UM W E LT- UND B I OT E C HN O LO G IE P O RT R ÄT ZAUBERN MIT MIKROBEN Die Leipziger Biologin Prof. Katja Bühler bringt Mikroorganismen dazu, Wasserstoff zu produzieren. Die Energiewende gestaltet sie aber nicht nur als Forscherin am UFZ mit, sondern auch als Beraterin im Nationalen Wasserstoffrat der Bundesregierung. Von dem Blick auf dem Dach schwärmt Prof. Katja Bühler noch heute: Eine Weile ist es zwar schon her, dass sie zum ersten Mal da oben stand. „Man muss schon schwindelfrei sein“, sagt sie schmunzelnd, „aber dafür kann man über ganz Leipzig hinweg schauen!“ Für die Mikrobiologin ist das Forschungsdach aber vor allem wegen eines kleinen Ver- suchsreaktors interessant. Darin untersucht sie mit ihrem Team Mikroben, die perspektivisch für die Wasserstoff- produktion genutzt werden sollen. dass sie wesentlich robuster mit Umweltstress umgehen können. Dadurch verbessert sich die Prozessstabilität, die in Biofilmen sehr viel höher ist als in anderen Zellkulturen.“ „Wir wollen biologisch erzeugten Wasserstoff effizient, umwelt- und ressourcenschonend produzieren.“ Mit Mikroben zu zaubern, ist schon seit Beginn ihrer Karri- ere das Ziel von Katja Bühler. „Als ich frisch von der Schule an die Universität kam, hat mich vor allem die Zoologie gelockt“, erzählt die 48-Jährige im Rückblick – „aber dann merkte ich, in welch faszinierende Welten man in der Mikrobiologie eintauchen kann.“ In den 1990er Jahren war das, Bühler studierte an der Universität in ihrer Heimatstadt Hamburg, und sie erfasste intuitiv, dass im Bereich der Mikroben viel Neues passiert. „Mikroben können immer alles“, so fasst sie diesen Reiz zusammen: Selbst in den unwirtlichsten Gefilden richten sie sich ein. Und genau darauf basiert jetzt am UFZ in Leipzig ihre Forschung; sie arbeitet mit sogenannten Biofilmen – das sind die dünnen, glitschigen Schichten, die sich zum Beispiel auf stehenden Gewässern oder anderen Oberflächen bilden. „Sie sind oft resistent gegen Antibiotika und andere Biozide, deshalb sind sie allgemein unbeliebt“, sagt Katja Bühler: „Aber wir wollen uns ihre problematischen Eigenschaften zunutze machen.“ Biofilme hat Katja Bühler zum ersten Mal gesehen, als sie noch gar nicht ahnte, was sich alles hinter dem Schleim verbirgt: Sie stammt aus einer Seefahrerfamilie, ihr Vater war früher als Schiffsingenieur auf den Meeren unterwegs. „Und das, was sich am Schiffsrumpf bildet und was die Seeleute überhaupt nicht leiden können – das ist auch ein Biofilm!“ Die Begeisterung für das Wasser hat Katja Bühler indes nicht geerbt. „Wenn mein Vater mal gesegelt ist, war ich immer sehr gern dabei, aber nicht als aktive Seglerin, sondern eher als Ballast“, erzählt sie lachend. Sie war mit ihren Eltern lange Zeit in Südafrika, als ihr Vater seinen Job wechselte, im Landesinnern und damit ganz ohne Kontakt zur See. Nach ihrem Studium in Hamburg wechselte sie als Postdoc nach Zürich, wurde danach Gruppenleiterin für Technische Enzymologie an der Technischen Universität Dortmund und erhielt 2015 ihre doppelte Berufung ans UFZ nach Leipzig sowie als Professorin für die „Technolo- gie produktiver Biofilme“ an die TU Dresden. Man könne sich den Prozess so vorstellen wie in einer Fabrik, sagt sie und man spürt, dass sie ihre komplexe Forschung nicht zum ersten Mal erklärt: Die Enzyme im Biofilm übernehmen die Rolle von Maschinen, die Wasser- stoff produzieren. Und wie echte Maschinen benötigen sie dafür Energie, die sie aus der Sonnenenergie gewinnen – ein klassischer Biokatalyse-Prozess. Dass Katja Bühler für diesen Prozess Biofilme verwendet und nicht nur einzelne Bakterien, die darin vorkommen, hat System: „Wenn Bakterien als Biofilme wachsen, ändern sich diverse phy- siologische Parameter“, erläutert sie: „Das hat zur Folge, „Leipzig ist eine tolle Stadt“, sagt sie und schwärmt von deren Flair. Und wieder hat sie viel Wasser um sich herum; manchmal ist sie mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern im beginnenden Teenageralter per Kanu auf den Kanälen unterwegs, die einen Teil des Stadtgebiets und die weit- räumige Auenlandschaft durchziehen. Auf dem Forschungsdach sollen indes bald die ersten Mikrobenreaktoren stehen. „Bislang haben unsere Anla- gen gerade mal ein Volumen von knapp zwei Millilitern“, sagt sie. Nach und nach will sie das Volumen auf einen 18