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UFZ-Newsletter Mai 2015

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Mai 2015 11 in lebensmitteln – eine wesentliche Ursache dafür zu sein, dass die Zahl der Allergiker wächst. Was kann die Wissen- schaft dazu beitragen, den Verbraucher besser vor unerwünschter und ungesun- der chemie in Tierfutter und lebensmit- teln zu schützen? eine schnelle, einfache und bewusste Beur- teilung angesichts der Fülle und Vielfalt der Produkte. Vielleicht könnten sie sich vor zu viel Salz, Zucker und Fetten schützen. aber Dioxin, Pestizide oder acrylamide schme- cken sie nicht. Deshalb hat ja der Staat eine Schutzaufgabe. Vor allem für die Schwächs- ten, die Kinder. Noch einmal: Der mündige Verbraucher kann nur dann mündig agieren, wenn er geschützt ist. Und das bedeutet: größtmögliche Transparenz. Die haben wir nicht. Und die Lebensmittelindustrie tut alles dafür, dass das so bleibt. Wie sollte ihrer meinung nach das per- fekte kennzeichnungssystem aussehen? Das perfekte Kennzeichnungssystem kenne ich auch nicht. aber worauf es ankommt, das sind klare und verständliche angaben auf den Verpackungen. Was wir zurzeit finden, sind 80 Prozent meist irreführende Werbung und nur wenig echte information. Die Nährwerte müssten eindeutig angege- ben werden. Die Herkunft sollte klar gekenn- zeichnet werden. Der Verpackungsort reicht nicht, wenn ich als Verbraucher einheimi- sche Produkte kaufen möchte. auch über die Produktionsweise sollten informationen auf der Verpackung stehen. Foodwatch hatte sich für die lebens- mittel-Ampel eingesetzt. Die eU hat das modell abgelehnt. Warum? abgelehnt hat die ampel das Europäische Parlament – mit einer knappen Mehrheit. Diese Entscheidung entspricht ganz klar den interessen der Lebensmittelhersteller. Die Länder müssen damit die Nährwert- kennzeichnung anwenden, die die industrie vorgeschlagen hat. Eine zusätzliche ampel- kennzeichnung ist nicht erlaubt. Das wäre ein Eingriff in nationales Recht. ist die Ampel damit endgültig passé? ich bin sicher, die ampel wird wieder disku- tiert werden, weil die ernährungsbedingten Erkrankungen wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen zunehmen. Gerade bei Kindern. Die Weltgesundheitsor- ganisation spricht von einer Milliarde Men- schen weltweit mit Übergewicht (genauso viele hungern übrigens). Damit sind riesige Gesundheitskosten verbunden – 70 Milliar- den Euro pro Jahr allein in Deutschland. Allergien nehmen auch zu und kosten viel Geld. hier am UFZ untersuchen Wissenschaftler Ursachen und mecha- nismen, die zu Allergien führen. Neben den eigentlichen Allergenen scheinen chemikalien – ob in der Umwelt oder ich würde mir wünschen, dass die Wissen- schaft viel stärker in die öffentliche Debatte einsteigt. Das tut sie bisher zu wenig. Und unterstützt damit bedauerlicherweise untragbare Zustände, untragbar auch aus wissenschaftlicher Sicht. Das Interview führte Doris Wolst FOODwATcH-cHEF DR. THILO BODE Thilo Bode, geboren 1947, studierte Soziologie und Volkswirtschaft. Von 1972 bis 1975 promovierte er an der Universität Regensburg zu Direktinvestitionen in Entwick- lungsländern. Danach betreute er Projekte zum aufbau der Wasser- und Energiever- sorgung in der Dritten Welt, arbeitete für die Kreditanstalt für Wiederaufbau und be- riet Unternehmen bei ihrem Engagement in Entwicklungsländern. 1986 wechselte er aus der Entwicklungshilfe in die Wirtschaft. als Vorstandsassistent bei einem mittel- ständischen Metallkonzern war er für Strategie und Controlling sowie die Betreuung von Tochtergesellschaften zuständig. 1989 wurde er Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, 1995 von Greenpeace international. Die spektakulärste Kampagne wäh- rend dieser Zeit war sicherlich der Kampf gegen die Versenkung der Bohrinsel „Brent Spar“ in der Nordsee. in Peking protestierte Thilo Bode auf dem Platz des Himmli- schen Friedens gegen atomwaffen-Tests und wanderte dafür kurzzeitig ins Gefängnis. Für seine Verdienste um den Umweltschutz bekam er im Jahr 2001 das Bundesver- dienstkreuz. 2002 gründete Thilo Bode in Berlin die Verbraucherrechtsorganisation foodwatch, die er heute leitet. auslöser war der BSE-Skandal. Seitdem kämpft Thilo Bode mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dafür, dass die Verbraucher wissen, was in ihre Ein- kaufswagen und auf ihre Teller kommt. Thilo Bode ist autor mehrerer Bücher. 2003 erschien „Die Demokratie verrät ihre Kin- der“. Seine Streitschrift „abgespeist“ (2007) und „Die Essensfälscher“ (2011) wurden zum Bestseller. Darin rollt er die politischen Hintergründe von Lebensmittelskandalen und die Mechanismen des Lebensmittelmarktes auf. 2009 wurde Thilo Bode von der Schwab Foundation zum „Social Entrepreneur des Jahres“ gewählt. in seinem neuen Buch „Die Freihandelslüge: Warum TTiP nur den Konzernen nützt – und uns allen schadet“ zieht Thilo Bode nach seiner analyse der Folgen des geplanten Freihandelsabkommens das Fazit: TTiP muss gestoppt werden. Er stellt dabei klar, dass foodwatch ein großer Verfechter des fairen Freihandels ist – und genau deshalb gegen TTiP. Denn bei diesem abkommen gehe es nicht um Freihandel, sondern um Freibeuterei. Mit der Verabschiedung des abkommens zwischen der EU und den USa würde ein Regelwerk in Kraft gesetzt, das in erster Linie Konzernen nütze, während es der Mehrheit der Menschen in den USa und Europa schade. (Quelle: www.foodwatch.org) Foto:www.foodwatch.orgFoto:www.foodwatch.org Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Mai 201511

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