Arbeitspaket 2: Szenariensimulationen, Sensitivitätsstudien und Unsicherheitsanalysen für die energieeffiziente Auslegung des Untergrundsystems
Neuigkeiten
Mithilfe eines approximierten Modells wurden für die Sensitivitätsanalyse 425.000 Parametervariationen berechnet, mit denen anschließend Sobol‘-Indizes erster und zweiter Ordnung ermittelt werden konnten. Anhand der Sobol‘-Indizes erster Ordnung konnte ein quantitatives Ranking bezüglich der Einflüsse der einzelnen Parameter abgelesen werden. Die Parameter, die bei dieser Untersuchung den größten Einfluss auf die Zielgrößen hatten, sind die Untergrundtemperatur, der Jahreswärmeenergiebedarf und die Mächtigkeit des vom Grundwasser durchströmten Bereich, genauer gesagt sein Anteil an der Sondenlänge. Die Sobol‘-Indizes zweiter Ordnung repräsentieren den Einfluss, den zwei Parameter gemeinsam auf die Zielgrößen haben und werden auch als Interaktionseffekte bezeichnet. Bei Parameterpaaren, die im Verhältnis zu den anderen Paaren große Sobol‘-Indizes zweiter Ordnung aufgewiesen haben, wurden die Interaktionseffekte genauer untersucht, um ein tieferes Verständnis für diese Effekte zu erhalten. Dafür wurden nur noch die betroffenen Parameter in ihren Werten variiert und die Auswirkung auf die Zielgröße ausgewertet. Außerdem wurden Sobol‘-Indizes im Jahresverlauf ermittelt, was gezeigt hat, dass alle Parameter, bis auf den geothermischen Gradienten, in den Sommermonaten einen geringeren Einfluss auf die Fluidtemperatur haben als in der Heizperiode. Neben den Sensitivitätsbetrachtungen bezüglich der Fluidtemperatur, wurden außerdem Sobol‘-Indizes bezüglich der Untergrundtemperatur an mehreren Punkten in verschiedenen Abständen und Richtungen zur Erdwärmesonde berechnet. Dies soll dabei helfen, einen Eindruck zu gewinnen, inwieweit benachbarte Sonden durch die Parametervariationen beeinflusst werden können. Senkrecht zum Grundwasserstrom sind die Mächtigkeit des vom Grundwasser durchströmten Bereichs an der Sondenlänge und die Sondenlänge selbst am einflussreichsten. In Richtung des Grundwasserstroms hingegen hat die Darcy-Geschwindigkeit den größten Einfluss.
Neben der Sensitivitätsanalyse wurden die Ergebnisse der Unsicherheitsanalyse für einen fiktiven Standort ausgewertet. Betrachtet wurden hier zwei Szenarien für den Jahresbedarf an Wärmeenergie. Im ersten Szenario wurden Unsicherheiten aufgrund von klimatischen Schwankungen angenommen. Beim zweiten Szenario wurden mögliche Nutzungswechsel und somit eine größere Unsicherheit für den Bedarf zugrunde gelegt. Die 100.000 berechneten Parametervariationen wurden genutzt, um eine kumulative Verteilungsfunktion abzubilden, anhand derer Unsicherheiten für verschiedene Temperaturgrenzwerte abgelesen werden konnten. Darüber hinaus wurden für den fiktiven Standort und bezüglich der beiden Szenarien ebenfalls Sobol‘-Indizes mit den gesetzten Unsicherheitsbereichen berechnet und ausgewertet. Bei beiden Szenarien zeigte sich, dass der Jahresbedarf an Wärmeenergie und die Wärmeleitfähigkeit des Untergrunds am stärksten zur Gesamtunsicherheit betragen, wobei sich jedoch die Wichtung der Parameter bei den Szenarien unterscheidet.
Sobol-Indizes der Einflussgrößen
Im ersten Schritt der Sensitivitätsanalysen wurde mit dem Parameterscreening die Anzahl der Parameter in der Sensitivitätsanalyse auf die für den Auslegungsprozess von Erdwärmesondensystemen relevantesten reduziert. Die Sensitivitätsanalyse wurde mit der Methode der Sobol‘-Indizes durchgeführt, welche eine große Anzahl an Parametervariationen erfordert. Um den Rechenaufwand in einem realistischen Rahmen zu halten, kam ein durch maschinelles Lernen approximiertes Modell (Proxy) zum Einsatz. Dieses Proxy-Modell wurde mit der Methode der Gauß-Prozess-Regression aus Ergebnissen numerischer OpenGeoSys-Simulationen erstellt und ermöglicht die Berechnung von Parametervariationen in einem Bruchteil der Zeit, die für vergleichbare Finite-Element-Simulationen benötigt wird. Für das Anlernen des Proxys wurden 2.000 Modellvariationen in OpenGeoSys auf einem Berechnungsserver simuliert. Mit einer Stichprobe von ca. 425.000 Parametervariationen wurde anschließend der Proxy ausgewertet und Sensitivitäts-Indizes nach Sobol‘ berechnet.
