Internationale WasserforschungsAllianz Sachsen

Gewässerqualität und Entwicklungspotential des Westlichen Bug

Ziele

Ziel ist die Analyse des Ist-Zustandes der Gewässerqualität des Westlichen Bugs als Modellregion und transnationales Gewässer und die Entwicklung geeigneter Maßnahmen und Handlungsoptionen zur ihrer nachhaltigen und langfristigen Verbesserung auch in Hinblick auf zukünftige Veränderungen der Rahmenbedingungen (Klima, politischer Wandel). Nach einer ersten Analyse vorhandener Informationen ukrainischer Institutionen haben wir gemeinsam mit Wissenschaftlern / innen und Studierenden aus der Ukraine drei Messkampagnen vor Ort durchgeführt.

Neben der Abschätzung von Effekten einer Lastreduktion der Hauptbelastungsquellen wird insbesondere der Einfluss der Gewässerstruktur auf die Selbstreinigung des Flusses untersucht. Mikrobiologische Untersuchungen widmen sich dem Eintrag und Transport von Krankheitserregern und speziell von antibiotikaresistenten Bakterien, da diese beim Eindringen in das Wasserversorgungssystem zu einem substanziellen Gesundheitsproblem für die lokale Bevölkerung werden können. Auf Basis aller verfügbaren Daten wird derzeit ein Computermodell entwickelt, das den Stofftransport und die Stoffumsätze im Längsverlauf des Bugs beschreibt.

Methoden, Modelle Ansätze

Die Vielzahl der angerissenen Probleme erfordert einen umfangreichen Monitoringansatz, um den Zustand des Gewässers und die damit verbundene Prozesse zu beschreiben und daraus Prognosen und Handlungsoptionen ableiten zu können. Die Ukraine orientiert sich bezüglich der Gewässerqualitätsnormen bereits jetzt an der EU Wasserrrahmenrichtlinie (EU-WRRL).

Ein regelmäßiges Monitoring wurde bisher jedoch nur für chemisch-physikalische Gütekriterien durchgeführt. Umfang und Güte der Messungen weichen teilweise stark von den EU-Anforderungen ab. Neuartige Monitoringansätze (z. B: Bioindikation, mikrobielle Situation) fehlen noch. Eine Ausnahme bildet die Entwicklung und der aktuelle Einsatz eines eigenen Verfahrens zur Bewertung der Gewässerstrukturgüte (UA-FS) auf Basis deutscher (LAWA-FS) und slowakischer Erfahrungen und Kartieranleitungen. Derzeit werden bereits erste Erhebungen im Einzugsgebiet des Bugs durchgeführt.

Messkampagne
Messkampagne

Im Rahmen von drei Messkampagnen im Herbst 2009 sowie im Frühjahr 2010 und 2011 wurden folgende Schwerpunkte untersucht:

  • Wassergütekriterien (chemisch, physikalisch, Sondenmessungen, Laboranalysen)
  • Schwermetallbelastung (fließende Welle, Sedimente)
  • Bioindikation (Makrozoobenthosuntersuchung mit den Indikationssystemen Perlodes/Aqem)
  • Hydromorphologie – Vor-Ort-Erhebungen (Verfahren: LAWA-FS, Ukraine: UA-FS), und satellitenbildbasierte Übersichtsverfahren (LAWA-OS)
  • Mikrobiologie, hygienische Belastung, Antibiotikaresistenzen
Modellierung von Stofftransport und Stoffumsatz

Die gewonnen Daten wurden statistisch analysiert und in Form von Publikationen gemeinsam mit ukrainischen Partnern eingereicht. Die aktuellen Aktivitäten konzentrieren sich auf Detailanalysen und insbesondere die Modellierung:

  • Prozessorientierte Modellierung des Stoffumsatzes im Fließgewässer zur Verbesserung des Systemverständnisses und zur Abschätzung von Umsatzraten,
  • Prozessorientiere Modellierung des Flussstausees Dobrotvir mit dem ökologischen Gewässermodell SALMO [link http://hhbio.wasser.tu-dresden.de/projects/salmo/]

