Workshop „Agrarlandschaften heute und morgen – Landwirtschaftliche Bewirtschaftung in Nordwestsachsen unter Klimawandel“, Eilenburg, 9. Februar 2023

Der erste Workshop in unserer Fallstudienregion fand am 9. Februar im Bürgerhaus Eilenburg statt. Wir haben uns über reges Interesse und eine diverse Gruppe von 17 Teilnehmenden aus der Landwirtschaft, von unserem Praxispartner Landschaftspflegeverband Nordwestsachsen e. V. sowie vom Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) gefreut.

© Andrea Kaim
Volles Haus im Bürgerhaus Eilenburg.

Das Thema des Workshops waren die für Nordwestsachsen typischen Bewirtschaftungsstrategien sowie die Erwartungen der Teilnehmenden, wie sich diese in den nächsten 10–20 Jahren aufgrund verschiedener Veränderungsprozesse (insbesondere Klimawandel) ändern werden.

Wir haben uns den Fragen in drei interaktiven Schritten genähert: (1) Bewirtschaftungspraktiken „Heute“, (2) Veränderungsgründe und (3) Bewirtschaftungspraktiken „Zukunft“.

Bewirtschaftungspraktiken „Heute“

Zunächst ging es um die Verständigung über den Status Quo. Anhand einer Liste von Bewirtschaftungspraktiken, die für AgriScape potenziell relevant sein können, wurde die Verbreitung/Relevanz im Fallstudiengebiet bewertet (als gar nicht/kaum verbreitet, wenig verbreitet, verbreitet).

Von den abgefragten Bewirtschaftungspraktiken wurden folgende als für die Fallstudienregion typisch erkannt: wendende und nichtwendende Bodenbearbeitung (auch als Mischung), stabilisierte Dünger bei mineralischer Düngung, Unterfußdüngung (vor allem bei Mais), Leguminosenanbau, Fruchtfolgen von mindestens vier Früchten, Anbau von Zwischenfrüchten und Energiepflanzen (vor allem Mais), Glyphosateinsatz und integrierter Pflanzenschutz, Blühstreifen und Pufferstreifen. Im Bereich Grünland liegt der Schwerpunkt aktuell auf Mahd, obwohl Beweidung auch verbreitet ist. Keine hohe Verbreitung finden mehrjährige Kulturen, kurze Fruchtfolgen (max. drei Früchte), sowie Bewässerung (die bisher vor allem im Kartoffelanbau eine Rolle spielt). Bio-Landwirtschaft und Precision Farming wurden ebenfalls als verbreitet eingeschätzt. Die Landschaftsstruktur ist aufgrund geringer Verbreitung von kleineren Schlägen, Hecken und Dauerbrachen recht „ausgeräumt“. Als untypisch wurden Direktsaat, (Einarbeitung von) Pflanzenkohle, Tiefen- bzw. Meliorationsdüngung, Mischkulturen, Rotationsbrache sowie Untersaaten erkannt.

Veränderungsgründe

Im nächsten Schritt wurden die Teilnehmenden zunächst in kleine Gruppen aufgeteilt und sollten jeweils die drei wichtigsten Prozesse/Gründe identifizieren, aufgrund derer sich die Landwirtschaft in der Fallstudienregion verändern wird bzw. wird verändern müssen.

Auch hier waren die Ergebnisse weitgehend übereinstimmend. Als die wichtigsten Veränderungsgründe wurden neben dem Klimawandel Veränderungen auf den Märkten (Nachfrage durch Konsument:innen, Veränderungen in Wertschöpfungsketten und auf globalen Märkten) sowie in der Agrarpolitik identifiziert. Auch künftig zu erwartende Fachkräftemängel (inkl. Problemen bei der Hofnachfolge) sowie (die Notwendigkeit von) Bildung und Aufklärung bei Konsument:innen wurden als bedeutsam genannt.