Parallel zur Sensitivitätsanalyse wurde ein erstes Beispiel für eine Unsicherheitsanalyse vorbereitet. Hierfür wurde ein fiktiver Standort erstellt. Es erfolgte zunächst eine Vorauslegung mittels der Software Earth-Energy-Designer (EED) für den Modellstandort, welche als Ausgangspunkt der Unsicherheitsbetrachtung diente. Für die Berechnung wurden Unsicherheitsbereiche definiert, innerhalb derer die Parameter der Auslegung variieren können. Danach wurde auch in diesem Fall mit Hilfe von Ergebnissen aus numerischen Berechnungen mit OpenGeoSys ein Proxy-Modell erstellt. Für die Ergebnisse der Unsicherheitsanalyse wurden 100.000 Parametervariationen mit diesem Proxy-Modell ausgewertet.
Parameterscreening der Einflussgrößen
Die aktuellen Ergebnisse der Vorbereitungen für die Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalysen wurden unter anderem bei einem Vortrag auf dem geoENERGIE-Tag 2021 in Freiberg vorgestellt. Ein Bericht des Kongresses ist hier zu finden.
Durch die hohen benötigten Rechenressourcen müssen die Berechnungen auf einem entsprechenden Server durchgeführt werden. Bis zur Bereitstellung der Hardware wird die Bearbeitung anderer Arbeitspakete fortgesetzt, darunter das neu beginnende Arbeitspaket 3, welches sich mit der Studie zu potenziellen Optimierungsstrategien der Auslegung untertägiger Netzkomponenten beschäftigt. Weitere Fortschritte und Ergebnisse in AP2 werden im nächsten Jahr erwartet.
Der bestehende Workflow für die Sensitivitäts- und spätere Unsicherheitsanalyse wurde in verschiedenen Punkten angepasst und erweitert. Sowohl mit dem analytischen Modell als auch OGS wurden einige Betrachtungen durchgeführt, welche darüber Aufschluss geben sollen, wie der Einfluss durch externe Parameter auf die Ergebnisse vermindert oder vermieden werden kann. Neben Betrachtungen unterschiedlicher Szenarien, wie beispielsweise der Implementierung des Einflusses von Grundwasser oder welche Sample-Zahl ein ausreichend präzises Endergebnis bei vertretbarer Rechenzeit generiert, wurde das numerische Netz genauer untersucht. Das betrifft einerseits, inwiefern die Elemente an kritischen Stellen, welche vor allem an den Rändern der Grundwasserströmung auftreten, entsprechend verfeinert werden muss und in welchem Maß eine gröbere Vernetzung eine Reduktion der Rechenzeit mit zufriedenstellend genauen Ergebnissen erlaubt. Dabei konnte ermittelt werden, dass vor allem die Refinement-Box, welche in unmittelbarer Umgebung der Sonde eine feinere Vernetzung generiert, einen entscheidenden Einfluss auf die Qualität der Ergebnisse hat. Ein gröberes Netz außerhalb dieser Box verringert die Genauigkeit der Ergebnisse nur noch in einem begrenzten Maß, kann aber zu einer entscheidenden Verkürzung der Dauer einer einzelnen Simulation der Sensitivitäts- bzw. Unsicherheitsanalyse führen.
Vergleich der Berechnungsdauer in Abhängigkeit verschiedener Elementgrößen
Für die Sensitivitätsanalyse konnte ein vom UFZ bestehender und verwendeter Workflow angepasst werden. Als Eingabe werden die zu untersuchenden Parameter benötigt, wozu beispielsweise die Sondenlänge oder geologische Kenngrößen zählen. Weiterhin werden potentielle Wertebereiche und Verteilungsfunktionen für jeden Eingabeparameter definiert, welche zuvor in einschlägiger Literatur und auf Grundlage von Messdaten recherchiert wurden. Diese dienen als Grundlage, Samples bzw. die Berechnungsmatrix mit Wertekonstellationen zu erzeugen. Auf diese Weise werden in einem ersten Schritt die Sensitiviäten der Eingabeparameter durch eine analytische Berechnungsmethode mit vergleichsweise geringem Berechnungsaufwand ausgewertet. Die Ergebnisse sollen zeigen, welche Parameter eine Mindestsensitivät aufweisen und für weiterführende, genauere Untersuchungen interessant sind.
