Pressemitteilung vom 13. März 2009

Die biologische Vielfalt muss Teil der Vermeidungs- und Anpassungsbemühungen beim Klimawandel werden

Sieben Empfehlungen der internationalen Klimakonferenz "Beyond Kyoto: Addressing the Challenges of Climate Change"

Aarhus/Halle(Saale)/Potsdam. Der Klimawandel stellt eine der Hauptbedrohungen für die Artenvielfalt dar. Deshalb sei es nötig, dass die Biodiversität ein Teil der allgemeinen Vermeidungs- und Anpassungsbemühungen beim Klimawandel wird, so eine von sieben Empfehlungen, die auf einer internationalen Klimakonferenz im dänischen Aarhus verabschiedet wurden. Anfang März hatten sich dort über 1000 Vertreter aus Wissenschaft, Industrie, Politik und Nichtregierungsorganisationen getroffen, um die UN-Klimakonferenz COP15 vorzubereiten, die im Dezember in Kopenhagen stattfinden wird und das Kyoto-Protokoll fortschreiben soll.

Über 1000 Vertreter trafen sich, um UN-Klimakonferenz COP15 vorzubereiten

Anfang März haben sich an der dänischen Aarhus Universität über 1000 Vertreter aus Wissenschaft, Industrie, Politik und Nichtregierungsorganisationen getroffen, um die UN-Klimakonferenz COP15 vorzubereiten, die im Dezember in Kopenhagen stattfinden wird und das Kyoto-Protokoll fortschreiben soll.
Foto: Søren Stenkjær Kjeldgaard, AU Photo

Klimawandel als eine der Hauptbedrohungen für die biologische Vielfalt der Erde

Momentan steht die biologische Vielfalt unter einem starken Druck durch Landnutzung, biologische Invasionen und Verschmutzungen. Als Folge sind zahllose Arten vom Aussterben bedroht - so zum Beispiel ein Viertel der etwa 5500 Säugetierarten weltweit. In den nächsten einhundert Jahren wird der Klimawandel zu einem zusätzlichen Druck mit wahrscheinlich ernsten Folgen führen. Der Klimawandel beeinflusst bereits jetzt die Ökosysteme und die Artenvielfalt weltweit. Er führt zu Veränderungen bei Ökosystemfunktionen sowie dem Auftreten und der Verbreitung von Arten. Bei einem Ansteigen der globalen Durchschnittstemperatur um 1,5 bis 2,5 Grad Celsius dürften 20 bis 30 Prozent der Arten einem erhöhten Aussterbe-Risiko ausgesetzt sein.

Wird dem Klimawandel nicht gegengesteuert, so sind große Verluste unvermeidlich. Zusätzlich werden die Auswirkungen jedoch stark von den Wechselwirkungen mit anderen Triebkräften, insbesondere der Landnutzung, beeinflusst und meist verstärkt - wie auch Ergebnisse des vom UFZ koordinierten EU-Projektes ALARM zunehmend zeigen (www.alarmproject.net). Die Schlüssel-Anpassungsstrategien sind daher:

  1. Andere Belastungen für die Biodiversität reduzieren. Eine Anpassungsstrategie wäre beispielsweise die Reduzierung von Lebensraumverlusten, um die Pufferkapazität gegenüber dem Klimawandel zu erhöhen. Es ist deshalb entscheidend, dass Vermeidung und Anpassung (besonders in der Landnutzung wie z.B. beim Anbau von Biokraftstoffen) so durchgeführt werden, dass sie die Auswirkungen verringern und keinen zusätzlichen Druck auf die Biodiversität ausüben.
  2. Klimawandelintegrierte Naturschutzplanung: Die Aufrechterhaltung von existenzfähigen, verbundenen und genetisch vielfältigen Populationen durch eine Vielzahl an Mitteln (erweiterte Schutzgebiete, Gestaltung von widerstandsfähigen Schutzgebieten, lokales Management wie kontrolliertes Abbrennen zum Verringern von Brennstoffmengen usw., Aufzucht in Gefangenschaft, unterstützte Umsiedlung, Entwickeln neuer Lebensräume). Hier flossen zahlreiche Erkenntnisse von Projekten mit ein, die vom UFZ zum Teil gemeinsam mit dem PIK in Potsdam in den letzten Jahren durchgeführt wurden:
    MACIS - Minimisation of and Adaptation to Climate change Impacts on biodiverSity:
    www.macisproject.net
    Schutzgebiete Deutschlands im Klimawandel - Risiken und Handlungsoptionen:
    Schutzgebiete Deutschlands im Klimawandel

