Häufige Fragen

„Naturkapital Deutschland – TEEB DE“ ist ein interdisziplinäres von BMUB/BfN gefördertes Vorhaben, das zum Ziel hat, die Fragestellungen und Forschungsansätze der internationalen Studie „Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität“ The Economics of Ecosystems and Biodiversity − TEEB auf die Erhaltung von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen in Deutschland anzuwenden. Die internationale TEEB-Studie wurde von Deutschland im Rahmen seiner G8-Präsidentschaft im Jahr 2007 gemeinsam mit der EU-Kommission initiiert und mit Hilfe zahlreicher weiterer Institutionen unter der Schirmherrschaft des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) durchgeführt.

„Naturkapital Deutschland“ demonstriert die gesellschaftliche Relevanz und den Wert von gesunder Natur und ihren Dienstleistungen und legt die hohen Kosten der Vernachlässigung unseres Naturkapitals und dessen negative Rückwirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft offen. Damit werden zusätzliche ökonomische Argumente bei strategischen Entscheidungen in nationalen und internationalen Prozessen zum Schutz von Klima, biologische Vielfalt, Wasser und Boden geliefert.

Ökosystemleistungen sind direkte und indirekte Beiträge der Natur zum menschlichen Wohlergehen. Ökosystemleistungen umfassen materielle Versorgungsleistungen (z.B. Nahrungsmittelproduktion), Regulierungsleistungen (z.B. Klimaregulation von Mooren und Wäldern durch Kohlenstoffspeicherung) sowie kulturell bedeutsame Leistungen (z.B. Erholungsmöglichkeiten in der Natur). Die biologische Vielfalt – die Vielfalt von Arten, von Ökosystemen oder Lebensräumen und die genetische Vielfalt – ist dabei eine wichtige Basis und bildet die Grundlage einer langfristig gesicherten Existenz des menschlichen Lebens auf der Erde.

Wirtschaftlich bedeutsame Ökosystemleistungen sind auch die Selbstreinigungskraft von Gewässern, die Luftreinhaltung über die Filterleistungen von Bäumen und Sträuchern oder die natürliche Bodenfruchtbarkeit. Der aus der Nutzung genetischer Ressourcen ableitbare wirtschaftliche Vorteil zeichnet sich schon heute ab. Der künftige Nutzen, z.B. im Pharmabereich, ist derzeit noch nicht abschätzbar. Viele bedeutsame Wirtschaftszweige und zahlreiche Arbeitsplätze unter anderem in Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Tourismus, Gesundheitswesen hängen direkt und indirekt von einer intakten und vielfältigen Naturausstattung ab. Aspekte des Naturerlebens – von Ästhetik über Heimatgefühl und Lebensqualität bis hin zu Erholung, Entspannung und Freizeitmöglichkeiten – sowie die Nutzung der Natur als Basis für Wissen, Erkenntnis und Innovation (Bionik) sprechen ebenfalls für die dauerhafte Erhaltung einer vielfältigen Landschaft und der biologischen Vielfalt.

„Naturkapital Deutschland“ gibt Entscheidungsträgern Hilfestellung bei der Inwertsetzung der Natur, damit Naturschutz und die Erhaltung der biologischen Vielfalt besser berücksichtigt werden. Das Vorhaben macht deutlich, dass sich der Schutz und die nachhaltige Nutzung der Natur gerade auch aus einer ökonomischen Sicht lohnen. Die Berichte liefern ökonomische (Zusatz-)Argumente für Naturerhaltung, um Zielgruppen zu erreichen, deren Entscheidungen großen Einfluss auf die Natur haben, die sich aber darüber oft nicht im Klaren sind.

Das Vorhaben „Naturkapital Deutschland“ war durch eine offene Architektur und die Herausbildung eines „Naturkapital Deutschland“-Netzwerkes gekennzeichnet, um einen breiten Adressatenkreis zu erreichen.

Das übergeordnete Ziel des Projektes bestand darin, die gesellschaftliche Bedeutung und den Wert von Natur und die mit ihr verbundenen Ökosystemleistungen für Deutschland sichtbar zu machen und sie stärker in öffentlichen und privaten Entscheidungen zu berücksichtigen.

