Baustein Governance
Ziel: Anpassung von Institutionen, Prozessen und Beschlüssen an die Erfordernisse der blau-grüne Stadtentwicklung
Coach: Dr. Frank Hüesker (UFZ)
Im Coaching lernen die Städte verschiedene Politikmodelle kennen, um mit der Transformation ihrer Infrastrukturen im Zuge der Klimawandelanpassung umzugehen. Die Städte lernen Kategorien von Politikinstrumente kenn, um zu reflektieren, welche zu ihren eigenen Zielstellung am besten passen könnten. Das Coaching stellt zudem Kriterien für eine erfolgreiche blau-grüne Governance zur Diskussion, die sich an die politischen Entscheidungsträger wenden. Wir können dann anhand des Beispieles Leipziger Lenkungsnetzwerkes Wassersensible Stadtentwicklung diskutieren, wie genau Institutionen einer blau-grünen Governance aussehen könnten. In der Toolbox befinden sich dann Politikinstrumente, die insbesondere im BMBF-Vorhaben Leipziger BlauGrün entwickelt wurden, wie die BlauGrünen Steckbriefe und die BlauGrünen Potentialkarten. Aber über die Sichtung verwandter Forschungsprojekte, Studien und Konzepte wird auch über die Tools Dritter berichtet werden.Die Ziele und Potentiale der blau-grünen Stadtentwicklung im Sinne einer konsequenten Nutzung von BGI sind grundsätzlich unter kommunalen Entscheidungsträgern und Experten wenig umstritten. Vielmehr gibt es in vielen Städten und Gemeinden Umsetzungsprobleme. Die Paradigmen der Schwammstadt mit gekoppelten und dezentralen Infrastrukturen treffen auf die über Jahrhunderte gewachsenen Wasserinfrastrukturen inklusive der zugehörigen stadtinternen Governancestrukturen. Das hieraus resultierende Governancesystem (bestehend aus formellen und informellen Institutionen, Prozessen, Machtverhältnissen und Akteuren) heute so anzupassen, wir nennen es „Unpacking the Sewer“, „bringt eine enorme Transformationsaufgabe mit sich, die mit der öffentlichen Kanalisierung im 19. Jahrhundert vergleichbar ist“ (UBA-Studie “Ziele und Politikinstrumente für Klimaresiliente Schwammstädte“, S. 9). Die an der Planung von BGI beteiligten Akteure, Institutionen und Prozesse sind zahlreich und auf allen politischen Ebenen von kommunal bis europäisch werden diesbezüglich relevante Rahmenbedingungen gesetzt. Durch formelle und informelle politische Institutionen werden hierfür die Ziele, Ressourcen und Verfahren vorgegeben, die im Idealfall legitim sind und einer hinsichtlich Zeit und Aufwand angemessenen Umsetzbarkeit dienen.
Die Akteure und ihre Interessen sind zum einen im Kern vergleichbar mit jenen der etablierten Abwasserinfrastrukturpolitik, die insb. Westdeutschland im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge seit Jahrzehnten mit zentralen Systemen und Gebietsmonopolen geprägt hat. Nur führt zum anderen die Dezentralisierung dieser Technologien durch die gekoppelte Integration von Grünelementen nun zu einer erheblichen Erweiterung dieser Akteurskonstellation, der zugehörigen Rahmenbedingungen, Institutionen, Prozesse und Zielstellungen. Denn es vollzieht sich eine Infrastrukturtransformation mit offenem Ausgang hinsichtlich der Frage, wie die Governance der blau-grünen Infrastrukturen letztlich aussehen wird. Diese neue BlauGrüne Governance wird ortsspezifisch unterschiedlich sein und es bleibt offen, ob sich ein mit der klassischen kommunalen Daseinsvorsorge vergleichbares Politikmodell bilden wird.
Die Institutionalisierung der BlueGreen Governance in den Städten braucht auch verbesserte Rahmenbedingungen auf den übergeordneten politischen Ebenen. Die politischen Rahmenbedingungen hinsichtlich blau-grüner Infrastrukturen sind divers, viele Politikfelder beeinflussen die Ausgestaltung von kommunalen Infrastrukturen, und aus unserer Sicht ist es auch für lokale Akteure strategisch wichtig, diese Rahmenbedingungen zu kennen und zu reflektieren. Auf Bundesebene ist die Umwelt- (Wasser, Biodiversität, Klimaschutz usw.) und die Stadtentwicklungspolitik (Wohnungsbau, geförderte Planung usw.) zentral. Aber relevante Politikinstrumente können aus allen Ressorts kommen, ob die Förderung von Reallaboren durch das Bundesforschungsministerium oder tarifkalkulatorische Vorgaben für die Kommunalwirtschaft, die eher aus dem Innenressort kommen, sein.
Auf der kommunalen Ebene ist die explizite politische Willensbildung in Richtung urbaner Klimaanpassung und die formelle Beschlussfassung über quantitative und qualitative Ziele inklusive Fristen zentral für eine erfolgreiche blau-grüne Stadtentwicklung. Hierzu bedarf es der systematischen Beschaffung und Bereitstellung von Daten, eine klare Regelung von Verantwortlichkeiten, kompetentes Personal, transparente Prozesse und eindeutige Entscheidungsregeln. Die klassischen Instrumente der Stadtplanung können sicherlich oft in angepasster Form genutzt werden. Neue Institutionen und Prozesse sind so zu organisieren, die sie die relevanten Akteure zusammenbringen, Nutzungskonflikte transparent machen und Entscheidungsfindung ermöglichen. Es sind geeignete auch Maßnahmen zu initiieren, um Akzeptanz in der Bevölkerung für die neuen Infrastrukturen zu schaffen. Hierbei sind neue Konfliktmuster um Wasserressourcen, beispielsweise mit dem Stadtumland, zu berücksichtigen.
Weiterführende Informationen und verschiedenePlanungstools, die im Kontext des Vorhabens Leipziger BlauGrün entwickelt wurden, finden Sie hier: Bericht „wassersensible Stadtentwicklung in Leipzig“ und im Handbuch „Planung gekoppelter blau-grüner Infrastrukturen“ 2025. Hinsichtlich der übergeordneten politischen Rahmenbedingungen seien die Vorträge der UBA-Fachkonferenz BlueGreen Governancen 2024 und das Politikpapier Urbane Wasserwende 2023 empfohlen.
Weitere Artikel:
- Roland Müller, Frank Hüesker: Leipzig schafft blaugrüne Infrastrukturen, DW /23
- Moritz Reese, Frank Hüesker, Sophie Wehmeier: Urbane Resilienz durch blau-grüne Infrastrukturen - Herausforderungen und Perspektiven, vhw FWS 6 / November–Dezember 2024