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UFZ-Newsletter Dezember 2013

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Dezember 2013 3 Die Erkenntnisse über das Potenzial von im Grundwasser vorhandenen Bakterien, die nicht nur MTBE, sondern auch Benzol voll- ständig unter Zufuhr von Sauerstoff umset- zen können, nutzten die Biotechnologen Müller und van Afferden für ihre eigenen Forschungsarbeiten und deren spätere großtechnische realisierung. Den ersten Freilandcheck unternahmen sie im Jahr 2007 in einer am Standort Leuna vom UFZ errichteten Testanlage. Dort untersuchten die Forscher verschiedene Technologien im Hinblick auf ihr Potenzial, umweltrele- vante Schadstoffe wie Benzol, Toluol, MTBE oder Ammonium aus dem Grundwasser entfernen zu können. Weil die Ergebnisse im Versuch mit der Vertikalfilteranlage äu- ßerst positiv ausfielen, baute man 2011 im nächsten Schritt in richtung Marktreife eine Pilotanlage. Diese sollte in einem einjähri- gen Test nun auch die ökonomische Effizienz des Verfahrens bestätigen. Das Ergebnis fiel positiv aus, das neue Verfahren erfüllte alle Erwartungen. Auf Basis dieser Ergebnisse gab das Land Sachsen-Anhalt grünes Licht für den Bau der großtechnischen Anlage, die 2014 eingeweiht wird und in der täglich bis zu zehnmal so viel Grundwasser wie im Pi- lotversuch gereinigt werden soll. hürden auf dem Weg in die Praxis- tauglichkeit Doch bis dahin hatten auch die Umwelt- biotechnologen am UFZ manch Hürde zu nehmen: „In der Anfangsphase war die reinigungsleistung nicht stabil, wir hatten Probleme im Winter mit den niedrigen Tem- peraturen und lagen mit den MTBE- und Benzol-Werten deutlich über den ange- strebten Zielwerten“, sagt Manfred van Afferden. Vor allem das Problem, wie sich chemische Ablagerungen in den beiden Be- cken verhindern lassen, habe den Wissen- schaftlern manch schlaflose Nacht bereitet, erinnert sich roland Müller. Das galt insbe- sondere den Kalk- und Eisen-Ausfällungen. Beispielsweise können Eisenoxide und Ei- senhydroxide zum Problem werden, da sie den Filter verstopfen und verkrusten können. „Wir haben das Filtermaterial im Grobfilter nun so gewählt, dass die Oxide als flockige Materialien den Filter leicht passieren kön- nen und danach sedimentiert werden“, sagt van Afferden. Auch die Kalkablagerungen machten Sorgen. Sie entstanden, weil Car- bonat wegen der unterschiedlichen Kon- zentrationen von CO2 im Grundwasser und der Luft in dem Moment ausfällt, in dem das Grundwasser an die Oberfläche kommt. Doch auch dieses Problem ist nun vom Tisch. „Die CO2 -Konzentration in der Gas- phase im Filterkörper ist nun so hoch, dass kein Carbonat mehr ausfällt“, sagt van Af- ferden. Damit die Mikroorganismen MTBE und Ben- zol auch wirklich effizient abbauen, haben die beiden Biotechnologen versucht, ideale rahmenbedingungen für die im Grundwas- ser lebenden Bakterien zu schaffen: Das Grundwasser, das durch die beiden Becken strömt, nimmt aus der Atmosphäre den Sau- erstoff auf, den das Bakterium für die Stoff- wechselprozesse zum Abbau der Schad- stoffe unbedingt braucht. Wichtig ist auch die Temperatur des Grundwassers – acht bis zehn Grad Celsius brauchen die Mikroor- ganismen mindestens, um effektiv arbeiten zu können. Und natürlich müssen ausrei- chend Schadstoffe im Grundwasser vorhan- den sein. Ökologisch und wirtschaftlich kon- kurrenzfähig Ab dem kommenden Jahr können die Mikro- organismen ihre Fähigkeiten in der neuen großtechnischen Anlage unter Beweis stel- len. Der Geschäftsführer der Landesanstalt für Altlastenfreistellung Sachsen-Anhalt, Martin Keil, ist von den Vorteilen der UFZ- Ökotechnologie überzeugt: „Die Lösung ist ökologisch und wirtschaftlich vorteilhaft.“ Sie ermögliche den Einsatz einfacherer und robusterer technischer Anlagen. Damit wür- den deutlich weniger Energie und Betriebs- stoffe verbraucht, der Wartungsaufwand sin- ke, der Betrieb laufe nahezu abfallfrei. Van Afferden hat die UFZ-Anlage mit den ande- ren Technologien verglichen, die derzeit auf dem Markt zu finden sind. „Gegenüber einer herkömmlichen Anlage ist unsere zwischen 30 bis 70 Prozent kostengünstiger“, lautet seine Bilanz. Zwar seien die Investitionskos- ten infolge bautechnischer Besonderheiten, wie dem Bedarf spezieller Folien und dem Aushub der Gruben durch Bagger, höher, die Energiekosten und Betriebsausgaben lägen jedoch ein Mehrfaches unter denen der Kon- kurrenz. Zum einen ist der Aufwand für die Betreuung der Vertikalfilteranlage klein, da sie im Unterschied zu anderen Anlagen viel seltener gewartet werden muss. Zum an- deren sind die Energiekosten gering, weil nur wenige Pumpen und elektrische Aggre- gate zum Einsatz kommen. Geht man von einer täglichen Grundwasserreinigung von 500.000 Litern aus, sparen die Anlagenbe- treiber bis zu 1,7 Millionen Euro in fünf Jah- ren. „Je länger unsere Anlage in Betrieb ist, um so rentabler wird sie“, weiß van Afferden. Die wirtschaftliche Effizienz der Öko-Anlage belohnte in diesem Jahr auch die Jury des IQ Innovationspreises Mitteldeutschland. Das UFZ-Team belegte mit seiner Erfindung den zweiten Platz in der Kategorie Energie/Um- welt/Solarwirtschaft. Die UFZ-Forscher haben die Technologie als Gebrauchsmuster beim Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen und halten nun Ausschau nach der nächsten Gelegen- heit, ihre Anlage in der Praxis zu erproben. „Unser Verfahren lässt sich relativ schnell und unkompliziert an anderen Standorten anwenden“, sagt Müller, der sich über erste konkrete Anfragen aus Industrieparks und der Petrochemie freut. „Alleine in Deutsch- land gibt es 313.000 Altlasten, davon meh- rere tausend Grundwasser-Schadensfälle“. Und auch Mikrobiologe rohwerder sieht gute Möglichkeiten, den Superstar Aquinco- la  tertiaricarbonis zur reinigung von Grund- wasser weiter einzusetzen: „Der Bakterien- stamm kann nicht nur MTBE, sondern auch viele andere Kraftstoff-Additive, wie das mittlerweile stark verbreitete Ethyl-Tertiär- Butylether (ETBE) abbauen“. Die Chancen, dass sich die Erfolgsgeschichte dieser reinigungstechnologie weiter fortsetzt, sind also recht groß. Benjamin Haerdle UFZ-Ansprechpartner: dr. roland A. Müller, dr. Manfred van Afferden dept. Umwelt- und Biotechnologisches Zentrum (UBZ) e-mail: roland.mueller@ufz.de, e-mail: manfred.afferden@ufz.de MTBE: 43 µg L-1 Benzol: 0,4 µg L-1 grafik: noonox media re-infiltration gereinigtes Grundwasser

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