Pressemitteilung vom 14. Februar 2013

In Blaumann und Gummistiefeln zum FameLab-Triumph

Leipzig. Man nehme einen Physiker, gekleidet in Blaumann und gelbe Gummistiefel, bewaffnet mit Gießkanne, Gummientchen und Tischtennisbällen, und garniere dies mit einer ganzen Menge Witz und Wissen – und schon haben wir ihn, den frischgebackenen Gewinner des diesjährigen FameLab Sachsen! Dem Wissenschaftler gelang gestern Abend in der Moritzbastei, was vielen als unmöglich erscheint: Den Bogen zu schlagen vom Kosmos zum kleinsten Bodenteilchen. Und das in nur drei Minuten.

Physiker Martin Schrön (UFZ) beim FameLab-Wettbewerb 2013 in Leipzig

Physiker Martin Schrön (UFZ) erklärte mithilfe bunter Tischtennisbälle die Frage: „Was können uns explodierende Sterne über Bodenfeuchtigkeit erzählen?“ und wurde Sieger des FameLab Sachsen.
Foto: Swen Reichhold/Uni Leipzig

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Dr. Jana Burkhardt vom Translationszentrum für Regenerative Medizin der Universität Leipzig beim FameLab-Wettbewerb 2013 in Leipzig

Platz zwei ging an die „Körperpolizistin“ Dr. Jana Burkhardt vom Translationszentrum für Regenerative Medizin der Universität Leipzig
Foto: Swen Reichhold/Uni Leipzig

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Lizenz: CC BY 3.0

Martin Schrön (27) ist Doktorand am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Hier beschäftigt er sich damit, wie kosmische Strahlung genutzt werden kann, um den Wassergehalt von Böden zu messen. „Wie feucht der Acker ist und wieviel ich daher gießen muss, steht womöglich in den Sternen“, philosophiert Schrön, während er auf der Bühne das virtuelle Ackerfeld vor sich mit einer roten Gießkanne „wässert“. „Denn dadurch, dass Sterne im Universum sterben, werden permanent Neutronen bei uns auf die Erde geschleudert“, beginnt er zu erklären und wirft bunte Tischtennisbälle zur Veranschaulichung in die Luft. „Eigentlich lassen sich diese Neutronen durch nichts beirren, denn sie sind neutral und interessieren sich überhaupt nicht für geladene Teilchen“, erklärt der Nachwuchsforscher weiter. Eine Ausnahme ist Wasser, denn sein Wasserstoff hat die Fähigkeit, diese Neutronen abzubremsen. „Und damit sind wir beim Boden. Dem feuchten Boden. Je weniger freie Neutronen wir messen, desto feuchter der Boden.“

„Cosmic Rays und Soil Moisture“ nennt sich Schröns Fachgebiet im Wissenschaftsjargon. Eine hochkomplizierte Angelegenheit, die selbst bei interessiertem Publikum nur Fragezeichen hervorruft. Häufig auch Unverständnis. „Und wozu brauchen wir das?“, ist daher eine der typischen Fragen, mit denen Forscher konfrontiert werden. Umso wichtiger ist es, dass es solche Veranstaltungen wie FameLab gibt. Hier wird Jungwissenschaftlern die Möglichkeit gegeben, die komplexen Zusammenhänge ihrer täglichen Forschung mit Hilfe einfacher Requisiten anschaulich und leicht verständlich zu erklären.

Besonders geschickt gelingt das auch Jana Burkhardt (31), Medizinerin an der Universität Leipzig. Als Polizistin verkleidet schlüpft sie in die Rolle von T-Zellen. Der „Körperpolizei“, wie sie sie treffend nennt. Denn als Teil des Immunsystems bekämpfen T-Zellen gefährliche Krankheitserreger. Fatal jedoch, wenn sie körpereigene Stoffe als solche Erreger ansehen. Denn dann kann es zu schwerwiegenden Überreaktionen kommen. Um dies zu verhindern, beschäftigt sich die aufgeweckte Wissenschaftlerin an der Universität Leipzig damit, wie man die Signal-„Antenne“ dieser Zellen manipulieren kann, sodass das falsche Signal „Krankheitserreger“ unterbrochen wird. Als Zweitplatzierte reist sie gemeinsam mit Martin Schrön am 4. Mai zum Deutschland-Finale des FameLab nach Bielefeld.