Für die eigentlichen Untersuchungen wird ein im Workflow implementiertes Analyseverfahren verwendet, welches numerische OpenGeoSys-Berechnungen für eine detaillierte Sensitivitätsberechnung nutzt. Da dafür eine Vielzahl von Simulationen nötig wären, welche zeitlich und rechentechnisch nicht umsetzbar sind, wird stattdessen ein Berechnungsproxy angelernt, welcher auf Grundlage einer geringeren Anzahl an Trainingssimulationen eine Vielzahl von auswertbaren Ergebnissen generieren kann. Auf diese Weise kann eine höher aufgelöste Sensitivität realisiert werden.
Workflow der Sensitivitätsanalyse
Analog soll mittelfristig die Unsicherheitsanalyse erfolgen, welche statt der Einflüsse verschiedener Parameter untersucht, welche Auswirkungen die auftretenden menschlichen oder technischen Unsicherheiten der Eingangsparameter in der Auslegung von Erdwärmesonden haben. Der erarbeitete Workflow kann für diese Anwendung ebenfalls verwendet werden.
Um die Ergebnisse von Thermal-Response-Tests (TRTs) mittels OGS6 noch besser validieren zu können, wurde eine weitere Auswertung für ein Modell in Berlin durchgeführt. Zwar sind die Ergebnisse nicht so identisch wie vergangene, einfachere Modelle. Allerdings zeigt sich, dass durch die Simulation auch komplexere Systeme ausreichend genau dargestellt werden. Die Auswertung der Wärmeleitfähigkeit hat innerhalb der Forschungsgruppe die Frage aufgeworfen, wie genau der Wert anhand von TRTs ausgewertet werden kann, oder ob nur begrenzt berücksichtigbare Einflussgrößen einen entscheidenden Einfluss auf die Auswertung haben. Die Methodiken VDI 4640 stoßen dabei an ihre Grenzen und die subjektive Auslegung der Ergebnisse haben einen großen Einfluss. Innerhalb anderer Arbeitsgruppen soll diese Problemstellung weiter untersucht werden.
Vergleich zwischen Messung und Simulation eines TRT in einem Modell in Berlin
Im Rahmen des Arbeitspakets 2 soll sich nun auf die Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalyse konzentriert werden. Dazu wird ein bereits bestehender Workflow vom UFZ für radioaktiven Zerfall an die entsprechenden Verwendungszwecke angepasst. Die Python-basierte Methodik muss daher grundlegend umprogrammiert werden. Für die Untersuchung wurden eine Reihe von Parametern ausgewählt, welche untersucht werden. Innerhalb der Sensitivitätsanalyse soll nicht nur der einzelne Einfluss der Eingabewerte sondern überdies Interaktionen untersucht werden. Im nächsten Schritt sollen möglichst Verteilungsfunktion für die Eingabeparameter gefunden werden, da dadurch die Genaugikeit der Untersuchung erhöht wird.
Aktuell konnten Voruntersuchungen mit OpenGeoSys (OGS) für geplante Sensitivitätsanalysen abgeschlossen werden. Diese Anwendungsstudie diente zur Absicherung der Ergebnisse aus Simulationen mit OGS 6. Dafür wurden Thermal-Response-Tests (TRT) an drei Erdwärmesonden des Geothermie-Testfeldes am UFZ mit OGS 6 simuliert. Die entsprechenden TRT’s wurden 2016 im Rahmen des SAGS Projektes am realen Standort durchgeführt. Im Simulationsmodell wurden die Sonden am Sondeneingang mit der gemessenen Vorlauftemperatur aus dem TRT beaufschlagt. Als Vergleichsgröße zum realen TRT diente die Rücklauftemperatur des Kältemittels nach Durchlaufen der Sonde. Bei den Erdwärmesonden handelt es sich um zwei Doppel-U-Rohr-Sonden und eine Koaxialsonde. Deren Tiefe liegt zwischen 21,4 m und 22,8 m. Die Simulation erfolgte für die drei Sonden in getrennten Modellen.
Im Ergebnis lieferten die Berechnungen mit OGS 6 im Vergleich gute Ergebnisse mit einer mittleren Abweichung zur Messung von maximal 2,4 % an Sonde 1 und minimal 0,1 % an Sonde 2. Exemplarisch ist in obiger Abbildung der Temperaturverlauf aus der Messung den Ergebnissen der Simulation für Sonde 3 gegenübergestellt.
Vergleich von Mess- und Simulationsergebnissen zum Thermal-Response-Test