor, dass sich alle Gewässer bis 2015 in einem "guten Zustand" befinden sollen. Die Richtlinie lässt aber auch Ausnahmen zu, bei denen Fristen verlängert oder die Umweltziele abgeschwächt werden können, wenn die Umweltziele aus objektiven Gründen nicht rechtzeitig erreicht werden können.
Die Elbe - hier ein Luftbild vom mittleren Teil - fließt durch die Tschechische Republik und durch mehrere Bundesländer in Deutschland.
Foto: UFZ
Rund einhundert Vertreter aus Behörden, Verbänden und Wissenschaft trafen sich zu einem Workshop Anfang Januar, welcher das dritte der "Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie" war.
Foto: André Künzelmann, UFZ
Die Behörden stehen vor zwei großen Problemfeldern: Die Verminderung von Schadstoffeinträgen in die Gewässer und vor allem die Renaturierung der Flüsse dauert länger als geplant. Von Abstimmung, Planung, Genehmigung, Umsetzung bis hin zum Wirken der Maßnahmen können Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen. Außerdem brauchen die Wasserbehörden in Zukunft wesentlich mehr Gelder als bisher, um die EU-Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Was der in der Richtlinie geforderte gute Zustand der Gewässer insgesamt kosten wird, ist momentan noch völlig unklar. Einige Bundesländer rechnen mit Kosten im oberen dreistelligen Millionenbereich, in anderen Bundesländer gibt es überhaupt noch keine Kostenschätzungen. Dabei sind gerade die Kosten eines der wichtigsten Argumente für Fristverlängerungen, denn die EU-Wasserrahmenrichtlinie lässt Ausnahmen zu, falls unverhältnismäßig hoch werden. Ohne nachvollziehbare Kostenschätzungen wird es aber schwer, Ausnahmen so zu begründen. "Eine einheitliche Vorgehensweise bei der Begründung von Ausnahmen würde die Akzeptanz für die notwendigen Ausnahmen bei den EU-Behörden verbessern", meint Dr. Bernd Klauer vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), der die Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie leitet. Da die Umsetzung in die Zuständigkeit der Länder fällt, interpretiert jedes Bundesland die Richtlinie eigenständig. "Leider zeigen sich hier besonders deutlich die Schwächen des Föderalismus. Gerade bei Flüssen, die die Ländergrenzen überschreiten, wäre ein abgestimmtes Vorgehen sinnvoll."
Der Workshop Anfang Januar war das dritte der "Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie", die gemeinsam vom Helmholtz-Zentrum
für Umweltforschung (UFZ) und der Universität Leipzig veranstaltet werden. Im April wollen die Verantwortlichen in Kopenhagen auf
EU-Ebene konkrete Beispiele für Ausnahmebegründungen diskutieren.
Tilo Arnhold
Links:
Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie (17./18.01.2007):
Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie - Programm
Leipziger Gespräche zur Wasserrahmenrichtlinie
BASINFORM - Verfahren zur Aufstellung von Maßnahmeprogrammen nach EU-Wasserrahmenrichtlinie:
BASINFORM
im UFZ-Newsletter (April 2007, S.6):
UFZ-Newsletter April 2007
Weitere fachliche Informationen:
Dr. Bernd Klauer
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-1702
Dr. Bernd Klauer
oder über
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