Ergebnisse

Chemische Wassergütekriterien

Unsere Ergebnisse zeigen eine hohe organische und mikrobielle Belastung im Oberlauf des Westlichen Bugs insbesondere nach Zufluss der Poltva (Probestelle (PS) 5) und in den flussabwärts liegenden Gewässerabschnitte (PS6-9). Diese Situation wird im hohen Maße durch die veralteten und überlasteten Kläranlagen (KA) der Stadt Lviv verursacht, welche eine extrem hohe Phosphatbelastung in der Poltva verbunden mit einem hohen biologischen Sauerstoffbedarf (BSB5) und starkem Sauerstoffschwund bewirken. Im Oberlauf des Bugs (bei Sasiv (PS 1-4) weisen hohe Nitratwerte auf diffuse Einträge z. B. aus der Landwirtschaft hin.
Die LAWA Richtlinien (LAWA-AO 2007) weisen auf eine Überschreitung der Grenzwerte bei den meisten gemessenen Größen an der Mehrzahl der Messstationen hin. Zum Beispiel war der Hintergrundwert von Ammoniumstickstoff an allen Stationen und der Orientierungswert an 14 Stationen (82 %) überschritten. Weitere Details s. Ertel et al. (under revision).

Mikrobiologische Belastung

Die Poltva verursacht durch den Eintrag hoher Individuenzahlen pathogener Bakterien (z. B. Escherichia coli) auch ein hohes Gesundheitsrisiko für die lokale Bevölkerung. Insbesondere in den Verschmutzungs-Hotspots weisen diese auch einen hohen Anteil bereits resistenter Stämme auf.

Der Dobrotvir-Stausee (PS 10) wirkt sich durchaus positiv auf die hygienische Belastungssituation und die Wasserqualität des Westlichen Bugs aus. Beide verbessern sich deutlich nach dem passieren des Reservoirs, hauptsächlich durch die verlängerte Aufenthaltszeit und damit verbunden durch Sedimentation. Jedoch ist, aufgrund der reichlichen Verfügbarkeit an Nährstoffen, ein starkes Phytoplanktonwachstum und dadurch eine hohe Sekundärbelastung für die unterliegenden Gewässerabschnitte zu verzeichnen. Im unterliegenden Gewässer (PS 11-17) werden wieder vergleichsweise hohe Phosphat- und Nitratgehalte gemessen, welche durch weitere Einträge aus den umliegenden Städten (KA, Punktquellen) oder der Landwirtschaft (diffuse Quellen) verursacht werden.

Hydromorphologische Situation

Die Situation der Gewässerhydromorphologie ist deutlich positiver als die Wassergüte. Weite Bereiche des Westlichen Bugs und der Poltva sind nur gering bis moderat verändert. Allerdings zeigt der Vergleich historischer Daten mit heutigen Gewässerverläufen, dass teilweise umfangreiche Laufkorrekturen durchgeführt wurden z. B. im Zuge von Meliorationsmaßnahmen im Oberlauf und in den mittleren mäandrierenden Gewässerabschnitten. Daraus ergeben sich zum Teil hohe Profiltiefen und Erosionsprobleme am Gewässer.

Der Dobrotvir-Stausee teilt den Bug in zwei morphologisch voneinander getrennte Gewässerabschnitte. Kleinere Aufwanderungshindernisse sind aber nur sehr vereinzelt zu finden, ebenso momentan kaum Ufer- oder Sohlbefestigungen. Der hohe Nutzungsdruck durch die Landwirtschaft zeigt sich vielerorts im Fehlen der Gewässerrandstreifen und Ausprägung der Ufervegetation. Vergleichsweise naturnahe Bedingungen finden sich unterhalb der Stadt Sokal im Grenzbereich mit teilweise noch ausgeprägten Auwäldern und aktiven Laufverlagerungen.

Situation der Gewässergüte am Westlichen Bug auf Basis der chemischen-physikalischen Gütekritierien
Die Gewässermorphologie des Bugs und der Poltva

Abbildung 1: Situation der Gewässergüte am Westlichen Bug auf Basis der chemischen-physikalischen Gütekritierien LAWA (1998)(links) / Die Gewässermorphologie des Bugs und der Poltva ist in weiten Teilen nur gering bis moderat verändert. Das LAWA Übersichtsverfahren (LAWA 2002) wurde auf Basis öffentlich zugänglicher Daten erstellt (Google Earth, ArcView GIS, DGM; Sheifhacken et al., in prep.)(rechts)

Beispiel für Antibiotikatests (Antibiogramm)

Abbildung 2: Beispiel für Antibiotikatests (Antibiogramm): Die in den Petrischalen mit Nährboden aufgetragenen Antibiotika Plättchen (weiß) wirken sich unterschiedlich auf das Wachstum der aufgetragenen Bakterien aus. Hier dargestellt sind zwei in Kliniken häufig verwendete Antibiotikagruppen (beta-Lactam-Antibiotica= AML, AMC und CTX; Fluorchinolone= CIP).
Links: Keine Resistenzen vorhanden – deutliche kreisförmige Hemmwirkung im Bakterienwachstum erkennbar / Rechts: Resistenzen vorhanden – keine Hemmhöfe im Umkreis der Wirkgruppen erkennbar.

