Hintergrund
Flächenverbrauch entsteht durch die Umwandlung insbesondere von landwirtschaftlichen oder naturbelassenen Flächen in „Siedlungs- und Verkehrsfläche“ und ist neben Degradationsprozessen wie Erosion, Versalzung, Desertifikation oder Kontamination eine zentrale Ursache für Bodenschäden und -verlust. Auswirkungen der Flächeninanspruchnahme sind neben ökologischen Folgen, wie Versiegelung und Landschaftszerschneidung, auch ökonomischer und sozialer Natur. So beeinflusst die Siedlungsdichte die Effizienz technischer und sozialer Ver- und Entsorgungsleistungen und erhöht die Pro-Kopf-Kosten von Infrastrukturen für Kommunen und Nutzer. Gleichzeitig wird eine sozialräumliche Disaggregation unterstützt, wenn wirtschaftlich leistungsfähige Haushalte aus bestehenden Siedlungskernen ins Umland abwandern. Auch die Erreichbarkeit siedlungsnaher Erholungsziele wird durch das Wachstum von Städten und Gemeinden am Siedlungsrand erschwert. Der Sachverständigenrat für Umweltfragen zählt den Flächenverbrauch zu den persistenten Umweltproblemen, bei dem aufgrund seiner schleichenden Entwicklung und den komplexen Ursachen nur eine begrenzte Akzeptanz für umweltpolitische Maßnahmen gegeben ist.
Gleichwohl gibt es auf internationaler und nationaler Ebene Bemühungen, den Flächenverbrauch zu reduzieren. So haben die Vereinten Nationen 2012 auf der Konferenz über nachhaltige Entwicklung in Rio de Janeiro das Ziel erklärt, bis 2030 die Bodendegradation zu stoppen und zerstörte Böden wiederherzustellen. Im Januar 2016 traten insgesamt 17 Nachhaltigkeitsziele (sog. Sustainable Development Goals - SDG) als politische Zielsetzungen der Vereinten Nationen in Kraft. Darunter haben insbesondere SDG 11 und 15 den Flächenverbrauch zum Gegenstand:
SDG 11 formuliert das Ziel, „Städte und Siedlungen inklusiv, widerstandsfähig und nachhaltig [zu] gestalten“.
SDG 15 formuliert das Ziel „Landökosystem schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der Biodiversität ein Ende setzen“.
Zum Teil findet Flächenverbrauch in den jeweiligen Unterzielen der SDG Erwähnung oder wird als Indikator herangezogen. Die Umsetzung dieser globalen Nachhaltigkeitsziele muss auf nationaler Ebene erfolgen. Dennoch werden z.B. auch von der EU die Stoßrichtungen der SDG mit eigenen Strategien adressiert. Mit Blick auf das Flächenverbrauchsproblem hat z.B. die Europäische Kommission bereits 2011 gefordert, bis zum Jahr 2050 netto kein Land mehr zu verbrauchen und diesen Zustand durch einen linearen Kurs zu erreichen.
In Deutschland hat die Bundesregierung erstmalig 2002 in ihrer Nachhaltigkeitsstrategie gefordert, den Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr bis zum Jahr 2020 auf 30 ha pro Tag zu reduzieren. In der überarbeiteten Nachhaltigkeitsstrategie aus dem Jahr 2016 wurde das Flächensparziel dahingehend geändert, dass die Inanspruchnahme zusätzlicher Flächen für Siedlungs- und Verkehrszwecke bis zum Jahr 2030 auf unter 30 ha pro Tag begrenzt werden soll. Davon ist man heute noch weit entfernt: In Deutschland wurden in den Jahren 2012 bis 2015 durchschnittlich 66 ha pro Tag Fläche in Anspruch genommen. Gleichwohl gehört Deutschland mit einer solchen quantitativen Zielgröße zu einem Vorreiter bei der Adressierung des Problems „Flächenverbrauch“. Darüber hinaus beteiligt sich Deutschland an der von Schweden initiierten „High-Level Support Group“, deren Mitglieder sich dazu verpflichtet haben, auf nationaler und internationaler Ebene beispielhaft zu einer raschen und ambitionierten Umsetzung der SDG beizutragen.