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UFZ-Newsletter Maerz 2015

6 UFZ-Newsletter | März 2015 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ wir gemeinsam angehen konnten. Mitten in diese Zeit fiel die Ermordung Rabins und die erstmalige Wahl Netanjahus, mit dessen rechtskonservativer Politik sich die politische Situation in der Region wieder verschärfte. Aber natürlich hatten wir deutschen Wissen- schaftler auch ein Eigeninteresse an dieser Forschung. Zum einen ist es unheimlich spannend, die komplizierten hydrologischen und hydrogeologischen Prozesse in einem solchen sensiblen semiariden Raum zu erforschen, in dem sich die kleinsten klimati- schen Veränderungen sehr rasch und drama- tisch dokumentieren. Zum andern wussten wir, dass dieses Wissen einmal wichtig sein wird für andere Regionen, unter anderem für Europa selbst. Wie hat sich die politische Situation auf die Forschungsarbeit ausgewirkt? Mitte der 1990er Jahre war das tägliche Leben von Israelis und Palästinensern, ab- gesehen von radikalen Einzelaktionen, ganz entspannt. Israelis gingen zum Abendessen in den arabischen Teil Jerusalems, haben da eingekauft – und umgedreht. Wir hatten kaum Schwierigkeiten, Wissenschaftler, Behörden und Ministerien in unser Projekt zu integrieren. Die meisten Kollegen waren darüber erfreut, mitarbeiten zu dürfen. Es gab auch einige, die eher vorsichtig waren. Mit denen haben wir viel geredet, und in den meisten Fällen haben wir die Vorurteile im Laufe der Zeit abbauen können. Die Situation änderte sich aber rasch mit dem Politikwechsel in Israel, und das beka- men auch wir zu spüren: Staatsangestellte durften nicht mehr wechselseitig reisen. Einige Wissenschaftler hatten zunehmend Probleme, gegenüber Studenten und ande- ren Fachkollegen zu sagen, dass sie mit den jeweils anderen zusammenarbeiten. Und die Herr Prof. Hötzl, in Fachkreisen gelten Sie als Pionier multilateraler Forschungs- projekte in Nahost. Wie kamen Sie dazu? Schon sehr früh, etwa seit 1975, konzentrier- ten sich viele meiner Forschungsarbeiten auf Wasserressourcen in ariden und semiariden Gebieten, v. a. in Saudi Arabien und in Jorda- nien. Meine fachliche Expertise, die Kenntnis der Wassersituation vor Ort und meine guten Kontakte waren dann wohl auch der Einstieg in die multilateralen Projekte, über die man im Bundesforschungsministerium Mitte der 1990er Jahre nachdachte. Ziel dieser Projekte ist es, Israelis, Palästinenser und Jordanier zur Lösung der Wasserprobleme an einen Tisch zu bringen. Weshalb dieses deutsche Engagement? Schon lange gab es ja bilaterale Forschung mit einzelnen Ländern der Region, mit Israel etwa seit Mitte der 1960er Jahre. Etwas Gemeinsames war nicht denkbar. Anfang der 1990er Jahre öffnete sich durch die Politik Jitzchak Rabins plötzlich ein Fenster mit Möglichkeiten. 1993 und 1995 besie- gelten Palästinenser und Israelis in den Oslo-Verträgen einen Friedensprozess, und Deutschland hatte großes Interesse daran, diesen auf verschiedenen Sektoren zu unterstützen – unter anderem eben durch Investitionen in eine gemeinsame Forschung. Und so fingen wir 1995 an, das German- Israeli-Jordanian-Palestinian-Project (GIJP) auszuhandeln, das sich aufgrund plötzli- cher Finanznot der Israelis letztlich auf die Erkundung und Erschließung von Wasserres- sourcen im unteren Jordantal und am Toten Meer beschränkte. Vor dem Hintergrund des starken Bevölkerungswachstums und den Ansprüchen der Anrainer auf das knappe Wasser war das ein Schlüsselproblem, das zweimal jährlich anberaumten Zusammen- künfte der Projektleiter konnten irgendwann nicht mehr abwechselnd in Jordanien und Palästina stattfinden, wurden dann aus- schließlich nach Jordanien verlegt, und als das auch nicht mehr möglich war, in den mediterranen Raum. Solche Dinge erschwe- ren natürlich die Forschung. Sehen Sie unter den sich weiter verschär- fenden Bedingungen überhaupt Chancen, die gemeinsam erarbeiteten Konzepte umzusetzen? Doch, da sehe ich schon Möglichkeiten. Ende 2013 etwa haben Israel, Jordanien und Palästina beschlossen, eine Anlage zur Meerwasserentsalzung in Akaba am Roten Meer zu errichten. Sie soll große Teile Südjordaniens mit Wasser versorgen, aber ebenso Eilat in Israel. Im Gegenzug liefert Israel Wasser vom See Genezareth in den Norden Jordaniens – und auch nach Ramal- lah ins Westjordanland. Dass dieser Vertrag trotz der brisanten politischen Situation unterzeichnet wurde, macht mich zuversicht- lich. Wichtig ist, davon Abstand zu nehmen, dass all das, was wir erforschen, schnell und länderübergreifend implementiert wird. Das funktioniert leider nicht, wie wir selbst erkennen mussten. Möglich ist vielmehr die Umsetzung in kleinen Schritten, vielleicht auch erst einmal in einem der beteiligten Länder, wie das die Etablierung dezentraler Kläranlagen zeigt. Da wurden Ergebnisse von UFZ-Forschern aus unserem multilate- ralen Projekt gemeinsam mit der deutschen Industrie zuerst in Jordanien umgesetzt und werden jetzt Stück für Stück in andere Länder übertragen. Solche Dinge brauchen aber viel Geld und viel Zeit – und natürlich die Unterstützung auf politischer Ebene. Das Interview führte Susanne Hufe Prof. Dr. Heinz Hötzl, Jahrgang 1941, arbeitete mehr als 35 Jahre als Hydrogeologe an der Universität in Karlsruhe. Er ist Mitbegründer und Koordinator der ersten multilateralen wis- senschaftlichen Projekte im Nahen Osten, die sich den knap- pen Wasserressourcen widmeten. Sie haben alle politischen Wandelprozesse überdauert und laufen bis heute mit sehr großem Erfolg. 2008 erhielt Heinz Hötzl für diese Leistung das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. (Bildmontage: noonox media) Prof. Dr. Heinz Hötzl, Jahrgang 1941, arbeitete mehr als 35 Jahre als Hydrogeologe an der Universität in Karlsruhe. Er ist Mitbegründer und Koordinator der ersten multilateralen wis- senschaftlichen Projekte im Nahen Osten, die sich den knap- pen Wasserressourcen widmeten. Sie haben alle politischen Wandelprozesse überdauert und laufen bis heute mit sehr großem Erfolg. 2008 erhielt Heinz Hötzl für diese Leistung das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. (Bildmontage: noonox media) „Die Implementierung braucht viel Zeit und Geld“

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