Internationale WasserforschungsAllianz Sachsen

Wasserdargebot und Wasserhaushalt im Einzugsgebiet des Westlichen Bug

Ziele

Eine der fünf Regionen der Welt, in denen wasserwirtschaftliche Probleme innerhalb des IWAS Projektes gelöst werden sollen, ist Osteuropa. Der Fluss Westlicher Bug (nachstehend als Bug bezeichnet) wurde gewählt, aufgrund seiner schlechten Wasserqualität, der unzureichenden und schlechten Wasserinfrastruktur und der Lage an der Grenze zur Europäischen Union (Ukraine, Polen und Weißrussland). Schmutzfrachten aus punktuellen und diffusen Quellen sind hoch, aufgrund unzureichender Wasseraufbereitung, Bergbau, unkontrollierter Müllbeseitigung und ehemals intensiver Landwirtschaft. Eine Quantifizierung aller Schadstoffquellen ist erforderlich, um Optionen zur Verbesserung der Situation aufzuzeigen. Veränderungen in den natürlichen und anthropogenen Bedingungen - wie zum Beispiel Klima- oder Landnutzungsänderungen - müssen berücksichtigt werden, da sie Einfluss auf die örtlichen Wasser- und Stoffflüsse haben.
Das Wissen um den Wasserhaushalt ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um den Stoffhaushalt eines Einzugsgebietes ermitteln zu können. Innerhalb des Projektes ist vorgesehen, den Stoffhaushalt des Einzugsgebietes "Zulauf Reservoir Dobrotvir" (2640 km²) zu bestimmen. Das Ziel dieses Arbeitspaketes ist eine Analyse des vergangenen und aktuellen Zustandes des hydrologischen Systems. In einem zweiten Schritt werden modellbasierte Zukunftsszenarien entwickelt, wobei wir uns auf die Auswirkungen der Änderungen von Klima und Landnutzung konzentrieren. Besonderes Augenmerk liegt auf der Quantifizierung des Wasserdargebots. Das ist die Wassermenge, die für den Oberflächenabfluss sowie die Boden- und Grundwasserspeicherung nach Abzug der Verdunstung bleibt. Ziel ist es, das Wasserdargebot mit physikalisch basierten Modellen zu simulieren, um die Ergebnisse der einfacheren Ansätze des Wasserhaushaltsmodells zu verbessern.

Daten und Methoden

Exemplarisch werden hier die Ergebnisse der Analyse des Teileinzugsgebiets Sasiv (107 km²) vorgestellt. Es befindet sich im oberen Bereich des Bug Einzugsgebietes (Abb. 1a). Quantitative und qualitative Messungen liegen für diese Station seit mehr als drei Jahrzehnten vor.
Für die Modellierung des Wasserhaushalts wird das Soil and Water Assessment Tool (SWAT) angewendet (http://swatmodel.tamu.edu/). Tageswerte des Niederschlags, der Globalstrahlung, der Windgeschwindigkeit, der Luftfeuchtigkeit und die minimale und maximale Temperatur werden als meteorologischen Eingangsdaten benötigt. Daten der Land- und Bodennutzung sowie ein digitales Höhenmodell werden verwendet, um Hydrotope zu definieren und diese zu parametrieren.
Für die Wasserdargebotsmodellierung wurde das Boden-Vegetation-Atmosphären-Transport Modell LWB-BROOK90 angewandt, das eine erweiterte Version des öffentlich verfügbaren BROOK90 ist (http://home.roadrunner.com/~stfederer/brook/b90doc.html). Verschiedene Komponenten der Evapotranspiration und des Abflusses werden für einzelne horizontal homogene Standorte simuliert. Die wichtigsten Hydrotope des Einzugsgebietes wurden unter Verwendung der gleichen Datenbank wie der für das Modell SWAT (abgesehen von einer detaillierteren Bodendatenbank) modelliert.
Täglich meteorologischen Daten wurden von den Internet-Datenbanken ECA & D und NOAA (http://eca.knmi.nl/, http://www.ncdc.noaa.gov) verwendet. Eine weitere Datenquelle ist die Landschafts- und Geophysikalische Station in Briuchovychi, die Teil der Ivan Franko Universität Lviv ist. Die Dichte der klimatologischen und Niederschlagsstationen ist gering. Fehlende Werte wurden durch Anwendung multipler Regression mit benachbarten Stationen ergänzt. Der Niederschlagsfehler (Wind, Verdunstung und Benetzung) wurde nach Adam und Lettenmaier (2002) korrigiert.