„Naturkapital Deutschland“

  • macht den Zusammenhang zwischen den vielfältigen Leistungen der Natur, der Wertschöpfung der Wirtschaft und dem menschlichen Wohlergehen bewusst,
  • liefert einen Anstoß, um die Leistungen und Werte der Natur genauer zu erfassen und in Deutschland sichtbarer zu machen,
  • untersucht Möglichkeiten und entwickelt Vorschläge, um Naturkapital besser in private und öffentliche Entscheidungsprozesse einzubeziehen, damit langfristig die natürlichen Lebensgrundlagen und die biologische Vielfalt erhalten werden.

Viele Entscheidungen in Wirtschaft und Gesellschaft werden unter ökonomischen Gesichtspunkten getroffen. Dabei werden jedoch zumeist nur Kosten und Nutzen zugrunde gelegt, die das Human- oder Sachkapital betreffen und eher kurzfristig orientiert sind. Kosten und Nutzen, die mit der Inanspruchnahme der Natur und dem Verbrauch von Umweltressourcen einhergehen (das „Naturkapital“), bleiben hingegen unberücksichtigt.

Die Endlichkeit von Naturressourcen und die Schädigung von Ökosystemen zeigen sich immer häufiger und führen zu gesellschaftlichen Kosten. In zahlreichen internationalen Beispielen konnte gezeigt werden: Der Schutz und die nachhaltige Nutzung von Natur und biologischer Vielfalt lohnen sich – auch ökonomisch gesehen. Denn die Vorsorge zur Sicherung unserer Lebens- und Wirtschaftsgrundlagen ist meist preiswerter als der Versuch, Ökosysteme zu reparieren oder Naturressourcen zu ersetzen, sofern dies überhaupt möglich ist.

„Naturkapital Deutschland“ wurde von dem Studienleiter Prof. Dr. Bernd Hansjürgens und seinem Team am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ, Leipzig, koordiniert. Ähnlich wie die internationale TEEB Initiative brachte „Naturkapital Deutschland“ eine Vielzahl von Autoren aus Wissenschaft, Politik, Verwaltung und Praxis zusammen, die in unabhängiger und freiwilliger Mitarbeit die vier Berichte erstellt haben. Dieser Prozess wurde durch Workshops, öffentliche Veranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit begleitet.

Ein Projektbeirat für „Naturkapital Deutschland“ mit Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Medien und Wirtschaft begleitete das Projekt fachlich beratend und trägt auch weiterhin zur Verbreitung des „Naturkapital“-Gedankens und zu einer offenen Diskussion in der Öffentlichkeit bei. Eine Projektbegleitende Arbeitsgruppe, bestehend vor allem aus Vertretern der Umweltverbände, Wirtschaft/Nutzerverbände, Bundesressorts, Länder und Kommunen, diente der Einbindung von gesellschaftlichen Interessensgruppen sowie der Kommunikation über das Vorhaben auch außerhalb des Naturschutzes in den am stärksten betroffenen Sektoren und Politikfeldern.

Eine Übersichtsgrafik zur Projektstruktur findet sich auf unserer Seite „Projektstruktur und Mitwirkende“.

Das Projekt richtet sich in erster Linie an Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung und Wirtschaft sowie an Naturschutzorganisationen, um ökonomische Argumente für den Naturschutz und für naturnahes Wirtschaften zu liefern. Auch für die interessierte Öffentlichkeit stehen alle Ergebnisse des Vorhabens auf der Website zum freien Download bereit. Die wichtigsten Ergebnisse sind in den Kurzberichten zusammengefasst. 

In den Jahren 2012 bis 2018 wurden als Kernstück vier Berichte erstellt – flankiert von zwei Broschüren:

Berichte

  • Bericht 1: Klimapolitik und Naturkapital - Synergien und Konflikte
  • Bericht 2: Ökosystemleistungen in ländlichen Räumen – Grundlage für menschliches Wohlergehen und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung
  • Bericht 3: Ökosystemleistungen in der Stadt – Gesundheit schützen und Lebensqualität erhöhen
  • Bericht 4: Naturkapital Deutschland: Neue Handlungsoptionen ergreifen – Eine Synthese

Broschüren

  • Der Wert der Natur für Wirtschaft und Gesellschaft: Eine Einführung
  • Die Unternehmensperspektive

Sie können auf unserer Publikationsseite heruntergeladen werden.

Durch die Entwicklung und Anwendung geeigneter ökonomischer Bewertungsverfahren können die Wirtschaftswissenschaften dazu beitragen, Werte deutlich zu machen. Aus der Vielfalt von Werten erfassen ökonomische Ansätze jedoch immer nur einen (kleinen) Ausschnitt. Für eine ausreichend zuverlässige ökonomische Bewertung ist eine möglichst gute Erfassung von Ökosystemleistungen erforderlich. Naturkapital und Ökosystemleistungen lassen sich gezielter erhalten, wenn wir ihren derzeitigen Zustand kennen und ihre Entwicklung erfassen. Im Zusammenhang mit darauf aufbauenden ökonomischen Analysen trägt „Naturkapital Deutschland“ vorhandenes Wissen zusammen und synthetisiert es.

