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UFZ-Newsletter Februar 2014

10 UFZ-Newsletter | Februar 2014 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Dr. Bernd Hansjürgens ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbeson- dere Umweltökonomik, an der Martin- Luther-Universität Halle-wittenberg und leitet das Department Ökonomie am UFZ. Zugleich ist er Studienleiter des Vorhabens „Naturkapital Deutsch- land – TEEB DE“, dem deutschen Nachfolgevorhaben der internationa- len TEEB Studie. In seiner aktuellen Forschung fokussiert er insbesondere auf die ökonomische Bewertung von Ökosystemleistungen und ihre Inwertsetzung mittels geeigneter Instrumente. e-mail: bernd.hansjuergens@ufz.de staNDPUNKt: „NatUrKaPital Für Die KlimaPolitiK NUtZeN!“ Wenn wir in Deutschland von Klimapolitik sprechen, denken wir zunächst an den Klimaschutz, also die Vermeidung des Ausstoßes von Treibhausgasen in die Atmosphäre. Dabei haben wir vor allem die Emissionen aus Kohlekraftwerken, Industrie, Verkehr und privaten Haushalten vor Augen. Das ist auch völlig richtig, weil sie fast 90 Prozent der klimarelevanten Emissionen verursachen. Erste Adressaten der Klimapolitik sollen und müs- sen daher diese Bereiche bleiben – das steht außer Zweifel. Oft wird jedoch vergessen: Auch die Natur leistet wichtige Beiträge zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung. Zum einen liefert sie kostengünstigen Klimaschutz. Die Vermeidungskosten einer Tonne CO2 (oder anderer Treibhausgase wie Methan oder Lachgas) sind bei Nutzung von Leistungen der Natur deutlich geringer als bei anderen Vermeidungsoptionen. Zum anderen ergeben sich durch die Einbeziehung der Natur in die Klimapo- litik Synergien zwischen Naturschutz- bzw. Biodiversitätspolitik und der Klimapolitik. Wie dies konkret aussehen kann, untersucht seit 2012 das Pro- jekt „Naturkapital Deutschland – TEEB DE“. Die darin eingebun- denen Experten werden bis 2017 anhand von Beispielen zeigen, wo eine Inwertsetzung der Natur erfolgreich ist. Am 12. Februar legt Naturkapital Deutschland seinen ersten Bericht „Natur- kapital und Klimapolitik: Synergien und Konflikte“ vor. Darin bestätigt sich unter anderem, wie wichtig Moore und Grünland für den Klimaschutz sind. Moore und kohlenstoffreiche (Moor)Böden sind wahre Schät- ze für den Klimaschutz. Sie speichern in einem erheblichen Ausmaß Klimagase. Werden sie hingegen trocken gelegt und z. B. landwirtschaftlich genutzt, dann emittieren sie über viele Jahre lang Treibhausgase. Zwar befinden sich nur rund 8 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands auf kohlenstoffreichen Böden, doch werden mehr als 30 Prozent der Emissionen aus der Landwirtschaft genau dort freigesetzt. Das sind immerhin rund 4 Prozent der jährlichen deutschen Gesamtemissionen. Es ist daher dringend geboten, bestehende Moore zu erhalten und ehemalige Moorstandorte wiederzuvernässen: a) aus öko- nomischen Gründen, weil die Kosten einer Wiedervernässung – verglichen etwa mit Solarenergie oder Bioenergie aus Mais – mit zirka 35 Euro pro Tonne vermiedenem CO2 sehr gering sind; b) aus ökologischen Gründen, weil die Moore z. B. Wasser reinigen und regulieren, das Mikroklima verbessern und die biologische Vielfalt erhalten. Gesamtgesellschaftlich ist es deshalb absurd, wenn wir auf der einen Seite viel Geld für Klimaschutz ausgeben und auf der anderen Seite die Landwirtschaft auf Moorböden teuer subven- tionieren. Richtigerweise hat die Politik in der Novelle des Er- neuerbaren Energien Gesetzes (EEG) 2012 hierauf reagiert und eine Deckelung des Anbaus von Energiemais auf kohlenstoff- reichen Böden festgelegt. Man muss abwarten, ob dies ausreicht. Die Erhaltung von Grünland ist eine zweite wichtige Maßnahme für den Klimaschutz. Doch in der Realität sind rund 15 Prozent der Grünlandflächen Deutschlands in den letzten 20 Jahren ver- lorengegangen – durch Viehzucht, die auf intensive Stallhaltung übergeht, durch die steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energiepflanzen und durch die Umwandlung in Siedlungs- und Verkehrsflächen. Auf etwa 50 Prozent der umgebrochenen Grünlandflächen wird anschließend Mais zur Energieproduk- tion angebaut. Mehr Mais in Monokultur bedeutet aber einen höheren Wasser- und Düngemittelbedarf, stärkere Degradation und Erosion des Bodens und einen wachsenden Verlust an biologischer Vielfalt. Diese Entwicklung ist nicht nur aus Sicht des Umwelt- und Naturschutzes äußerst bedenklich, sondern auch aus Klimasicht. Die ackerbauliche Nutzung von beson- ders artenreichem Grünland würde in Deutschland zu einer Freisetzung von 88 bis 187 Tonnen CO2 pro Hektar und Jahr führen, eine weitere Umwandlung von 5 Prozent der Bestände zu Klimaschäden von jährlich rund 436 Millionen Euro. Grün- landumbruch muss deshalb vermieden und die Produktion von Energie-Biomasse umweltfreundlicher gestaltet werden. Die Greening-Maßnahmen, die die neue gemeinsame EU- Agrarpolitik (GAP) in diesem Zusammenhang festschreibt, sind daher grundsätzlich zu begrüßen. Wie sie letztlich wirken, hängt jedoch wesentlich von der nationalen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedsstaaten ab. Ich meine, dass wir die Anstrengungen für eine ökosystemba- sierte Klimapolitik zukünftig deutlich verstärken müssen. Ein spezieller Klimafonds wäre geboten, damit wir das tun, was wirklich nötig ist: Kostengünstig Klimaschutz und Klimaanpas- sung betreiben und verstärkt Synergien mit dem Natur- und Biodiversitätsschutz erzielen.

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