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UFZ-Newsletter Dezember 2015

8 UFZ-Newsletter | Dezember 2015 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Foto:AndréKünzelmann,UFZ Prof. Dr. Reimund Schwarze ist Klima­ experte im UFZ-Department Ökono- mie. Zudem ist er in gemeinsamer Berufung Professor für Internationale Umweltökonomie an der Europa-Uni- versität Viadrina in Frankfurt/Oder. Mit politisch-ökonomischen Analysen internationaler Klimaverhandlungen beschäftigt sich Prof. Schwarze seit über 15 Jahren. In diesem Kontext war er auch einer der Wissenschaftler, die als Experten und Beobachter vom 30. November bis 12. Dezember bei der 21. UN-Klimakonferenz in Paris dabei waren. Er berichtete davon u. a. via twitter.com/UFZ_de und www.scilogs.de/umweltforsch. e-mail: reimund.schwarze@ufz.de Punktlandung. Unter der strengen französischen Führung und nach langer Vorbereitung in einem historischen „Klimamara- thon“ von Vorverhandlungen des zurückliegenden Jahres ist es gelungenen, ein neues Weltklimaabkommen vorzulegen, dem 195 Nationen dieser Welt in einem feierlichen Akt zugestimmt haben. Jetzt kommt der schwierige Teil – die Umsetzung auf allen Ebenen. Das Paris-Abkommen löst das Kyoto-Protokoll in 2020 ab und regelt die langfristige globale Zusammenarbeit im Klimaschutz und bei der Bewältigung der Folgen des Klimawandels in einer völkerrechtlich verbindlichen Form. Es wird am „Tag der Erde“ am 22. April 2016 bei einer Sitzung der Vereinten Nationen (UN) in New York durch die Staats- und Regierungschef unterzeichnet und tritt in Kraft, „wenn mindestens 55 Staaten mit insgesamt mehr als 55 Prozent der weltweiten Emissionen“ das Abkommen anschließend in ihren Parlamenten ratifizieren. Und dies sind die Kernbestandteile des Paris-Abkommens: Es gibt langfristige Ziele: Die Erderwärmung soll „deutlich unter zwei Grad“ gesenkt werden; weitergehende Anstren- gungen zum 1,5 Grad-Ziel sind ausdrücklich erwünscht. Die Widerstandskraft der Länder im Klimawandel soll gestärkt und eine Entwicklung zur „Treibhausgasneutralität“, das heißt zu einem Gleichgewicht des Eintrags und des natürlichem Abbaus von Treibausgasen, soll ab 2050 angestrebt werden. Es gibt freiwillige Selbstverpflichtungen der Staaten zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung, die in einem selbstbe- stimmten nationalen Prozess festgelegt werden und ab 2023 alle fünf Jahre in einem UN-Prozess der gegenseitigen Beobachtung und Kontrolle im Sinne der Langfristziele überprüft werden. Es gibt Finanzzusagen der reichen Länder vor allem an die ärmsten Länder, die zugleich am meisten unter dem Klimawan- del zu leiden haben. 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr sind im Paris-Abkommen „als Basisbetrag“ ab 2020 genannt. Schon fünf Jahre später soll überprüft werden, ob diese Summe reicht, um die gewaltigen Aufgaben aus dem Paris-Abkommen in den Entwicklungsländern zu erfüllen. Für „Verluste und Schäden“ durch den Klimawandel in den kleinen Inselstaaten sollen unter anderem Klimaversiche- rungen eintreten. Die G7-Staaten haben dafür bereits jetzt 400 Millionen US-Dollar als Fördermittel zur Verfügung gestellt. Eine Staatshaftung oder „irgendeine Form des zwischenstaatli- chen Schadensersatzes“ werden aber ausdrücklich im Vertrag ausgeschlossen. Weil das Paris-Abkommen erst nach langer Zeit Wirkungen zeigen wird, der Druck aber schon heute immens ist, wurde ein Weg gefunden, der ein schnelles Handeln der Bürgerge- sellschaft befördert. Diese Lösungsagenda setzt da ein, wo die Staaten im Schritt-für-Schritt-Verfahren keine schnellen Lösungen bieten. Alles im allen ein Sieg der Diplomatie, der bereits beim Gipfel in Durban mit dem System der offenen Verhandlungen („Inda- bas“) begonnen hat und nun mit dem diplomatischen Durch- marsch-Regime des Laurent Fabius zu einem Erfolg geführt wurde. Fabius hat die Zügel sehr eng geführt. Mit dem Auftakt- mandat der Staats- und Regierungschefs für ein Abkommen im Rücken hat er die Unterhändler und schließlich auch die widerstrebenden Umweltminister dazu gebracht, Widersprüche im Verhandlungsdokument in einem Kompromissprozess aus- zutragen. Er benannte die stärksten Widersacher zu Schlich- tern, entsandte Emissäre in die Untergruppen zur Lösung der „Biggies“ (Problemcluster wie etwa Klimafinanzierung) und ließ sich über Verhandlungsfortschritte sowie Widerstände berichten. In der letzten, kritischen Runde holte er sich die Hilfe von ganz oben. US-Präsident Obama rief den chinesischen Staatschef Xi an, um die festgefahrene „USA-China-Achse“ des Paris-Abkommens zu lösen. Mit dem Abschluss des Paris-Abkommens haben die UN gezeigt, dass eine weltweite Klimaschutzkooperation in Verhandlungen möglich ist. Daran gab es nach dem Scheitern in Kopenhagen vor sechs Jahren erhebliche Zweifel und zahlreiche Vorschläge, wie der Klimaschutz subglobal durch „Klimaclubs“ oder die „Weltbürgerbewegung“ organisiert werden könnte. Ich bin davon überzeugt, dass beides zusammengehört: Globale Verträge und subglobale Anstrengungen der Bürgergesellschaft, mit den Städten und der Wirtschaft. Jetzt geht es an den schwierigen Part – die Umsetzung auf allen Ebenen. Die Chancen dafür stehen gut. Die Vision des vollständigen Verzichts auf Kohle, Öl und Gas ab 2050 beflügelt jetzt schon die Finanzwirtschaft, die begonnene Umschichtung ihrer Energieportfolios massiv zu verstärken. Link zum Paris-Abkommen: https://unfccc.int/documentation/documents/ advanced_search/items/6911.php?priref=600008831 Foto:TobiasHametner Standpunkt: Siegeszug der Diplomatie. Die fünf Säulen des Paris-Abkommens.

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