Publikationen

Ertel A.-M., Lupo A. Scheifhacken N., Bodnarchuk T., Manturova O., Berendonk T. U., Petzoldt T. (under revision): Heavy load and high potential. Anthropogenic pressures and their impacts on the water quality along a lowland river (Western Bug, Ukraine). Environmental Earth Sciences, Special Issue.

Scheifhacken N, Haase U, Gram-Radu L, Kozovyi R, Berendonk TU (under revision): The comparison and suitability of assessment methods to identify the hydromorphological status of a transboundary river in the Ukraine. Environmental Earth Sciences Special Issue

Lupo A., Ertel A.-M., Scheifhacken N., Wolf O., Lueck C., Berendonk T. U. (in prep.) Heavily polluted freshwater: dissemination of drug and multi-drug resistant Escherichia coli in the Western Bug River, Ukraine

Konferenzbeiträge

Berendonk T.U. (2010): Ausbildung von Antibiotikaresistenzen in Kläranlagen. Tagungsband, Vortrag, DWA-Landesverbandstagung Nord-Ost und Sachsen/Thüringen, 02-03 June 2010, Leipzig.

Berg K., Scheifhacken N., Abramyuk I., Ertel A.-M., Seiler C., Berendonk T.U. (2010): Under pressure – benthos communities along heavily polluted river stretches in the Western Bug, Ukraine. Poster, Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL), 27 Sept.-01 Oct. 2010, Bayreuth.

Ertel A.-M., Rolinski S., Petzoldt T., Berendonk T.U. (2009): River water quality modeling within an integrated water management framework for the Western Bug region, Ukraine. Vortrag, 6th Symposium for European Freshwater Sciences, 18 Aug. 2009, Sinaia.

Haase U., Scheifhacken N., Kozovyi R., Gram-Radu L., Berendonk T.U. (2010): Die zwei Gesichter des Westlichen Bugs - Ergebnisse der Gewässerstrukturgüte nach LAWA und Ukrainischen Standards. Poster, Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL), 27 Sept.-01 Oct. 2010, Bayreuth.

Petzoldt T., Scheifhacken N., Ertel A.-M., Lupo A., Seiler C., Manturvova O., Berendonk T. U. (2010) : A River Dam as Oxidation Pond? An Overview Over the Ukrainian Part of the Western Bug. Poster, Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL), 27 Sept.-01 Oct. 2010, Bayreuth.

Rolinski S., Ertel A., Beilharz M., Petzoldt T., Berendonk T.U. (2009): Evaluation of priority water quality variables for an integrated water management for the Western Bug region (IWAS Ukraine). Vortrag, 23rd European Regional Conference, 18-21 May 2009, Lviv.

Scheifhacken, N., Berg K., Haase U., Kozovyi R., Gram-Radu L., Ertel A.-M., Lupo A., Seiler C., Petzoldt T., Berendonk T.U. (2010): Saprobie vs. Hydromorphologie – Benthosgemeinschaften im Einzugsgebiet des Westlichen Bugs (Ukraine). Vortrag, Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL), 27 Sept.-01 Oct. 2010, Bayreuth.

Seiler C., Lupo A., Berendonk T.U. (2010): Co-selection of antibiotic and heavy metal resistant freshwater bacteria in the Western Bug (Ukraine). Poster, Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Limnologie (DGL), 27 Sept.-01 Oct. 2010, Bayreuth.

Lupo A., Ertel A.M., Wolf O., Lueck C., Berendonk T.U. (2011): Multi-drug resistant /Escherichia coli/ from the Ukrainian Bug River. 4th Congress of European Microbiologists, FEMS, Geneva, Switzerland, June 26-30, 2011. A-291-0001-01562.

Projektwissenschaftler

Prof. T. U. Berendonk (Projektleiter),
Dipl.Hydr. Anna-Maria Ertel,
Dipl.-Biol. Claudia Seiler,
Dr. Agnese Lupo,
Dr. Thomas Petzoldt,
Dr. Nicole Scheifhacken,
Dipl.-Biol. Olena Wolf

Kontakt

Technische Universität Dresden
Fakultät Forst-, Geo- und Hydrowissenschaften
Institut für Hydrobiologie
Helmholtzstr. 10
01062 Dresden

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