(a)

Einzugsgebiet des Westlichen Bugs

(b)

Topographie auf der Grundlage des Digitalen Höhenmodells ASTER

(c)

Bodennutzung im Einzugsgebiet Sasiv

(d)

Böden im Einzugsgebiet Sasiv

Abbildung 1: Untersuchungsgebiet: a) Übersicht über das gesamte Einzugsgebiet des Westlichen Bugs, b) Topographie auf der Grundlage des Digitalen Höhenmodells ASTER (Auflösung: 30 m; https://wist.echo.nasa.gov/), c) Bodennutzung und d) Böden im Einzugsgebiet Sasiv.

Zur Abbildung zukünftiger Klimabedingungen wurden die Ergebnisse des globalen Klimamodells (GCM) ECHAM5/MPIOM (räumliche Auflösung ca. 130 km im Untersuchungsgebiet) (Röckner et al., 2003) und des regionalen Klimamodells (RCM) REMO (räumliche Auflösung ca. 25 km) (Jacob et al., 2008) für den Zeitraum 2051-2080 und das gemäßigte Emissionsszenario A1B verwendet. Landnutzungsinformationen wurden von den Bildern der Satelliten Landsat TM5 und SPOT-1 durch den Lehrstuhl für Umweltentwicklung und Risiko Management der TU Dresden (Abb. 1c) abgeleitet. Eine Bodenkarte im Maßstab 1:200.000 lag für den Oblast Lviv von 1969 vor. Böden wurden gemäß der World Reference Base for Soil Resources (WRB IUSS Arbeitsgruppe, 2007) (Abb. 1d) klassifiziert. Boden- und hydraulische Parameter wurden mit Hilfe lokaler Expertise sowie Feld- und Labormessungen durch das Institut für Bodenkunde und Standortslehre der TU Dresden (vgl. Diffuse Quellen) abgeleitet. Die Auen des Bug wurden seit den sechziger Jahren drainiert, aber seit den neunziger Jahren größtenteils nicht mehr gewartet.

Ergebnisse

Beispielhaft dargestellt ist die Ganglinie für den Zeitraum 1968-1985 (Abb. 2).

Monatliche Werte der beobachteten Niederschläge, der modellierten und beobachteten Durchflüsse für den Kalibrierungszeitraum
Abfluss

Abbildung 2: Monatliche Werte der beobachteten Niederschläge, der modellierten und beobachteten Durchflüsse für den Kalibrierungszeitraum (Modell SWAT).

Die Übereinstimmung zwischen den modellierten und beobachteten Abflüssen ist nicht hoch. Es gibt eine negative Entwicklung des Niederschlags, aber einen positiven Trend des beobachteten Abflusses. Diese Inkonsistenz könnte durch unzureichende Abbildung der meteorologischen Bedingungen im Einzugsgebiet verursacht werden, durch fehlerhafte Abflussdaten und/ oder durch Änderungen der Landnutzung, der Entwässerungsaktivitäten etc. Eine weitergehende Analyse der Bedingungen im Einzugsgebiet sowie weitere Anstrengungen bei der Kalibrierung sind erforderlich und geplant. Die Mittelwerte des simulierten Wasserhaushaltes sind in Tab. 1 aufgelistet.

