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UFZ-Newsletter Dezember 2013

2 UFZ-Newsletter | Dezember 2013 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Behörden und Wissenschaftler stellt das vor eine große Herausforderung, denn das kon- taminierte Grundwasser muss aufwendig gereinigt werden, um die Wasserversorgung angrenzender Gemeinden zu schützen. Ein interdisziplinäres UFZ-Team, zu dem ne- ben dem Mikrobiologen rohwerder maßgeb- lich die beiden Biotechnologen Dr. roland Müller und Dr. Manfred van Afferden zählen, hat nicht nur ein technologisches Verfahren entwickelt, mit dem sich dank des Bakteri- ums Benzol und MTBE aus dem Grundwasser entfernen lässt. Das Verfahren wurde auch zur Marktreife gebracht. Im kommenden Jahr soll am Standort des Ökologischen Großpro- jektes Leuna eine Anlage in Betrieb gehen, die täglich bis zu 500.000 Liter belastetes Grundwasser reinigt – eine für Grundwasser- schadensfälle beachtlich große Menge. „Wir wollten das Verfahren von Anfang an großtechnisch realisieren“, sagt Müller. Dass die Umsetzung so gut funktioniert habe, sei auch der engen Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen vor Ort zu verdanken – u. a. mit der Landesanstalt für Altlastenfrei- stellung Sachsen-Anhalt und der Mitteldeut- schen Vermögens-Verwaltungsgesellschaft. das Prinzip – ein Vertikalfiltersystem Der Aufbau des Vertikalfiltersystems, das die UFZ-Forscher entwickelten, scheint auf den ersten Blick nicht kompliziert. Verunreinigtes Wasser wird aus vier bis sechs Metern Tiefe in ein mit grobkörnigem Blähton gefülltes Becken gepumpt. Danach fließt das Wasser in ein zweites Becken mit feinkörnigerem Filtermaterial. In beiden Becken verwerten Millionen von Mikroorganismen sehr effizient die Schadstoffe. Benzol und MTBE werden so mit Sauerstoff zu Kohlendioxid abgebaut. Es ist unscheinbar, nur ein bis zwei tausends- tel Millimeter groß und zylinderförmig – doch der optisch unscheinbare Eindruck des Bakteriums täuscht: Aquincola  tertiaricarbo- nis, so der wissenschaftlich korrekte Name für den Bakterienstamm, ist ein Superstar, zumindest auf dem Gebiet der reinigung von Grundwasser. Zu dieser Einschätzung kommt Dr. Thore rohwerder. Der Mikrobio- loge hat den Winzling vor mehr als zehn Jah- ren in Wasserproben gefunden und erforscht ihn seitdem am UFZ. „Das Bakterium hat ei- nen perfekten Stoffwechsel geschaffen, um Methyl-Tertiär-Butylether (MTBE) mithilfe von Sauerstoff zu Kohlendioxid abzubauen“, sagt rohwerder. Bis zu 20 Enzymschritte hat er beim MTBE-Abbau festgestellt. Jeder Schritt ist verbunden mit einem oder mehreren Ge- nen, die bestimmte Proteine kodieren. „Der Bakterienstamm hat sich genetisch an die schwierigen Umweltbedingungen hervorra- gend angepasst“, sagt der Mikrobiologe mit leichter Bewunderung in der Stimme. Gefunden hat er das Bakterium im Grund- wasser der 1.300 Hektar großen Fläche der ehemaligen Leuna-Werke, gelegen im Mit- teldeutschen Chemiedreieck in Sachsen- Anhalt. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gilt Leuna als Standort der Großchemie, zu DDr-Zeiten wurde dort Erdöl verarbeitet. Die Folge: Boden und Grundwasser waren 1990 durch Leckagen, Unfälle und Kriegs- folgen vielerorts mit MTBE, aromatischen Kohlenwasserstoffen, insbesondere Benzol, und Mineralöl-Kohlenwasserstoffen belastet. MTBE, das dem Benzin zugeführt wird, um die Klopffestigkeit zu erhöhen, ist unange- nehm geruchs- und geschmacksintensiv und macht Trinkwasser so ungenießbar. Benzol, ein Nebenprodukt der Verarbeitung von roh- öl zu Kraftstoff, ist giftig und krebserregend. Dem Wasser, das teilweise mit jeweils mehr als 5.000 Mikrogramm MTBE und Benzol pro Liter belastet ist, werden durch die mi- krobiellen Stoffwechselprozesse die giftigen Substanzen entzogen. Dadurch werden die für das Grundwasser geltenden Grenzwerte unterschritten. Ist das Wasser dann gerei- nigt, wird es in eine Wiederversickerung ge- leitet und sauber ins Grundwasser zurück- geführt. Alles begann mit mikrobiologischer detailarbeit Das scheinbar einfache Verfahren ist ein Ergebnis langwieriger und akribischer For- schungsarbeit im Labor. Zwar ist der Me- chanismus, wie Bakterien Benzol abbauen, schon seit den 1970er Jahren bekannt. Eine Herausforderung für UFZ-Forscher rohwer- der war jedoch die Arbeit mit dem Bakterium Aquincola  tertiaricarbonis: „Es war schwierig, die einzelnen Bakterienstämme zu isolie- ren“, sagt er rückblickend. Der Mikrobiologe ging bei den Laborversuchen mit den Bak- terien klassisch vor: Er gab eine Zelle des Bakteriums in einem Flüssigkeitstropfen auf eine gelförmige Agar-Platte, auf der sich die Mikroorganismen vermehren und Kolonien bilden können. Dieser Ansatz brachte bei Aquincola  tertiaricarbonis aber nicht sofort das gewünschte Ergebnis. Der Grund: „Der erste Enzymschritt im MTBE-Abbauprozess war genetisch instabil“, sagt rohwerder. Das heißt: Waren auf den Agar-Platten nur win- zige Spuren anderer Substrate vorhanden, scheiterte die Anzucht des Bakterienstamms mit der gewünschten Eigenschaft. Erst viele Versuche und Labornächte später gelang rohwerder der Durchbruch mit der 108. Ko- lonie: Seitdem trägt Aquincola  tertiaricarbo- nis den Beinamen L 108. MTBE: 1124 µg L-1 Benzol: 1778 µg L-1 grobfilter Sedimentation Feinfilter Ablaufschacht Förderung verunreinigtes Grundwasser (MTBE, Benzol) VoM rEAgENZglAS ZUr TEchNiSchEN ANlAgE

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