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UFZ-Newsletter Maerz 2015

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | März 2015 3 Weniger Regen und Abfluss des Grund- wassers An den Süßwasserreserven des Toten-Meer- Einzugsgebietes hängt eine der politisch instabilsten Regionen der Welt: das West- jordanland. Dort leben rund zwei Millionen Menschen. Der große Fluch der Region ist seit jeher die Trockenheit. Aufgrund klimati- scher Veränderungen sagen Prognosen für die nächsten Jahre noch weitaus weniger Niederschlag in der Region voraus: Um weite- re rund 20 Prozent soll der Regen zurückge- hen. Das bedeutet für alle Anrainer des Toten Meeres, dass der Wasserverbrauch drastisch eingeschränkt werden muss – ansonsten sind die unterirdischen Ressourcen schnell ganz aufgebraucht. Jordanien ist dabei am stärksten betroffen, da sich die Regenfronten bereits am judäischen Gebirgszug auf der Westseite des Toten Meeres abregnen. Das Absinken des Meeresspiegels um mittler- weile durchschnittlich 1,3 Meter pro Jahr verschärft diesen Mangel noch. Seit den 1960er Jahren führt das Aufstauen des See Genezareth und des jordanischen Flusses Yarmouk zu einem Verkümmern des Unteren Jordans, der heute nur noch geschätzte zehn Prozent seiner natürlichen Wassermenge führt. Da der Jordan aber der einzige perma- nente Oberflächenzufluss des Toten Meeres ist, beschleunigte sich dessen Austrocknung entsprechend. „Das größte Problem ist jedoch die zunehmende Verdunstung durch verstärkte Windzirkulationen aus Richtung Mittelmeer“, erklärt Norbert Kalthoff vom KIT, das in Massada zwischen Nord- und Südmeer eine Messstation betreibt und mit dem For- scherteam des UFZ eng zusammenarbeitet. Die Suche nach den Wasserläufen Gleichzeitig beklagen die Anwohner der Region seit einigen Jahren das sukzessive Versiegen Jahrhunderte alter Quellen. Eine der wichtigsten und drängendsten Aufgaben ist deshalb die Schätzung der vorhandenen Wasserressourcen. Dafür muss nicht nur berechnet werden, wie viel im Status quo vorhanden ist, sondern auch, wieviel Wasser abfließt und inwiefern die Aquifere durch Niederschlag wieder aufgefüllt werden. Das UFZ-Hydrogeologenteam beschäftigt sich mit dem Wasserkreislauf: Der Regen an der Westseite des Toten Meeres geht auf den judäischen Bergen nieder und gelangt von dort in die Grundwasseraquifere – das sind allerdings nur geringe Prozentwerte der gesamten Niederschlagsmenge. Größere An- teile verdunsten sofort oder fließen als soge- nannte Flash-Floods – Sturzfluten – ebenfalls unverzüglich ins Meer. Ist der kleinere Teil des Regens im Grundwasseraquifer ange- kommen, läuft es in langen Zeiträumen bis zu tausend Jahren weiter Richtung Totes Meer, das mittlerweile mehr als 420 Meter tief un- ter dem Meeresspiegel liegt. Das Grundwas- ser tritt in ufernahen Quellen und vor allem in Form submariner Quellen in den salzhal- tigen See ein. „Eine der großen Fragen ist, welchen Zusammenhang es genau zwischen dem Rückgang des Meeresspiegels und den unterirdischen Wasserzuflüssen gibt“, so UFZ-Forscher Christian Siebert. „Treten Grundwässer tatsächlich immer häufiger in Form submariner Quellen aus oder können wir sie heute nur besser detektieren? Auf jeden Fall wissen wir, dass je mehr Wasser in den submarinen Quellen austritt, desto mehr laufen die Süßwasseraquifere ungenutzt leer und umso weniger Wasser bleibt dann für die Trinkwasserversorgung der Westbank, Israels und Jordaniens“. Da der Gegendruck des rückläufigen Toten Meeres auf die anströmenden Grundwässer nachlasse, wirke dieses immer weniger als natürlicher „Stöpsel“, so Christian Siebert. Weniger Druck auf das hydraulische System bedeute in diesem Fall, dass das Phänomen von Süßwasserquellen im Meer zunehme. Gleichzeitig versiegen immer mehr terres- trische Quellen, sprich die Brunnen und Quellen der Umgebung, auf die Bauern und Naturreservate so dringend angewiesen sind. Mittlerweile kann ein geschulter Blick die submarinen Süßwasserquellen im Meer sogar mit bloßem Auge erkennen – um die Stellen in Ufernähe bilden sich kreisförmige Bewegungen und glatte runde Flächen, die anders aussehen als die ans Ufer anschla- genden Wellen. Um die genauen Auswir- kungen des Meeresspiegelrückgangs auf die Süßwasserabflüsse zu bestimmen und um nachzuvollziehen, in welcher Geschwin- digkeit und in welchen Mengen das Wasser von den Bergen ins Meer fließt, bedarf es allerdings einer Reihe von Wasseranalysen und geologischer Erkenntnisse. Dazu haben die Forscher Methoden entwickelt und an- gewandt, mit denen sie die chemische und mikrobiologische Zusammensetzung des Wassers an den unterschiedlichen Stellen seines Verlaufs untersuchen. Je nachdem, welche Gesteinsschicht das Wasser passiert, ändern sich die geochemische Umgebung und somit auch der Gehalt an organischen und anorganischen Stoffen bzw. Parame- ter wie der pH-Wert, die mikrobakterielle Aktivität, der Salzgehalt und die Aggressi- vität gegenüber dem Umgebungsgestein. Sie ist bei der Bildung submariner Quellen besonders wichtig. Geländekampagne 2014 Ziel der Beprobung im Winter 2014 war es, systematische Zusammenhänge zwischen der Lokation von Süß- und Brackwasser- austritten und eventuellen Spuren neotek- tonischer Aktivität, der Quellmorphologie, der Quellchemie und der Mikrobiologie des Grundwassers sowie thermaler Spuren an der Wasseroberfläche zu ermitteln. Ein mit Seitenscansonar ausgestattetes Echolot-Boot und der parallele Einsatz von Forschungstauchern machten es den Wissenschaftlern möglich, die Morphologie des Meeresbodens in bis zu 60 Meter Tiefe hochauflösend zu kartieren und zugleich Proben von Quellwässern und Sedimenten in der Umgebung der Quellen sowie Bio- Proben zur Untersuchung von mikrobiellem Leben zu entnehmen. Für die Wissen- schaftstaucher um Dr. Thomas Pohl von der TU Bergakademie Freiberg war das keine leichte Sache: „Die Bedingungen im Toten Meer sind extrem“, erklärt er, „man sieht nur gut einen Meter weit, und ohne Anhalts- punkt ist es sehr schwer, zu fotografieren Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | März 20153

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