Schutz der Wälder als effektive Vermeidungsstrategie

Biodiversität und insbesondere Wälder machen einen Großteil der Lösungen des Klimawandelproblemes aus. Emissionen durch Landnutzungswandel, besonders die Abholzung der Tropenwälder, tragen bis zu 20 Prozent zu den vom Menschen verursachten Treibhausgasen bei. Ein wichtiger Aspekt der Vermeidungsstrategien ist daher der Schutz der Wälder einschließlich reduzierter Emissionen aus Abholzung und Waldabbau in Entwicklungsländern (REDD) - besonders bei kohlenstoff- und artenreichen Tropenwäldern. Eine Reduzierung des Drucks auf die Tropenwälder würde auch der Biodiversität direkt nutzen. Wiederaufforstung kann einen wichtigen Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung leisten und den Druck auf die biologische Vielfalt der Wälder verringern. Um diese Schlüsselvermeidungsstrategie umzusetzen, ist es absolut entscheidend, dass wirtschaftliche Strukturen aufgebaut werden, die Anreize schaffen für den Schutz der Wälder. Anpassung und Vermeidung beim Klimawandel in anderen Bereichen können positive, neutrale oder negative Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Synergien könnten gefördert werden durch integrierte Strategien, die die wichtigsten UN-Konventionen (wie die UN-Rahmenkonvention zum Klimawandel (UNFCCC) und die Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD)) verknüpfen.

Die sieben Empfehlungen aus Aarhus für die COP15:

  1. Klimapolitik: Alle Teile der Gesellschaft müssen in künftige Klimalösungen eingebunden werden.
  2. Biodiversität und Ökosysteme: Biodiversität muss ein integraler Bestandteil der allgemeinen Vermeidungs- und Anpassungsbemühungen werden.
  3. Landwirtschaft und Klimawandel: Wir müssen die Agrarproduktivität erhöhen, um den Verbrauch von Wasser und Land zu reduzieren.
  4. Nanotechnologie: Nanotechnologie wird zur nächsten industriellen Revolution führen und technologische Durchbrüche in der Entwicklung nachhaltiger Energielösungen anbieten.
  5. Bürger und Gesellschaft: Die COP15 sollte die Verpflichtungen der Aarhus Konvention und die Anreize für die Bürgerbeteiligung enthalten.
  6. Arktis: Sicherung einer nachhaltigen Entwicklung in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung in den betroffenen Gebieten.
  7. Integrierte Energielösungen: Einführung einer neuen Kohlenstoffwährung, die direkte Anreize schafft, neue Technologien ohne fossile Brennstoffe zu entwickeln.

Unter den zehn deutschen Teilnehmern waren drei als Hauptredner für das Thema "Biodiversität und Ökosysteme" geladen: Ingolf Kühn und Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Halle/S. und Wolfgang Cramer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).
Tilo Arnhold

Weitere Informationen:

PD Dr. Josef Settele/ Dr. Ingolf Kühn
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0345-558- 5320, -5311
PD Dr. Josef Settele Dr. Ingolf Kühn

Prof. Dr. Wolfgang Cramer
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK)
Telefon: 0331-288-2521
Prof. Dr. Wolfgang Cramer

Professor Ellen Margrethe Basse
Head of conference Beyond Kyoto
Aarhus University
Telefon: +45 23261829 (Mobil)
Professor Ellen Margrethe Basse

oder über

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Pressestelle
Tilo Arnhold
Telefon: (0341) 235 1269
presse@ufz.de

und

PIK Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: (0331) 288 2507
presse@pik-potsdam.de

Weiterführende Links:

Conference Beyond Kyoto:
www.klima.au.dk/dk/forside/konferencebeyondkyotoconferen

Theme 2 Biodiversity and ecosystems:
Biodiversity and ecosystems

7 recommendations from Aarhus to COP15!
www.au.dk/en/news/archive/2009/060309a

UN Climate Change Conference 2009 in Copenhagen (COP15):
http://en.cop15.dk

EU-Forschungsprojekt ALARM (Assessing LArge scale environmental Risks with tested Methods):
www.alarmproject.net

EU-Forschungsprojekt MACIS (Minimisation of and Adaptation to Climate change Impacts on biodiversity)
www.macis-project.net

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg 900 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit 25.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 15 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 2,3 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des großen Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erforscht Fragen zum Globalen Wandel, zu Klimawirkungen und zur Nachhaltigen Entwicklung. Welche Einflüsse hat der Mensch auf das Erdsystem, wie wirken Treibhausgase auf das Klima und wie können Weichen für ein global stabiles wirtschaftliches Wachstum gestellt werden, das den ökologischen Kapazitäten des Erdsystems entspricht? Diesen Leitfragen gehen die Forscher des Instituts in vier fächerübergreifend besetzten Forschungsbereichen nach. Natur-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler forschen gemeinsam; das 1992 gegründete Institut gilt als ein Pionier der interdisziplinären Forschung.
Das Potsdam-Insitut für Klimafolgenforschung (PIK) gehört der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) an. Zur Leibniz-Gemeinschaft gehören zurzeit 82 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung sowie sechs assoziierte Mitglieder. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute arbeiten strategisch und themenorientiert an Fragestellungen von gesamtgesellschaftlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 14.200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 6.500 Wissenschaftler, davon wiederum etwa 2.500 Nachwuchswissenschaftler.