Pressemitteilung vom 19. Oktober 2007

Problem Flächenversiegelung & Grundwasser

Einzigartige Langzeitstudie über die Landnutzung im Stadtgebiet von Leipzig

Leipzig. Der seit Jahren enorme Flächenverbrauch in Deutschland hat dramatische Konsequenzen für den Grundwasserspiegel. Durch die zunehmende Versiegelung gelangt immer weniger Regenwasser in den Boden und das Hochwasserrisiko steigt. In Leipzig verdreifachte sich seit 1940 fast die Menge des abfließenden Wassers – dagegen sank die Menge des versickerten Wasser beinahe um ein Fünftel. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) in einer Fallstudie. Dazu werteten sie Daten über Landnutzung, Klima, Wasserhaushalt, Relief, Vegetation und Boden in Leipzig aus den Jahren 1870, 1940, 1985, 1997 und 2003 aus.

Anlage zur Radiofrequenz-Bodenerwärmung

Durch die Bebauung großer Flächen am Rande Leipzigs kann seit der Wende immer weniger Regenwasser versickern. Die Folgen: Der Grundwasserspiegel sinkt und das Hochwasserrisiko steigt.
Foto: Norma Neuheiser/UFZ

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Die Grafik zeigt wie der Flächenverbrauch auf dem Gebiet der Stadt Leipzig zugenommen hat.

Die Grafik zeigt wie der Flächenverbrauch auf dem Gebiet der Stadt Leipzig zugenommen hat.
Quelle: D. Haase/H. Nuissl/UFZ

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Zu Spitzenzeiten war Leipzig Deutschlands viertgrößte Stadt. Über 700.000 Menschen lebten Anfang der dreißiger Jahre in der Messe- und Industriestadt. Obwohl die Bevölkerung seit dem deutlich gesunken ist und inzwischen nur noch rund 500.000 beträgt, wucherte die Stadt weiter ins Umland. Die bebaute Fläche nahm allein seit der Wende um 10 Quadratkilometer zu. Für ihre Untersuchung werteten die UFZ-Wissenschaftler historisches und aktuelles Kartenmaterial aus. Diese Daten ergänzten sie mit Satellitenbildern und eigenen Kartierungen. So entstand eine einzigartige Langzeitstudie über die Landnutzung im Stadtgebiet von Leipzig. Dabei zeigte sich, dass Änderungen in der Flächennutzung zwangsläufig auch zu Änderungen im Wasserhaushalt führen. Entsiegelungsmaßnahmen und eine möglichst naturnahe Gestaltung der Bodenoberfläche in städtischen Bereichen können die Situation dagegen erheblich verbessern.

Zwar ist der anhaltende Flächenverbrauch unter Fachleuten und Planern mittlerweile zum Thema geworden. Umweltprobleme wie die Auswirkungen der Flächenversiegelung auf den Wasserhaushalt spielen dabei jedoch nur eine geringe Rolle. Die fachübergreifende Untersuchung dieser Probleme zeigte die Ursachen hierfür auf. Sie liegen vor allem darin, dass es sich bei ihnen um einen schleichenden Prozess handelt, der im Alltag nicht wahrnehmbar ist und dort auch keine unmittelbaren Gefährdungen mit sich bringt. Langfristig können sich aber Ökosysteme auf diese Weise instabil werden. Um Ansatzpunkte dafür aufzuzeigen, wie sich schleichende Prozesse wie die Veränderung des Wasserhaushalts in den Griff bekommen lassen, ist daher die interdisziplinäre Zusammenarbeit Sozialwissenschaften-Landschaftsökologie-Hydrologie hilfreich. Sie verknüpft naturwissenschaftliche Forschungsergebnisse mit Erkenntnissen darüber, wie die Gesellschaft auf die untersuchten Phänomene reagiert und welche Instrumente der Einflussnahme zur Verfügung stehen. Erste praktische Ergebnisse dieser Kooperation gibt es bereits. Die von den UFZ-Wissenschaftlern erarbeiteten Daten werden durch das Amt für Umweltschutz der Stadt Leipzig bei der Erstellung eines neuen Landschaftsplanes genutzt.

Publikation:

Haase, D., Nuissl, H. (2007):
Does urban sprawl drive changes in the water balance and policy? The case of Leipzig (Germany) 1870-2003
Landscape and Urban Planning 80 (1-2), 1-13
Does urban sprawl drive changes in the water balance and policy?

Links:

Stadt Leipzig: Stadtentwicklung
www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/lsp/schutz/daten
www.leipzig.de/de/buerger/stadtentw/lsp/ergebnis

Weitere fachliche Informationen:

Dr. Dagmar Haase
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-3950
Dr. Dagmar Haase

und

PD Dr. Henning Nuissl
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
Telefon: 0341-235-2696
PD Dr. Henning Nuissl

oder über

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ
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Telefon: +49 (0)341 235 2278
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