Arbeitspaket 6: Gestaltung eines Versorgungsinformationssystems für Stadtquartiere unter Nutzung integrierter 3D-Visualisierungsmodelle
Neuigkeiten
Die zu Beginn des Projekts erstellte Fallstudie für Berlin-Weissensee (siehe Neuigkeiten 10/2020) wurde gegen Projektende mit den nun verfügbaren Ergebnissen numerischer Simulationen erweitert. Eine 3D-Visualisierung von thermischen und hydrologischen Prozessen im Untergrund basierend auf dem in AP7 erstellten OpenGeoSys-Modell zeigt die durch die Erdwärmesonden bedingten Temperaturveränderungen und deren Ausbreitung infolge des Grundwasserflusses in der Region. Für die Darstellung der in AP5 durchgeführte Kopplung des OpenGeoSys-Modells mit einer Modelica-basierten Simulation der Haustechnikkomponenten wurden 3D Modelle des mit Wärme zu versorgenden Schulgebäudes und des angeschlossenen Wärmespeichers sowie aller die Komponenten verbindenden Leitungen erstellt. Die simulierten Temperaturen werden für jeden Zeitschritt diesen 3D-Modellen zugewiesen. Das Resultat ist eine interaktive 3D-Szene der geografischen und geologischen Strukturen des Gebiets, in die eine 3D-Animation der Temperaturveränderungen des Gesamtsystems aus ober- und untertägigen Komponenten über den Verlauf eines Jahres eingebettet ist.
Ausschnitt des unter- und obertägigen Modells in Berlin
Visualisierung der gekoppelten Simulationsergebnisse
Mit Hilfe einer breiten Datenbasis wurde für einen Stadtteil von Kiel ein Prototyp für ein Umweltinformationssystem zur Gewinnung erneuererbarer Energien, Möglichkeiten der Speicherung im Untergrund sowie einer Übersicht des aktuellen Bedarfs erstellt. Die Anwendung kombiniert von Landesämtern bereitgestellte GIS-Daten (Solarparks, Biogasanlagen, On- und Offshore Windparks, Energietrassen, u.v.m.) mit möglichen Szenarien für die Speicherung der so gewonnenen Energie. Ein Beispiel dafür ist ein ATES System unter der Stadt Kiel, welches ausreichend Wärme speichern kann, um Intervalle mit geringer Energiegewinnung und saisonale Schwankungen zu überbrücken. Das von Kooperationspartnern an der Universität Kiel im Rahmen des ANGUS II-Projekts mit OpenGeoSys erstellte Modell verfügt über vier Brunnendubletten. Durch die Speicherung der Wärme in einem Aquifer in etwa 100 Meter Tiefe kann dabei eine Speicherkapazität von bis zu 25 GWh erreicht werden. Das Informationssystem erlaubt die Animation von Zyklen zur Energiespeicherung und -freisetzung über 10 Jahre und ermöglicht den Vergleich mit dem aktuellen Wärmebedarf der Stadt Kiel.
Ein Video des auf Unity basierenden Prototyps des Umweltinformationssystems ist auf YouTube verfügbar.
Umweltinformationssystem Kiel
Für einen Standort in Offenbach wurde anhand verfügbarer Daten eine weitere 3D-Szene erstellt. Ähnlich wie im vorangegangenen Modell in Berlin (siehe Neuigkeiten von Oktober 2020) wurden aus 3D-Messpunkten geologische Schichten im Untergrund interpoliert und diese mit Informationen aus dem Bebauungsplan und den Positionen der Erdwärmesonden verschnitten. Für zusätzlichen Kontext wurde die Oberfläche mit einer Karte des Quartiers texturiert sowie im Untergrund die Grundwasserfliessrichtung mittels 3D-Isoflächen angedeutet. Im Folgenden soll diese Szene nun unter der Oberfläche um die Ergebnisse einer numerischen Simulation der Erdwärmesonden erweitert werden sowie über der Oberfläche um Informationen bezüglich der Haustechnikanschlüsse und des Wärmeflusses.
3D-Modellierung des Erdwärmesondenfeldes in Offenbach
Für eine effiziente und flexible Modellerstellung wurde ein parametrisierbares Verfahren zur Erstellung von Voxelgrids implementiert. Dies erlaubt die schnelle Erstellung von Simulationsgittern basierend auf gegebenen stratigraphischen Schichten oder existierenden 3D Gittern. Obwohl das Verfahren bei geringer Auflösung den Untergrund nur grob approximieren kann, hat dieses Verfahren den Vorteil, dass die Elementqualität für numerische Verfahren optimal ist und die Extraktion von Teilbereichen trivial wird. Ferner kann die Auflösung (und damit auch die Anpassung an tatsächliche Gegebenheiten) innerhalb kürzester Zeiträume beliebig verfeinert werden, weshalb dieses Verfahren auch für die Nutzung von parallelisierten Simulationen auf Hochleistungsrechnern besonders geeignet ist.
Darüber hinaus wurde mit der Implementierung von Interfaces für den Import von Daten der Haustechnik begonnen. Diese Daten sollen zukünftig simultan parallel zu den modellierten Simulationsergebnissen im Untergrund angezeigt werden, um ein vollständiges Bild des Wärme-/Kältetransfers aus dem Untergrund in die angeschlossenen Gebäude darzustellen.
Für mehr Flexibilität bei der Modellerstellung wurde OpenGeoSys um eine Reihe von Vorverarbeitungsmethoden erweitert. Diese ermöglichen beispielsweise die Integration von Bohrlöchern in bestehende 3D Gitter, die Extraktion beliebiger vertikaler 2D Schnitte aus existierenden 3D Modellen, die Konversion von 2D Gittern in GIS-kompatible Rasterdaten und umgekehrt die Generierung von beliebig aufgelösten und lokal adaptiven 2D Gittern aus Rasterdaten. Zusätzlich können geologische Schichten nachträglich in Modell eingefügt werden bzw. existierende Schichten beliebig verfeinert werden.
Derartige Methoden erlauben die Erstellung von Modellen mit beliebiger räumlicher Auflösung sowie eine schrittweise Analyse der betrachteten Prozesse. So können zunächst horizontale oder vertikale Schichten in 2D analysiert werden, bevor man eine 3D-Analyse beginnt. Die Anzahl der Bohrlöcher kann je nach Prozess oder Parametrisierung variiert werden und auch die Auflösung des gesamten Modells kann entsprechend vorgegebener Laufzeit- oder Komplexitätsanforderungen angepasst werden.
Mit Hilfe von OpenGeoSys wurde ein erstes Modell für einen Standort in Berlin aufgesetzt. Basierend auf Raster- und Vektordaten, die von der Firma geoENERGIE Konzept zur Verfügung gestellt wurden, haben wir eine Reihe von 3DFiniten Element Gittern mit unterschiedlichen Auflösungen erstellt. Das gröbste Modell besteht dabei aus 400.000 Elementen, das am feinsten aufgelöste aus 2,6 Mio. Elementen. Jedes der Untergrundmodelle besteht dabei aus fünf stratigraphischen Schichten mit einer Ausdehnung von -120m bis eta 50m über Normalhöhennull. Die Gitter werden in der Umgebung eingebetteter Objekte (wie etwa den 16 Wärmesonden) adaptiv verfeinert, so dass eine auf dem Gitter durchgeführte Simulation sich numerisch stabil verhält.
Erstellung des Simulations-Meshes