Tabelle 1. Vergangener und zukünftiger Wasserhaushalt

Niederschlag
(mm)
Schnee
(%) *1
Durchfluss
(%) *1
Evapotranspiration
(%) *1
Potentielle Evapotranspiration
(%) *1
1968 - 1980
Beobachtung
Kalibrierung

895


19

48
48


48


77
1981 - 1990
Beobachtung
Validierung

862


15

45
49

49

81
2051 - 2080
REMO

812

14

37

59

114
2051 - 2080
ECHAM

700

12

44

51

103

*1 in % vom Niederschlag

Das Klimasignal (Differenz zwischen einem Szenario und dem Kontrollzeitraum 1961-1990) des Zukunftsszenarios A1B des GCM (ECHAM) und RCM (REMO) ist wie folgt: Erhebliche Reduktion der monatlichen Niederschlagsmenge (Jahresmittel: -8 bis -20%), vor allem zwischen Mai und September; die Globalstrahlung ist in beiden Modellen in den Sommermonaten zunehmend und geringfügig abnehmend im Rest des Jahres (+2,9%); minimale und maximale Temperaturen steigen während des gesamten Jahres, verstärkt in den Wintermonaten (Tmax: +1,8 °C, Tmin: +3,6 °C); Wind nimmt in beiden Modellen vor allem im Sommer (+12,7%) zu. Ein signifikant positives Signal der relativen Luftfeuchtigkeit wurde lediglich von ECHAM (+7,6%) modelliert, besonders im Winter. Zusammenfassend: REMO zeigt ein stärkeres Klimasignal für die Globalstrahlung, Temperatur und Wind, aber ECHAM für den Niederschlag und die relative Luftfeuchtigkeit.
Steigende Temperaturen in der Zukunft führen zu einem reduzierten Prozentsatz an Schnee (Tab. 1). Zusammen mit höheren Windgeschwindigkeiten und eine höheren Sonneneinstrahlung simuliert SWAT das ganze Jahr über für den RCM REMO Input eine höhere potentielle Evapotranspiration, während für den GCM ECHAM Input nur ein Anstieg im Sommer und Herbst modelliert wird (Tab. 1 und Abb. 3). Für den REMO Input wurde ein erheblicher Anstieg der realen Evapotranspiration modelliert, besonders im Winterhalbjahr. Die geringe, von ECHAM projizierte Verfügbarkeit des Wassers (Niederschlag) verursacht eine abnehmende reale Evapotranspiration. Es gibt große Unterschiede zwischen der realen und der potentiellen Evapotranspiration im Sommer, was für die Pflanzen Wasserstress anzeigt.

Relative Unterschiede (%) der projizierten (2053-2080) Abflüsse und (potentiellen) Evapotranspiration im Vergleich zu Beobachtungen (1968-1990)
Relative Unterschiede (%) der projizierten (2053-2080) Abflüsse und (potentiellen) Evapotranspiration im Vergleich zu Beobachtungen (1968-1990)

Abbildung 3: Relative Unterschiede (%) der projizierten (2053-2080) Abflüsse und (potentiellen) Evapotranspiration im Vergleich zu Beobachtungen (1968-1990).

Der Abfluss nimmt sowohl absolut als auch relativ für beide Klimamodelle ab (Tab. 1 und Abb. 3). Die Veränderungen in der innerjährlichen Abflussverteilung werden durch unterschiedliche Mengen an Niederschlag, veränderten Bedingungen des Schneefalls und der Schneeschmelze sowie einen höheren Verdunstungsanspruch der Atmosphäre verursacht. Sehr prägnant ist der Durchflussrückgang im Sommer und Herbst, der auf den Wassermangel im Boden zurückzuführen ist.

