Pressemitteilung vom 28. Juni 2023

Flussauen und Küsten sind unverzichtbar für Biodiversität und Klima

Hintergrundpapier erschienen / Fachkonferenz im September geplant

Binnen- und Küstenfeuchtgebiete sind weltweit drastisch zurückgegangen. Dies hat negative Folgen für Mensch und Natur, da durch den Verlust Treibhausgase freigesetzt werden und Potenzialflächen für die Anpassung an Klimawandelfolgen verloren gehen. Eine Publikation des Bundesamts für Naturschutz (BfN) unter Beteiligung von Forschenden des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) beleuchtet nun die Rolle von Flussauen und Küstenfeuchtgebieten für Biodiversitätsschutz, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung in Europa. Das Thema steht auch im Fokus der fünften Europäischen Fachkonferenz zu Biodiversität und Klimawandel, die vom 26. bis 28. September 2023 in Bonn stattfindet.

Flussauen wie hier der Tagliamento (Italien) leisten wichtige Beiträge zum natürlichen Klimaschutz. Foto: Mathias Scholz / UFZ
Flussauen wie hier der Tagliamento (Italien) leisten wichtige Beiträge zum natürlichen Klimaschutz.
Foto: Mathias Scholz / UFZ

Zwischen 1970 und 2015 gingen Binnen- und Küstenfeuchtgebiete weltweit um etwa 35 Prozent zurück. Durch diesen Verlust werden Treibhausgase freigesetzt, die den Klimawandel beschleunigen, und es gehen Flächen verloren, die potenziell für die Klimafolgenanpassung infrage kommen. Doch Flussauen und Küstenfeuchtgebiete sind lebenswichtige Ökosysteme für Natur und Menschen: Sie leisten unverzichtbare Beiträge zum menschlichen Wohlbefinden, zum Erhalt der biologischen Vielfalt und zum natürlichen Klimaschutz. Zudem gelten sie als Hotspots der Biodiversität und stellen vielfältige Ökosystemleistungen wie Klimaregulierung, Kohlenstoffbindung, Hochwasserschutz, Wasserfiltration, Nahrungsmittelversorgung, Naherholung und Naturtourismus bereit. "Um den Rückgang der Feuchtgebiete in Europa aufzuhalten und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber dem Klimawandel zu stärken, besteht dringender Handlungsbedarf", sagt der UFZ-Auenökologe Dr. Mathias Scholz.

Den aktuellen Kenntnisstand aus Wissenschaft, Politik und Praxis hat ein Team von Forschenden aus ganz Europa nun in einem BfN-Hintergrundpapier zusammengefasst. Deutlich wird dabei, dass bei der Renaturierung von Feuchtgebieten bereits beachtliche Erfolge erzielt wurden, wie zum Beispiel in der Camargue in Frankreich, im Ebro-Delta in Spanien oder durch die großflächigen Deichrückverlegungen an der Mittleren Elbe in Sachsen-Anhalt (Lödderitz) oder in Brandenburg (Lenzen). Allerdings gibt es immer noch grundlegende Herausforderungen. Dazu zählen etwa konkurrierende Landnutzungsinteressen, die mangelhafte Um- und Durchsetzung von Rechtsvorschriften sowie erhebliche Finanzierungslücken. Ute Susanne Kaden, UFZ-Auenökologin und eine der Leitautorinnen der Publikation, betont: "Natürlich bestehen viele Herausforderungen, aber zugleich liegen auch zahlreiche Handlungsoptionen für eine wirksame Wiederherstellung von Flussauen und Küstenfeuchtgebieten in Europa auf dem Tisch." Um diese Lebensräume effektiv zu schützen, müsse eine breite Palette von Instrumenten angewendet werden. Dazu gehören politische Reformen wie die Einführung der neuen EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, der Einsatz neuer Landmanagementinstrumente, innovative Technologien für Planung und Kontrolle sowie eine bessere Einbeziehung aller Akteure durch soziale und organisatorische Instrumente. "Vor allem die Integration der lokalen Bevölkerung mit ihrem lokalen Wissen und ihrer Erfahrung kann eine entscheidende Rolle spielen, um Feuchtgebiete wiederherzustellen, zu erhalten und nachhaltig zu managen", sagt Leitautor Mathias Scholz.

Die Publikation liefert zudem die Hintergrundinformationen und eine Wissensgrundlage für die Europäische Fachkonferenz "Riverine and coastal wetlands for biodiversity and climate - Linking science, policy and practice", die vom Bundesamt für Naturschutz gemeinsam mit dem Europäischen Netzwerk der Leitungen der Naturschutzämter (ENCA) vom 26. bis 28. September 2023 in Bonn ausgerichtet wird. Ziel der Fachkonferenz ist, europäische Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und Praxis zu vernetzen, den Wissens- und Erfahrungsaustauch zu fördern und das Schwerpunktthema gemeinsam weiterzuentwickeln. Die Konferenz trägt damit auch zur Umsetzung des internationalen Übereinkommens über Feuchtgebiete, der Ramsar-Konvention, bei. Eine Anmeldung zur Teilnahme an der Fachkonferenz ist über die Konferenzwebseite möglich.

Publikation:  
Kaden, U. S., Scholz, M., , Buijse, A.D., Cvijanovi?, D., Froese, I., Diack, I., Duffield, S., Ibáñez, C., Jähnig, S. J., Januschke, K., Ludewig, K., Marsden, K., Müller, P., Rodríguez-González, P. M., Stadler, J.,Schulz-Zunkel, C., Stammel, B., Wantzen, K.M., Weber, A., Wulf, S., Zak, D. & Bonn, A. (2023): Riverine and coastal wetlands in Europe for biodiversity and climate. State of knowledge, challenges and opportunities. BfN-Diskussionpaper DOI: 10.19217/hgr233en. https://www.bfn.de/sites/default/files/2023-06/2023-riverine-and-coastal-wetlands-in-europe-for-biodiversity-and-climate-bfn.pdf

Weiterführende Informationen:
Mehr Infos zur Fachkonferenz: https://www.bfn.de/veranstaltungen/european-conference-riverine-and-coastal-wetlands-biodiversity-and-climate


Weitere Informationen

Dr. Mathias Scholz
UFZ-Department Naturschutzforschung
mathias.scholz@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

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