Es wurde im Rahmen dieses Vorhabens kein nationales Assessment von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen durchgeführt, dies bleibt eine wichtige Zukunftsaufgabe, die weit über dieses Projekt hinausführt.

Bei „Naturkapital Deutschland“ geht es nicht darum, Pflanzen und Tiere mit Preisschildern zu versehen oder gar den monetären Wert der Natur in Deutschland in einer einzelnen Wertgröße zu berechnen. Vielmehr soll ein stärkeres Bewusstsein für den gesellschaftlichen Wert von Naturkapital geschaffen werden mit dem Ziel, diesen Wert – in Wahrnehmung unserer moralischen Verantwortung – künftig stärker in privaten, unternehmerischen und politischen Entscheidungen zu berücksichtigen.

Anschauliche Fallbeispiele für ökonomische Bewertungen und für die Integration von Naturkapital in Entscheidungsprozesse zeigen, wie Entscheidungsträger volkswirtschaftlich sinnvoll mit der Natur in Deutschland umgehen können. Die stärkere Berücksichtigung von biologischer Vielfalt und Ökosystemleistungen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft kann durch die Überprüfung und Weiterentwicklung von Instrumenten gefördert werden.

„Naturkapital Deutschland“ setzte sich intensiv mit den heutigen und zukünftigen Bedingungen für die Umsetzung einer Politik auseinander, die auf die Erhaltung des Naturkapitals ausgerichtet sind: den Institutionen, die hierfür verantwortlich sind, den Regelungen, die ein verantwortungsvolles Handeln sichern sollen, und den ordnungsrechtlichen, planerischen, ökonomischen, ergänzenden staatlichen (zumeist informatorischen) und freiwilligen Instrumenten, die zur Umsetzung faktisch oder perspektivisch zur Verfügung stehen.

In Deutschland ist bereits heute über gesetzliche Regelungen – neben dem eigentlichen Schutz von Arten und Lebensräumen – die Prüfung einzelner Aspekte von Ökosystemleistungen vorgeschrieben. Dies geschieht zum Beispiel im Rahmen des Naturschutzrechts, das auch den Schutz der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts umfasst, sowie im Rahmen des Wasserrechts oder des Bau- und Planungsrechts. „Naturkapital Deutschland“ prüft, inwieweit diese Berücksichtigung verbessert werden kann, z.B.

  • durch eine höhere Vernetzung der beteiligten Stellen bei der Erarbeitung und Entscheidung über Maßnahmen, damit der Vielfältigkeit und dem Zusammenwirken von Ökosystemleistungen sowie ihrem Wert besser Rechnung getragen werden kann,
  • durch die verstärkte Entwicklung von Hilfsmitteln zur Information und Bewertung einschließlich der Regeln zu deren Anwendung und
  • durch gezielte Formen der Einbeziehung von Öffentlichkeit und unabhängigen Experten.

 Ja, denn "Naturkapital Deutschland" trägt zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie bei. Ziel 2 der Europäischen Biodiversitätsstrategie sieht vor, bis 2020 die Ökosysteme und ihre Dienstleistungen zu erhalten und sie durch Einrichtung von "grüner Infrastruktur" und der Wiederherstellung von mindestens 15% geschädigter Ökosysteme darüber hinaus zu verbessern.

Mit der Einbeziehung von Ökosystemleistungen setzt die EU-Strategie die Forderungen des Strategischen Plans für Biodiversität 2011-2020 der 10. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologischen Vielfalt (CBD, COP 10, Aichi Biodiversity Targets) um, in die ebenfalls die Erhaltung von Ökosystemleistungen als Zielsetzung integriert wurde.

„Naturkapital Deutschland" trägt konzeptionell zur Umsetzung von Ziel 2 der EU-Biodiversitätsstrategie bei, indem problemorientiert und fallstudienbasiert die Werte von Natur und den bereitgestellten Ökosystemleistungen offen gelegt werden.

Weitergehende Informationen:

Strategischer Plan für Biodiversität 2011-2020 / Aichi Biodiversity Targets

EU 2020 Biodiversitätsstrategie