Tosenden Beifall ernten auch die anderen Kandidaten. Insgesamt sieben junge Talente verschiedenster wissenschaftlicher Fachrichtungen ringen mit „Beziehungstipps aus der Mikrobiologie“, einem Gespräch zwischen Arzt und Patient „Fluss“ oder der Frage „Is there an(t)ibody out there?“ im Scheinwerferlicht um Ruhm und Ehre. Und machen es der Jury nicht leicht, die Sieger zu krönen: Prof. Georg Teutsch vom UFZ, Prof. Beate Schücking von der Uni Leipzig, GEO-Redakteurin Johanna Wieland und MDR-Moderator Ingolf Becker haken deshalb nach, wenn etwas unklar bleibt, bohren in die Tiefe und wägen sorgsam zwischen Entertainment- und Erkenntnisgehalt der einzelnen Vorträge ab.

„Gerade wir Journalisten freuen uns, wenn Wissenschaftler ihre Forschung anschaulich erklären und in eine spannende Story verpacken können“, meint Jurymitglied Wieland. „Unsere Zeitschrift lebt von solchen Geschichten“, und übergibt den Publikumspreis, zwei GEO-Jahresabos. Denn sowohl der Physiker Schrön als auch der Mathematiker Giovanni Dalmasso vom UFZ erklimmen hohe Werte auf der Applausskala. Als einziger englischsprachiger Kandidat schafft es Dalmasso mit seinen bunten Luftballons, die Zuschauerherzen für die mathematischen Geheimnisse hinter der Differenzierung von T-Lymphozyten zu gewinnen. Und zeigt damit, dass auch das möglich ist: Auf geschickte unterhaltsame Art und Weise eine Brücke zwischen Mathematik und Biologie zu schlagen.

Von wegen verstaubte, trockene Natur- und Technikwissenschaften! Dass das Interesse daran groß ist, zeigte sich wieder beim diesjährigen FameLab Contest: Die Veranstaltungstonne der Moritzbastei im Herzen Leipzigs war bis auf den letzten Zentimeter ausgefüllt. Sodass es dann am Ende des Abends für die Kandidaten vor großem Publikum heißen konnte: „Drei, zwei, eins – meins!“. Denn nicht nur Preise, sondern vor allem Anerkennung und Respekt waren ihnen sicher.
Verena Müller

Der Wettbewerb FameLab fand in diesem Jahr zum zweiten Mal in Sachsen statt und wurde gemeinsam von der Universität Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) veranstaltet. Die Videos der einzelnen Beiträge und die Gewinner-Vorträge sind in Kürze auf der Homepage www.famelab-germany.de zu sehen.

Die Preisträger

1. Platz: Martin Schrön, Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)
300 Euro + Teilnahme an der Masterclass in Berlin + Teilnahme an Deutschland-Finale in Bielefeld (4. Mai)

2. Platz: Jana Burkhardt, Universität Leipzig
300 Euro + Teilnahme an der Masterclass in Berlin + Teilnahme an Deutschland-Finale in Bielefeld (4. Mai)

Publikumspreis (2 x GEO-Jahresabo):
Martin Schrön und Giovanni Dalmasso, beide UFZ

Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt. Sie befassen sich mit Wasserressourcen, biologischer Vielfalt, den Folgen des Klimawandels und Anpassungsmöglichkeiten, Umwelt- und Biotechnologien, Bioenergie, dem Verhalten von Chemikalien in der Umwelt, ihrer Wirkung auf die Gesundheit, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Ihr Leitmotiv: Unsere Forschung dient der nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen und hilft, diese Lebensgrundlagen unter dem Einfluss des globalen Wandels langfristig zu sichern. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg über 1.100 Mitarbeiter. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

Die Helmholtz-Gemeinschaft leistet Beiträge zur Lösung großer und drängender Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft durch wissenschaftliche Spitzenleistungen in sechs Forschungsbereichen: Energie, Erde und Umwelt, Gesundheit, Schlüsseltechnologien, Struktur der Materie, Verkehr und Weltraum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist mit über 31.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 18 Forschungszentren und einem Jahresbudget von rund 3,4 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands. Ihre Arbeit steht in der Tradition des Naturforschers Hermann von Helmholtz (1821-1894).