Pressemitteilung vom 3. März 2011 (gemeinsam mit dem Umweltbundesamt)
Grundstein für die Diskussion um zukünftige Wassernutzungsabgaben in Deutschland gelegt
Vor dem Hintergrund geänderter Rahmenbedingungen und neuer europäischer Anforderungen an die Wasserwirtschaft besteht 30 Jahre nach Erhebung der ersten Abwasserabgabe in Deutschland der Bedarf nach einer Prüfung sowohl der existierenden Abgaben als auch möglicher neuer Abgabekonzepte für Wassernutzungen. Deshalb hat das Umweltbundesamt das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) beauftragt, die ökonomischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für eine Weiterentwicklung der bestehenden Abwasserabgabe und Wasserentnahmeentgelte zu einer umfassenden Wassernutzungsabgabe zu untersuchen. Ausgangspunkt war die Frage, ob und wie alle Wassernutzer wie z. B. Abwassereinleiter und Wasserentnehmer einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten in der Wasserwirtschaft leisten sollten. Die Ergebnisse der Studie wurden am 18. Februar 2011 mit über 100 Teilnehmern aus Verbänden, Behörden, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen in Leipzig diskutiert.Danach bestand zumindest in einem Punkt Einigkeit: Die Studie legt ein gutes Fundament für eine weitere sachbezogene Debatte über die Chancen und Grenzen von Wassernutzungsabgaben.
Die Elbe bei Breitenhagen/Saalemündung.
Bei den bisher nicht in allen Bundesländern erhobenen Wasserentnahmeentgelten sieht das Gutachten Harmonisierungsbedarf, da hier erhebliche, jedenfalls nicht
regionalspezifisch zu rechtfertigende, Unterschiede bestehen. Die Elbe ist ein Beispiel dafür: Brandenburg erhebt ein Wasserentnahmeentgelt, Sachsen-Anhalt dagegen nicht.
Foto: Mathias Scholz/UFZ
Die wesentlichen Aussagen des Gutachtens sind: Die bestehenden Wassernutzungsabgaben in Deutschland haben sich grundsätzlich bewährt. Sie sollten erhalten und in ihrer Lenkungswirkung gestärkt werden. Insbesondere die bisherige Abwasserabgabe habe den Vollzug gestärkt und seit ihrer Einführung 1981 erheblich mit zu den Erfolgen der Wasserwirtschaft im Hinblick auf die Verbesserung der Gewässergüte beigetragen. Es gehe jetzt jedoch darum, unter Beibehaltung der Vorteile der existierenden Abgaben das Verursacherprinzip ernster zu nehmen und die Inanspruchnahme der Umwelt zu monetarisieren und gleichzeitig Anreize zur Reduzierung von Umweltkosten zu setzen. Auch andere relevante Wassernutzer sollten wie Abwassereinleiter und Wasserentnehmer einen angemessenen Beitrag zur Deckung der Kosten in der Wasserwirtschaft leisten.
Wasserentnahmeentgelte im Landesrecht und Abwasserabgabe im Bundesrecht werden als wichtige Lenkungs- und Finanzierungsmittel angesehen, um die Bewirtschaftungsziele der EU-Wasserrahmenrichtlinie, d.h. den guten
Zustand der Gewässer, zu erreichen. "Das Bekenntnis zu marktwirtschaftlichem Umweltschutz und zu effizienter Zielerfüllung in der Wasserwirtschaft bedeutet zugleich ein Bekenntnis zu einer spürbaren Zahllast auf die
Restinanspruchnahme einer Wasserressource", erklärte Professor Erik Gawel, der das Forschungsprojekt geleitet hat. "Dieser Anreiz kann nur durch eine Abgabe bereitgestellt werden."
"Bestehende Mängel der Abwasserabgabe geben Veranlassung zu ihrer Ertüchtigung, nicht zu ihrer Abschaffung", stellt das Gutachten klar, und nennt die Aufnahme zusätzlicher Schadstoffe, die Ausrichtung der Abgabe an den
tatsächlich eingeleiteten Konzentrationen, die Anpassung der Abgabesätze an die Inflation und die Reduzierung von Ausnahme- und Verrechnungsmöglichkeiten als Stellschrauben für eine größere Wirksamkeit. Bei den bisher
nicht in allen Bundesländern erhobenen Wasserentnahmeentgelten sieht das Gutachten Harmonisierungsbedarf, da hier erhebliche, jedenfalls nicht regionalspezifisch zu rechtfertigende, Unterschiede bestehen.
Ein weiteres Problem ist aus Sicht der Wissenschaftler, dass sich die Landwirtschaft bisher kaum an den Kosten der Wasserdienstleistungen, insbesondere den Aufbereitungskosten für durch Nitrat und Pestizide
verunreinigtes Wasser, beteiligt. Ist doch gerade sie es, die mitunter zu erhöhtem Aufwand führt. In der Diskussion wurde allerdings auf Wertungswidersprüche zwischen der Subventionierung der Landwirtschaft auf der einen
Seite und der Forderung nach deren Kostenbeteiligung auf der anderen Seite hingewiesen.
Bei der Wasserkraftnutzung und der Binnenschifffahrt, die ebenfalls gravierende Auswirkungen auf den Zustand der Gewässer haben, sieht das Gutachten allerdings Abgabenlösungen als weniger zielführend an, da diese kaum Vorteile gegenüber dem Ordnungsrecht haben, die Steuerungswirkung begrenzt und Zielkonflikte mit anderen Umweltschutzzielen programmiert wären.
Die Diskussion zu den Inhalten der Studie fand auf einem hohen fachlichen Niveau statt und machte auf den schon in der Studie hingewiesenen weiteren Prüfbedarf für einige Themen aufmerksam. Hierzu gehören insbesondere die Prüfung einer Abgabenlösung für Indirekteinleiter und Wassernutzungen der Landwirtschaft, die Ermittlung von Vor- und Nachteilen einer Messlösung gegenüber der bisher angewandten Bescheidlösung bei der Erhebung der Abwasserabgabe sowie mögliche Harmonisierungen der Wasserentnahmeentgelte.
Weitere Informationen
Der Entwurf des Abschlussberichts sowie eine Kurzzusammenfassung kann unter folgenden Link heruntergeladen werden:
Entwurf des Abschlussberichts und Kurzzusammenfassung
Das Programm der Abschlusstagung findet man unter:
Ein zusammenfassender Tagungsbericht wird demnächst auch dort eingestellt.
Ansprechpersonen
Prof. Dr. Erik Gawel
Stellvertretender Leiter UFZ-Department Ökonomie & Direktor des Instituts für Infrastruktur- und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig
Telefon: 0341-235-1940
Prof. Dr. Erik Gawel
Prof. Dr. Wolfgang Köck
Leiter UFZ-Department Umwelt- und Planungsrecht & Professur für Umweltrecht an der Universität Leipzig
Telefon: 0341-235-1232
Prof. Dr. Wolfgang Köck
oder
Tilo Arnhold (UFZ-Pressestelle)
Telefon: 0341-235-1635
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Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.
Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 17 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).