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UFZ-Newsletter Dezember 2015

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Dezember 2015 9 UFZ-Nachwuchswissenschaftler: Manuel Wolff Dept. Stadt- und Umweltsoziologie e-mail: manuel.wolff@ufz.de denen ärmere Bevölkerungsgruppen abwan- dern und wohlhabendere zuwandern. Die Stadtplanung dagegen interessiere sich für die Gesamtheit der leerstehenden Woh- nungen, also auch die sogenannten „nicht- marktaktiven Bestände“, die saniert werden müssen. „Tatsächlich muss die Gesamtzahl leerstehender Wohnungen die Grundlage jeder objektiven Stadtplanung bilden“, so der 30-Jährige. Genau diese Kontroverse um den ange- messenen Anteil leerstehender Wohnungen bildet eines der zentralen Forschungsfelder des Stadtgeografen. Bereits seit seiner Diplomarbeit an der Technischen Universität Dresden beschäftigt er sich mit den sozia- len, aber auch den ökologischen Auswirkun- gen schrumpfender Städte in Europa – den positiven wie den negativen. „Werden leerstehende Häuserblöcke abgerissen, entstehen neue Brachflächen und damit Le- bensräume für Flora und Fauna“, erklärt er. Und auch das Klima in der Stadt würde sich deutlich verbessern. „Andererseits wird die Stadt jedoch mehr und mehr ausgedünnt“, gibt er zu bedenken. Pro Kopf würden damit deutlich mehr Ressourcen verbraucht: Die Wege werden länger – sei es für die Müllab- fuhr, die Versorgung mit Wasser und Energie oder die Entsorgung von Abwasser. Und in Häusern, in denen nur einzelne Wohnungen bewohnt sind, müsse wegen unbewohnter Nachbarwohnungen mehr geheizt werden. Die „Spielwiese“ seiner Forschung ist Leipzig. Ein Paradebeispiel für den Spagat zwischen Knappheit und Leerstand von Wohnraum. Grund dafür: 2011 hatte Leipzig unter den deutschen Großstädten mit 12 Prozent noch den höchsten Leerstand zu Weniger Kinder, mehr alte Menschen, zuneh- mende Abwanderung vom Dorf in die Stadt – der demografische Wandel hat unterschiedli- che Facetten, die auch die Umwelt beeinflus- sen. Eine davon: leerstehende Wohnungen. Ein Überschuss davon einerseits, vor allem in kleinen und mittelgroßen Städten im Osten Deutschlands und den ehemaligen Stahlhochburgen des Ruhrgebiets. Ein Man- gel daran andererseits. Gerade in wirtschaft- lich starken Regionen wie Frankfurt am Main, Hamburg oder München kommen oft hunderte Bewerber auf eine Wohnung. „Obwohl in beiden Extremsituationen die Quote leerstehender Wohnungen ein höchst relevantes Thema ist, bleibt unklar, was zu hohe und zu niedrige Quoten sind und wie hoch eine „normale“ Leerstandsquote ist. Also der Prozentsatz freier Wohnungen, bei dem einerseits die Bevölkerung angemessen mit freiem Wohnraum versorgt und anderer- seits die Marktgängigkeit der Wohnungen sichergestellt ist“, so Manuel Wolff, der seit etwa zwei Jahren im UFZ-Department Stadt- und Umweltsoziologie seine Doktorarbeit schreibt. Ist etwa ein Leerstand von sechs Prozent moderat, problematisch oder gar schon krisenhaft? „Das wird ganz unter- schiedlich angegeben, oft je nach Perspekti- ve auf den Wohnungsmarkt.“ Die Immobilienwirtschaft etwa ermittele häufig niedrigere Leerstände, da sie oft nur „marktaktive“ Wohnungen als leerstehend betrachtet. Sprich, Wohnungen in desola- tem, nicht bewohnbarem Zustand werden nicht einbezogen. „Dieser marktaktive Anteil ist vor allem dann relevant, wenn es um steigende Mieten, Wohnungsknappheit und Gentrifizierung geht, also den Strukturwan- del bestimmter großstädtischer Viertel, in verzeichnen. Denn obwohl seit der Wende die Einwohnerzahlen lange zurückgingen, wurde massiv in den Ausbau und die Sa- nierung der gründerzeitlichen Bausubstanz investiert. „In den letzten fünf Jahren sinkt die Leerstandsquote jedoch im bundesdeut- schen Vergleich am schnellsten“, so Wolff. In manchen Stadtteilen sei kaum noch eine freie Wohnung zu finden. Sich selbst sieht der Geograf als echten Stadtmenschen: „Ich genieße das, was mir Leipzig bietet, gehe gern in einen der vielen Stadtparks und auf den Wochenmarkt. Oder setze mich einfach in ein Café und beobach- te das pulsierende Leben auf der Straße.“ Mit gemischten Gefühlen blickt Manuel Wolff auf seine Heimatstadt Görlitz, die zu einer Art restauriertem Freilichtmuseum he- rausgeputzt wurde, in dem dann aber doch nur wenige wohnen wollen. Prinzipiell könne er sich jedoch vorstellen, irgendwann dahin zurückzukehren: „Gerade wenn sich einer der neuen Trends der Arbeitswelt durchset- zen würde: Arbeiten von jedem beliebigen Ort der Welt.“ Verena Müller Leerstand und Knappheit von Wohnraum sind seine Forschungsfelder. Wo könnte Manuel Wolff diese Thematik besser erforschen als in Leipzig? (Foto: André Künzelmann, UFZ) Leerstand und Knappheit von Wohnraum sind seine Forschungsfelder. Wo könnte Manuel Wolff diese Thematik besser erforschen als in Leipzig? (Foto: André Künzelmann, UFZ) U F Z - N ac h wuc h s W i ss e nsc h aft l e r Auf der Suche nach der Lehre aus der Leere Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Dezember 20159

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