Bewirtschaftungspraktiken „Zukunft“

Im letzten Schritt wurde die Bewertung von Bewirtschaftungspraktiken wiederholt. Diesmal sollte die Einschätzung allerdings die Erwartungen für die Zukunft betreffen, unter Berücksichtigung der gemeinsam identifizierten Veränderungsprozesse.

Einige markante Veränderungen werden erwartet im Vergleich mit dem Status Quo, die vor allem mit der Notwendigkeit der Anpassung an den Klimawandel (aber auch mit erwarteten Politikänderungen) in Verbindung gebracht werden. So wird nach Meinung der Workshop-Teilnehmenden die Relevanz der Direktsaat bzw. generell von Verfahren steigen, die ohne den Pflugeinsatz auskommen. Im Bereich des Pflanzenschutzes wird die Beendigung der Zulassung von Glyphosat erwartet, was in einem interessanten Spannungsverhältnis steht mit der prognostizierten erhöhten Relevanz der Direktsaat. Geringere Anstiege werden in der Relevanz von mehrjährigen Kulturen, Mischkulturen und Untersaaten gesehen. Bei Fruchtfolgen wird von einem Anstieg von aktuell vier auf fünf Früchte im konventionellen und auf bis zu sieben Früchte im ökologischen Anbau ausgegangen. Auch Rotationsbrachen, Hecken und kleinere Schläge könnten nach Ansicht der Teilnehmenden künftig eine etwas größere Rolle spielen, auch wenn hier durchaus Meinungsverschiedenheiten zu beobachten waren. Im Bereich Grünland wird von einem Übergang zu mehr Beweidung und Extensivierung ausgegangen. Die meisten gerade im Ackerbau erwarteten Veränderungen zielen in Richtung einer erhöhten Diversität. In vielen Fällen wird dies durch die Notwendigkeit begründet, Wasser in der Landschaft zu halten angesichts erwarteter Trockenphasen. Aus ähnlichen Erwägungen heraus wird der Bewässerung für die Zukunft eine etwas größere Rolle beigemessen. Als eher neue Entwicklungen (neben der bereits erwähnten Direktsaat) werden eine stärkere Rolle für Agroforstsysteme, Verwendung von angepasstem Saatgut sowie Agri-Photovoltaik erwartet.

Sowohl für „heute“ als auch für die Zukunft wurden räumliche Unterschiede innerhalb der Region diskutiert, die vor allem mit der Bodenqualität zusammenhängen. Wo die Böden besser sind (insbesondere im westlichen Teil der Fallstudienregion, um Delitzsch herum), spielt Grünland eine geringere Rolle, sind die Schläge größer und die Bewirtschaftung intensiver – dafür aber mit längeren Fruchtfolgen. Die besseren Böden dürften bessere Voraussetzungen für den Umgang mit klimawandelbedingter Wasserknappheit bieten.

Als letzten für die Zukunft relevanten Punkt wurden Pachtverhältnisse in Nordwestsachsen diskutiert. Diese wurden als potenzielle Barriere für notwendige Anpassung in der Zukunft gesehen, vor allem aufgrund des hohen Pachtanteils (laut Daten des Statistischen Bundesamtes werden in der Region ca. 65% der landwirtschaftlichen Flächen gepachtet), der steigenden Rolle von außerlandwirtschaftlichen Investoren sowie der immer höheren Pachtpreise.

Wie geht es weiter?

Die durch den Workshop generierten Informationen und geknüpften Kontakte sind die Basis für die weitere Arbeit von AgriScape. Sie werden uns erlauben, unsere Forschung so auszurichten, dass sie für die Fallstudienregion (und darüber hinaus) relevant sein wird. Dafür bedanken wir uns bei den Teilnehmenden für ihren Beitrag und freuen uns auf weitere Zusammenarbeit und weiteren Austausch – sei es durch künftige Workshops, Betriebsbesuche oder Interviews.