- CBD-Kolumne Juli 2022 - 

Der nächste kleine Schritt in Richtung GBF – OEWG 4 in Nairobi

Bericht von Dr. Axel Paulsch. Unter Mitwirkung von Dr. Yves Zinngrebe.


Zunächst mal die gute Nachricht: Beim vierten Treffen der Open-Ended Working Group (OEWG 4) zum globalen post-2020 Biodiversitätsrahmen (GBF) wurde endlich ein Termin und Ort für die 15te Vertragsstaaten-Konferenz (COP 15) verkündet, nämlich 5.-17.12.2022 in Montreal, am Sitz des CBD-Sekretariats. COP 15 wird weiterhin unter chinesischer Präsidentschaft durchgeführt, aber eben wegen der Null-Covid Politik Chinas nun doch nicht in Kunming. Diese zeitliche Festlegung gleich zu Beginn von OEWG 4 sollte natürlich den Druck zur Einigung auf konkrete Zielformulierungen erhöhen, um eine konkrete Beschlussvorlage für COP 15 vorlegen zu können. Zumindest war das die Hoffnung zu Beginn der Tagung in Nairobi am 21.06. Leider hat sich der geforderte „spirit of compromise“ nicht sonderlich bemerkbar gemacht.

Kenia
Das vierte Vorbereitungstreffen für die CBD-COP 15 (OEWG 4) fand vom 21. bis 26. Juni 2022 in Nairobi, Kenia, statt. Bild: A. Paulsch

Zwar wurde erreicht, bei den meisten Zielen einige der vielen eckigen Klammern aufzulösen, die bei der OEWG 3 in Genf noch stehen blieben oder gesetzt wurden (siehe auch NeFo-Kolumne vom April). Hierfür wurden beispielsweise redundante Formulierung eliminiert. Aber in Bezug auf die wesentlichen Streitpunkte hat sich bei der OEWG 4 nicht viel bewegt. Es sind weiterhin alle konkreten Zahlenangaben umstritten: 20% Wiederherstellung, 30% Schutzgebiete, Abbau von 500 Milliarden von schädlichen Subventionen. Nichts davon ist wirklich festgelegt worden, man hält sich gegenseitig in Schach: Ohne konkrete Zahlen bei den Finanzzusagen keine konkreten Ziele bei Schutzgebieten und umgekehrt. Gleichzeitig bleiben viele Zielformulierungen, wie die zu integrierter Politik („Mainstreaming“), „nachhaltigen“ Wertschöpfungsketten und Produktionssystemen, oder zu „Biodiversitäts-freundlichen Land- und Forstwirtschaft“ äußerst vage, und es sind auch weiterhin viele verschiedene Alternativformulierungen im Rennen.

Weiterhin ungeklärt ist auch die Frage des zukünftigen Finanzierungsmechanismus, der von einigen Entwicklungsländern gefordert wird (Global Biodiversity Fund). Die Länder, die bisher in die Global Environment Facility (GEF) als Finanzierungstopf der CBD einzahlen, argumentieren, dass ein neuer Topf kein neues Geld generiert, sondern zunächst mal leer ist und vor allem neue Administration braucht, um verwaltet zu werden. Sie fordern vielmehr, dass finanzielle Ressourcen für den Biodiversitätsschutz aus allen Quellen kommen müssen, also auch aus Haushaltsmitteln aller Staaten und nicht nur aus den Geldern der Entwicklungshilfe, die einige wenige Geberländer zur Verfügung stellen.

Für ein einziges Ziel wurde der Formulierungsvorschlag von allen Klammern befreit, und zwar folgendes zu urbanen Räumen:

Target 12: Significantly increase the area and quality and connectivity of, access to, and benefits from green and blue spaces in urban and densely populated areas sustainably, by mainstreaming the conservation and sustainable use of biodiversity, and ensure biodiversity-inclusive urban planning, enhancing native biodiversity, ecological connectivity and integrity, and improving human health and well-being and connection to nature and contributing to inclusive and sustainable urbanization and the provision of ecosystem functions and services.

Zu Deutsch:

Ziel 12: Die Fläche, die Qualität und die Vernetzung von Grün- und Blauräumen in städtischen und dicht besiedelten Gebieten sowie der Zugang zu diesen Räumen und der Nutzen aus diesen Räumen sollen deutlich und nachhaltig gesteigert werden, indem die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt integriert berücksichtigt, eine die biologische Vielfalt einbeziehende Stadtplanung gewährleistet wird, einheimische Biodiversität, ökologische Konnektivität und Integrität gesteigert, und menschliche Gesundheit und Wohlergehen, sowie die Verbindung zu Natur verbessert und so zu einer inklusiven, nachhaltigen Stadtentwicklung unter Bereitstellung von Ökosystemfunktionen und -leistungen beigetragen wird.

Ob das eine leicht zu kommunizierende und anwendungsorientierte Formulierung ist, mag jeder selbst beurteilen. Es bleibt hier zu interpretieren, was mit einer „deutlichen Steigerung“ und einer „integrierten Berücksichtigung“ gemeint ist. Fest steht, dass diese Formulierung für Ziel 12 jetzt an die COP gegeben wird.

Am Ende überwog allgemein die Enttäuschung, dass so wenig Fortschritt erzielt wurde, und Allianzen von Vertragstaaten werfen sich gegenseitig zu wenig Flexibilität vor.
Also, wie soll es weitergehen bis zur COP 15? Die co-chairs der OEWG haben dazu zweierlei angekündigt: Zum einen das Weiterarbeiten in den nächsten Wochen und Monaten, unter anderem mittels schriftlicher Kommentare zum aktuellen Verhandlungsstand, die Vertragstaaten an das Sekretariat senden können, sowie kleinen Beratungsgruppen (z.B. zu Digitaler Sequenzinformation). Zum anderen soll es eine Art OEWG 5 geben, indem man einige Tage vor der COP nach Montreal kommt und dort noch als Arbeitsgruppe weiterverhandelt. Dieser Plan ist noch nicht ganz offiziell, weil Mittel und Räumlichkeiten noch geklärt werden müssen, aber man geht davon aus, dass es so kommen wird.
Fazit: Jede Menge Arbeit für die COP und dringend benötigter politischer Wille zur Einigung auf ambitionierte Ziele. Optimismus sieht anders aus, leider.