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UFZ-Newsletter Oktober 2013

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Oktober 2013 3 das im Juli 1342 über viele mitteleuropä- ische Flusslandschaften hereinbrach und Tausende von Menschen das Leben koste- te, ist zum beispiel in den Chroniken vieler Städte erwähnt. Aus beschreibungen wie „In der Stadt Würzburg trat der Strom bis an die erste steinerne Säule an den Domgreden“ konnten Wissenschaftler für etliche Flüsse die höchsten jemals registrierten Wasser- stände und Abflussmengen rekonstruieren. Doch nicht nur ein blick zurück in die Ge- schichte kann die Pegelwerte der letzten Jahrzehnte ergänzen. Vielleicht gibt es ja auch Zusatzinformationen über Abfluss- mengen in benachbarten Gebieten, die ober- oder unterhalb der eigentlichen Messstation liegen. Oder man hat Niederschlagswerte zur Verfügung und kann sagen, ob ein Hoch- wasser im jeweiligen Gebiet normalerweise eher durch langanhaltende Niederschläge oder durch Schneeschmelze entsteht. Das neue Verfahren kombiniert all diese Infor- mationen systematisch und liefert so ein zuverlässigeres bild vom Hochwasserpo- tenzial eines Flusses. Die Forscher um ralf Merz nutzen dafür statistische Methoden wie z. b. die „bayes Statistik“, bei der im Gegensatz zur klassischen Statistik für die berechnung der Wahrscheinlichkeiten Vor- wissen berücksichtigt wird. Im konkreten Fall bedeutet das, dass flexibel aus den be- obachteten Abflusswerten und den verschie- denen Zusatzinformationen eine gemein- same Abflusswahrscheinlichkeitsverteilung berechnet wird. Wie aber die Informationen letzten endes kombiniert werden – ob for- mal mit der bayes‘schen Statistik oder ma- nuell durch argumentative Gewichtung der einzelnen Informationsquellen durch einen experten – ist nicht so sehr entscheidend. Wichtiger ist, dass wirklich alle unterschied- lichen Informationsquellen systematisch erfasst werden, um möglichst alle Facetten der Hochwasserwahrscheinlichkeiten und deren Unsicherheiten zu berücksichtigen. Die ersten Schritte in die Praxis hat die neue Methode auch schon geschafft. „In Öster- reich wurde sie landesweit eingesetzt, um Hochwasserrisikogebiete zu bestimmen“, sagt ralf Merz. Und auch deutsche Flüsse sollen sich nach dem Willen der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall künftig diesem statistischen Flut- Check unterziehen. Schließlich haben sol- che berechnungen weitreichende praktische Konsequenzen für den Hochwasserschutz. Oft sehen die entsprechenden richtlinien der bundesländer zum beispiel vor, dass Ortschaften vor einem hundertjährlichen Hochwasser geschützt werden müssen. Das geht aber nur, wenn man die bei einem sol- chen ereignis zu erwartenden Wasserstände und Abflussmengen kennt. Sonst fällt der neu gebaute Deich vielleicht zu niedrig aus. Lernen aus der Flut 2002 wurden viele Kommunen von den er- eignissen völlig überrascht. entsprechend unkoordiniert liefen die Schutzmaßnahmen ab. Da fehlte es mal an Sand, mal an Sä- cken – und war beides vorhanden, gab es nicht genug Schaufeln. In behörden wurden Telefonhörer nicht abgenommen, Meldungen blieben übers Wochenende liegen und wich- tige Informationen versandeten irgendwo. „beim Hochwasser 2013 hat die ganze Orga- nisation dagegen viel besser geklappt“, sagt Christian Kuhlicke. Die Kommunikation zwi- schen den zuständigen Stellen funktionierte und auch die bürger der betroffenen regi- onen standen meist nicht mehr ratlos im regen. Viele Kommunen hatten Informati- onen über Niederschlagsmengen und Pegel- werte samt Tipps für das richtige Verhalten bei Hochwasser ins Internet gestellt. es war also weitgehend klar, wer wann was zu tun hatte. Das große Chaos blieb aus. Doch nicht nur organisatorisch hatte sich seit dem Jahr 2002 einiges verbessert. So haben etliche bundesländer in der Zwischenzeit kräftig in neue Deiche und betonmauern, Spundwände und andere Maßnahmen des technischen Hochwasser- schutzes investiert. Allein Sachsen hat da- für in den Jahren 2002 bis 2012 etwa 530 Millionen euro ausgegeben, bis 2020 soll es eine Milliarde euro sein. Psychologisch hat das bei den Menschen in den jeweiligen regionen offenbar einiges bewirkt. Das haben Christian Kuhlicke und seine Kollegen bei einer befragung von mehr als 400 Haushalten im Jahr 2005 herausge- funden. Mehr als 60 Prozent der befragten fühlten sich hinter den Deichen sicher. „Die Deiche mögen beim letzten Hochwasser gebrochen sein, das Vertrauen in diese bau-

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