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UFZ-Newsletter April 2014

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | April 2014 5 Prof. Dr. Erik gawel ist als Umwelt- und Energieökonom Leiter des De- partments Ökonomie am UFZ und Direktor des Instituts für Infrastruktur und Ressourcenmanagement der Universität Leipzig. Er koordiniert die ökonomische Forschung des UFZ in der Helmholtz-Allianz ENERgY-TRANS. Als Koordinierender Leitautor wirkte er an dem soeben veröffentlichten Policy-Brief der Allianz „Die Zukunft der Energiewende in Deutschland“ mit: www.ufz.de/PolicyBrief e-mail: erik.gawel@ufz.de STANdPUNkT: dEr ENErgiEWENdE NächSTEr AkT – EEg-rEForm ANTE PorTAS Viel ist geschrieben worden in letzter Zeit über die angeblich verheerende Wirkung der Förderung durch das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG) auf den Strompreis. Wenig davon hält einer kritischen Überprüfung stand. „Den“ Strompreis gibt es ohnehin nicht: Börsenstrompreise sind keine Endverbraucher- preise, und Haushaltsstrom unterliegt völlig anderen Preisent- wicklungen als Industriestrom. Während der Börsenpreis infolge des EEG gerade sinkt und viele große, gerade energieintensive Industriebetriebe über Ausnahmeregelungen nur wenig von der EEG-Umlage spüren, sind nicht-produzierendes Gewerbe und private Haushalte am ehesten betroffen – doch auch hier geht von den Preissteigerungen der letzten Jahre nur etwa die Hälfte auf das Konto des EEG. Dass man steigenden Preisen im Übrigen durch Anbieterwechsel und Anstrengungen zur Energieeffizienz sinnvoll ausweichen kann, gerät über die Strompreisdebatte all- zu schnell in Vergessenheit. Die vielbeklagte Dynamik der Umla- gesteigerung der letzten Jahre ist ohnehin längst gebrochen – durch Kostensenkung der Erneuerbaren und Förderkürzungen in der Vergangenheit. Und doch hat in den letzten Monaten ein politischer Überbie- tungswettbewerb eingesetzt um eine „grundlegende“ Reform des EEG. Dreh- und Angelpunkt waren dabei stets die EEG-bedingten Förderausgaben. Diese sind aber gar kein geeigneter Maßstab für die Kosten der Energiewende: So steigt etwa die EEG-Umlage automatisch und ohne volkswirtschaftliche Mehrkosten für Erneuerbare, wenn der Preis für CO2 -Zertifikate im notleidenden europäischen Emissionshandel darniederliegt und den Börsen- strompreis drückt. Die Umlage steigt auch, wenn sich größer werdende Teile der Stromverbraucher an ihr gar nicht mehr beteiligen, z. B. Industriebetriebe und Eigenerzeuger. Und bei weitem nicht alle Kosten unserer Energieversorgung tauchen überhaupt auf der Stromrechnung auf – weder die Umwelt- und Klimafolgen noch die üppigen Förderungen der konventionellen Energien über öffentliche Haushalte – von denen kaum jemand spricht. Die zum Teil schrille öffentliche Debatte über den angeblichen „Kosten-Tsunami“ des EEG kreist um eine weithin selbst geschaffene Chimäre. Ein Schelm, wer Arges dabei denkt. Nun also ein „EEG 2.0“? Gemessen an den weitreichenden Umgestaltungsideen der letzten Monate – von der kompletten Abschaffung des EEG über dessen Ersatz durch eine technolo- gieoffene Erneuerbaren-Quote mit Ausschreibung bis hin zu einem Altlastentilgungsfonds – erscheint die jetzt anstehende Novelle doch eher als ein „EEG 1.23“: Das EEG ist seit seinem Inkrafttreten im Jahr 2000 über 20 mal geändert worden. Nun steht schlicht die nächste Reform ins Haus – und fast alles Neue gab es schon: Kürzungen der Fördersätze gehören wegen der sinkenden Erzeugungskosten erneuerbarer Energien längst zum laufenden Geschäft. Ergänzende Mengenbeschrän- kungen kennen wir bereits von der Photovoltaik, und auch die Direktvermarktung nebst Marktprämie ist seit 2012 Teil des Förderregimes. Natürlich hat jede Änderung im Fördersystem direkte Auswir- kungen auf die Ertrags- und Teilhabechancen von Technologien, Regionen und Betreibern – verständlich daher, dass Kritik laut wird und vorsorglich auch ein Ausbremsen der Energiewende beklagt wird. Über erstmals gedeckelte Windkraft oder klar zurückgestellte Bioenergie mag man durchaus streiten. Nach 20 Jahren Förderung jetzt auf mehr Wirtschaftlichkeit zu set- zen, ist aber richtig. Auch wäre es ein politischer Coup, wenn es dem neuen Wirtschafts- und Energieminister gelänge, die vielgeschmähte EEG-Förderpolitik mit dem kraftvollen Gestus einer „Reform an Haupt und Gliedern“, doch in ihren Grund- zügen kaum verändert, nachhaltig aus der Schusslinie zu ma- növrieren. Dies würde die Chance eröffnen, nach Beruhigung der Strompreis-Debatte die Aufmerksamkeit wieder verstärkt auf die wirklichen Herausforderungen der Energiewende zu lenken. Ob die Systemtransformation im Stromsektor gelingt und ob deren Kosten beherrschbar bleiben, entscheidet sich nämlich bei weitem nicht allein am Fördermechanismus: Netze und Speicher, Energieeffizienz, flexible Residuallastkraftwerke und Nachfragemanagement müssen hier ihre Systembeiträge liefern. Der regionale Erneuerbaren-Ausbau muss sinnvoll koordiniert und der Eigensinn der Bundesländer gezügelt werden. Und ein ertüchtigter Emissionshandel muss endlich dafür sorgen, dass flexible Gaskraftwerke den Markteintritt schaffen und nicht von der Kohle blockiert bleiben. Die langfris- tige Herausforderung einer Markt- und Systemintegration der in Deutschland überwiegend volatilen Erneuerbaren liegt erst noch vor uns. Das EEG bleibt hier Teil der Lösung – und nicht etwa des Problems. Foto:AndréKünzelmann,UFZ

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