Weitere Fallbeispiele
Im Rahmen des Biodiversitätsprogramms der Landeshauptstadt Hannover startete im Juni 2012 das zunächst auf zwei Jahre ausgelegte Förderprogramm „Mehr Natur in der Stadt: Dach- und Fassadengrün in Hannover“. Ziel ist es, so viele Hauswände und Dächer in grüne Oasen zu verwandeln wie möglich. Dach- und Fassadenbegrünungen auf privaten, öffentlichen und gewerblichen Grundstücken können mit bis zu 10.000 Euro gefördert werden; alle Interessenten können eine umfassende Beratung durch Expertinnen und Experten in Anspruch nehmen. Begrünte Häuser bieten viele Vorteile: Durch die Verdunstungsraten und Schadstoffbindung ergeben sich positive Effekte für das Stadtklima, Lebensräume für Tiere und Pflanzen werden geschaffen, die Gebäudesubstanz wird vor Umwelteinflüssen geschützt, die Gebäude sind auf natürliche Weise wärme- und lärmgedämmt und die Begrünung hat eine hohe ästhetische Wirkung.
Das Naturprojekt „faba – Familien in Balance“ des Deutschen Kinderschutzbundes zeigt eindrucksvoll den großen Wert von Naturerfahrung auf. Das Projekt unterstützt Kinder, deren Familien durch psychische Erkrankungen der Eltern belastet sind. Auf einem Streuobstwiesen- und Gartengelände in Gütersloh erlebt seit 2007 jedes Jahr eine neue Gruppe von Kindern gemeinsam einen Sommer mit Gärtnerinnen und Gärtnern, Bewegung, Spiel und Gestalten. Die Kinder erfahren in diesem Rahmen Sicherheit und Vertrauen in sich und andere. Dabei spielt die Natur eine besondere Rolle als therapeutischer Raum.
Im Jahr 1996 startete die Stadt Leipzig das Projekt „Aktion Baumstarke Stadt“, bei der mit Hilfe von Baumpatenschaften die Pflanzung von Bäumen in öffentlichen Parks, an Straßen, auf Plätzen sowie auf städtischen Friedhöfen der Stadt Leipzig unterstützt wird. Durch Baumpatenschaften ab 250 Euro werden zusätzliche Neupflanzungen, zusätzlich zu den von der Stadt festgelegten Baumpflanzungen, getätigt, um ein grüneres Stadtbild zu erreichen und die Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit einer „grünen Stadt“ zu befördern.
Die Kommunalen Wasserwerke Leipzig (KWL) GmbH fördern gewässerschützende Bewirtschaftungsmaßnahmen der Landwirtschaft zur Reduzierung der Trinkwasseraufbereitungskosten. Auf eigenen Flächen wird ein wasserschutzoptimierter ökologischer Landbau betrieben. Auf weiteren Flächen werden den Landwirten Aufwendungen im Zusammenhang mit der Verminderung des Nährstoffaustragspotentials ausgeglichen.
Das Stadtwiesenprojekt in Chemnitz holt naturnahe Grünflächen zurück in Wohngebiete und unterstützt damit den Biotopverbund im Stadtgebiet. Die Begrünung der Wildblumenwiesen findet unter Verwendung anfallenden Grünschnitts aus städtischen Biotopen und Schutzgebieten statt. So profitiert die Stadt mehrfach: Durch den wachsenden Artenreichtum in der Stadt und Kostenersparnis für die Begrünung und Pflege der Grünflächen.
Das Prüfzeichen unterstützt lokale Unternehmen in der Produktvermarktung, die im Einklang mit den Zielen des Biosphärenreservates umweltschonend wirtschaften. Sie können dadurch ihr Image verbessern, tragen zur lokalen und regionalen Kreislaufwirtschaft bei und leisten einen Beitrag zum Erhalt von Biodiversität und Ökosystemen.
Die mit verschiedenen Auszeichnungen bedachte Stadt Eckernförde setzt sich stark für den Naturschutz in der Stadt ein. Unter anderem erhielt sie im Jahr 1994 den Titel „Bundeshauptstadt für Natur- und Umweltschutz“. Eines der erfolgreichen Projekte ist die Umgestaltung einer ehemaligen Gewerbebrachfläche zu einer vielfältig nutzbaren Naturspielfläche. Mit dem Rückbau alter Firmengebäude, der großflächigen Entsiegelung und dem Anlegen begrünter Areale mit verschiedenen Nutzungsmöglichkeiten ist der Stadt hier eine wertvolle Mischung aus Freizeit- und Naturerlebnis gelungen. Mit einem großen Heckenlabyrinth, Klettergarten, Wasserspielplatz sowie einer großflächigen Sukzessionsfläche besteht ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Naturschutz und Naturerleben.
„I Plant A Tree“ ist eine in Halle an der Saale gegründete Initiative zum Schutz von Umwelt und Klima. Über die Website www.iplantatree.org ruft die Non-Profit-Organisation dazu auf, so viele Bäume wie möglich zu pflanzen und auf „I Plant A Tree“ zu registrieren. Der Erfolg der Aktion lässt sich auf der Website verfolgen: Ein Zähler veranschaulicht, wieviel CO2 durch die bisher gepflanzten Bäume gebunden wird. Die Bäume werden entweder selbst gepflanzt und gemeldet oder aber über Spenden finanziert. Auf einer interaktiven Karte sind die bereits weltweit gepflanzten Bäume markiert.