Table 2. Vergleich der mit SWAT und LWF-BROOK90 modellierten Evapotranspiration für die wichtigsten Hydrotope

Landuse Pine Beech Pasture Potato
Soil Greyic Arenosol Haplic Albeluvisol Gleyic Phaezem Rendzic Phaeozem
LWF-BROOK90        
Evapotranspiration (mm/y) 488 476 354 260
SWAT        
Evapotranspiration (mm/y) 566 412 345 341

Die für die relevanten Hydrotope durchgeführten Wasserdargebotsberechnungen mit LWB-BROOK90 zeigen für Weide eine gute Übereinstimmung mit den SWAT Ergebnissen, jedoch höher Unterschiede für Wälder und Kartoffel (Tab. 2). Die verwendete Parametrisierung der Pflanzen unterscheidet sich zwischen den Modellen, so dass dieser Vergleich nur einen ersten Eindruck wiedergibt. Eine weitere Optimierung der Parametrisierung beider Modelle ist vorgesehen.

Schlussfolgerungen und Ausblick

Wasserhaushalts- und Wasserdargebotssimulationen des kleinen Einzugsgebiets Sasiv / Western Bug verdeutlichten die hohe Unsicherheit der Eingangsdaten. Defizite liegen in der Repräsentativität der meteorologischen Daten sowie in den unzureichenden Angaben zu Boden, Drainage und Landnutzungsänderungen. Deshalb sind die Simulationen als vorläufig anzusehen und eine weitergehende Datenaquise und -analyse nötig. Die Klimasignale der beiden Klimamodelle unterscheiden sich in Größe und manchmal in Richtung. Aber im Allgemeinen sind eine Abnahme der Niederschläge und eine Zunahme der Temperatur, Windgeschwindigkeit, relativen Luftfeuchte und Globalstrahlung für den Zeitraum 2053-2080 zu verzeichnen. Dies hat gravierende Auswirkungen auf den Wasserhaushalt der Region. Die Häufigkeit von Schneefall nimmt ab, die Schneeschmelze setzt früher ein und die Potentielle Evapotranspiration nimmt zu. Die Nutzung der Ergebnisse beider Klimamodell resultiert in ähnlichen Durchflussganglinien (Abb. 3), weil sich meteorologischen Elemente und Prozesse in ihrer Wirkung auf den Abfluss kompensieren. Unter der Annahme, dass RCM besser die Topographie, den Boden, die Landnutzung erfassen und die Prozesse besser beschreiben, sollten RCM realistischere Klimawerte für die Zukunft liefern. Demzufolge würde sich die Evapotranspiration erhöhen und somit der Wasserstress für die Pflanzen. Eine Reihe von Unsicherheiten bestehen bei den Ergebnissen der Klimamodelle, z. B. Abweichungen zu beobachten klimatologischen Elementen, die bisher noch nicht berücksichtigt wurden. Für zukünftige Arbeiten ist eine Biaskorrektur geplant. Für die westliche Ukraine wurde das RCM "CCLM" erstellt (vgl. Klimamodellierung), das von ECHAM5/MPIOM angetrieben wird. Nach einer Bewertung der CCLM Ergebnisse, wird die resultierende Zeitreihe als Eingang für Wasserhaushaltsberechnungen verwendet. Die Landnutzung wurde bisher als statisch für die Modellierung angesehen. Die Klassifikation von Satellitenbildern anderer Zeitpunkte und weitere Untersuchungen mittels älterer topographischer Karten erlauben zukünftig einen dynamischen Ansatz. Die Aufstellung von Landnutzungsszenarien sowie deren Nutzung für Wasserhaushaltsberechnungen ist für die laufenden Arbeiten geplant.

Die nächsten Schritte sind:

  • Komplimentierung bestehender Informationen zu Klima, Boden, Hydrogeologie und Landnutzung
  • Nutzung von Satellitendaten für die Ableitung des LAI
  • Regionalisierung klimatologischer Elemente zur Verbesserung des klimatischen Modell-Inputs
  • Nutzung der projizierten Landnutzungsänderungen und der Ergebnisse des validierten Klimamodells CCLM für vergangene und zukünftige Wasserhaushaltsberechnungen.

Verantwortlicher:

Name: Thomas Pluntke
Institution: TU Dresden
Institut: Hydrologie and Meteorologie
Lehrstuhl: Meteorologie
Adresse: 01062 Dresden
Thomas.Pluntke@tu-dresden.de

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