Im ersten deutschen Nationalpark, dem Bayerischen Wald, wird Natur in ihrer natürlichen Funktionsweise belassen, um eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in Zentraleuropa zu schützen. Doch unterliegt Natur ihren eigenen Regeln: Sturmbruch führte zu günstigen Bedingungen für Borkenkäfer. Dies führte zu Konflikten mit anliegenden Gemeinden, da diese Schäden für die Waldwirtschaft fürchteten. Der Ansatz den Park in Zonen unterschiedlicher Nutzung zu unterteilen führte zu einer entscheidenden Entschärfung der Konfliktsituation. In den Randgebieten werden die forstwirtschaftlichen Interessen der Anliegerinnen und Anlieger gewahrt. Die touristische Infrastruktur in Teilen des Nationalparks schafft zudem ein regionales Einkommen. In der Kernzone wird natürliche Regeneration ermöglicht und ein Ort geschaffen, an dem Natur wieder Natur sein darf.
Die Streuobstbestände der Region Bodensee-Oberschwaben gingen seit den 1950er-Jahren kontinuierlich zurück; ebenso in Baden-Württemberg insgesamt. Damit verschwand auch die Arten- und Sortenvielfalt dieser besonderen Kulturlandschaft und das Landschaftsbild veränderte sich. Das „Apfelsaftprojekt“ Bodensee-Oberschwaben wirkt diesem Prozess entgegen. Die Kooperation von Erzeugerinnen und Erzeugern, Vertreiberinnen und Vertreibern sowie Naturschutzverbänden setzt sich für den Erhalt und die Vermehrung von Streuobstwiesen ein. Zusätzlich werden die regionale Wertschöpfung verbessert und Arbeitsplätze in der Erzeugung, der Verarbeitung und im Handel erhalten. Die Verbraucherinnen und Verbraucher schätzen diesen Einsatz und sind bereit, dafür höhere Preise zu zahlen. Durch das Trinken von Streuobstsaft werden sie zu Naturschützerinnen und -schützern.
Die Initiative „Berlin summt! Mit der Biene als Botschafterin zu mehr StadtNatur“ stellt in Kooperation mit erfahrenen Imkerinnen und Imkern Honigbienenstöcke an repräsentativen Standorten der Hauptstadt auf, z.B. auf dem Berliner Dom, dem Abgeordnetenhaus oder auf dem Haus der Kulturen der Welt. Die Imkerinnen und Imker bringen den Hausherrinnen und -herrn, ihrer Belegschaft und Gästen die Stadtimkerei nahe. Diverse „Berlin summt!“-Mitmachaktionen vermitteln den Städtern die Welt der Wild- und Honigbienen − so steigt die Wertschätzung gegenüber der Bestäubungsleistung und die Motivation, selbst bienenfreundliche Lebensräume zu schaffen und ökologischen Landbau zu unterstützen.
Intakte Flussauen bieten wertvolle Lebensräume für eine reiche Tier- und Pflanzenwelt. Gleichzeitig dienen sie als natürliche Puffer gegen Hochwasser und helfen, die Nährstoffbelastung unserer Flüsse zu reduzieren. Sie sparen somit Kosten für teuren Deichbau und Wasseraufbereitungsanlagen. In den nächsten Jahren werden Hochwassereignisse aufgrund des Klimawandels mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen. Es müssen daher kostengünstige Lösungen für einen weitergehenden Hochwasserschutz gefunden werden. Kosten-Nutzen-Analysen zeigen, dass Deichrückverlegungen mit Überschwemmungsflächen einen kosteneffektiven Schutz gegen Hochwasserschäden bieten und gleichzeitig Ökosystemleistungen fördern können.
Lebende, intakte Moore speichern große Mengen an Kohlenstoff und Wasser. Sie bieten außerdem vielen bedrohten Arten Lebens- und Rückzugsräume, z.B. für Kiebitze oder Trauerseeschwalben. Heute sind allerdings 95 Prozent aller großen Moorlandschaften in Deutschland für Land- und Forstwirtschaft sowie Torfabbau trockengelegt. Damit sind wichtige Dienste der Natur wie Klimaregulierung durch Kohlenstoffbindung und Wasserregulierung durch Wasserfilterung und -rückhaltung nicht mehr verfügbar. Aktiver Moorschutz mit Wiedervernässung hat also nicht nur Vorteile für den Schutz der biologischen Vielfalt, sondern trägt auch zum Klimaschutz bei. Eine nasse Bewirtschaftung von Moorböden durch Anbau dafür geeigneter Pflanzenarten kann ebenfalls mit den Klimaschutzfunktionen vereinbar sein.
Die Lahn erstreckt sich mit ihren 242 Kilometern Länge über sechs Landkreise und drei Bundesländer. Um ihre Schönheit und Einzigartigkeit zu bewahren, sind die Auenflächen der Lahn zu großen Teilen als besonders wertvolle Naturbereiche unter Schutz gestellt. Doch diese Schönheit drohte durch schnell wachsenden Tourismus in Mitleidenschaft zu geraten, vor allem durch Wasserwandern. Der heutige Geschäftsführer des Lahntal-Tourismus-Verbandes e.V. erkannte schon frühzeitig, dass die vielfältige Natur das Kapital der Region ist, und erarbeitete ein umfassendes Regionalentwicklungskonzept, das die Erhaltung dieses Kapitals als Querschnittsaufgabe betrachtet. Der Erfolg spricht für sich.
Der Lübecker Stadtwald lässt die natürlichen Prozesse gewähren, fördert damit wichtige Leistungen der Natur wie Trinkwasserfiltrierung, Erholung, Freizeit, Naturpädagogik und Artenschutz − und er schreibt dazu noch schwarze Zahlen bei der Holzvermarktung. Das Geheimnis des Erfolgs: Naturnahe Bewirtschaftung führt zu hochwertigeren Produkten und damit höheren Preisen. Ein Win-win-Konzept für Natur, Bürgerinnen und Bürger und Kommune.