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UFZ-Newsletter Oktober 2016

8 UFZ-Newsletter | Oktober 2016 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ her und Waschmaschinen haben. Aber: Ich verbrauche ja keinen Fernseher und keine Waschmaschine – ich nutze sie nur. Also sind das Gegenstände, die beliebig oft in die Technosphäre zurückgehen müssen. Für Sie ist Nachhaltigkeit kein Nutzungs- konzept, nachgeschaltete Umwelttechnik die falsche Herangehensweise. Warum? Nachhaltigkeit ist zuerst einmal langweilig: Echte Innovation kann nicht nachhaltig sein. Sonst wäre es ja keine. Die Dampfmaschine war nicht nachhaltig für die Pferdefuhr- werksbesitzer. Das Mobiltelefon war nicht nachhaltig für die Festnetzbetreiber. Nachhaltigkeit war wichtig, um erst mal zu begreifen, welche Probleme man hat. Das ist aber heutzutage so eine Art Schuldmanage- ment. Eine Art religiöse Handlung, die uns sagt, wir müssen jetzt darüber nachdenken, nur das zu nutzen, was auch wieder nach- wächst. Das ist aber eine Selbstverständ- lichkeit. Das ist kein Zukunftskonzept. Was läuft also falsch? Wir verstehen ja unter Umweltschutz, we- niger kaputtzumachen. Schützt die Umwelt, Herr Braungart, Sie propagieren eine Welt ohne Umweltverschmutzung und Abfall, weil Verbrauchsgüter gefahrlos aufgebraucht und Gebrauchsgüter end- los wiederverwertet werden können. Gab es für Sie als Chemiker für diese Vision so etwas wie eine Initialzündung, ein einschneidendes Erlebnis? Die Denkweise ist zu kurz gegriffen. Denn ich denke vor allem an eine Welt, die nützlich ist. Die alle Materialien entweder in technischen Kreisläufen führt – der Techno- sphäre. Oder in biologischen Kreisläufen – der Biosphäre. Alles ist Nährstoff für die Techno- und die Biosphäre. Darum gäbe es keinen Abfall. Der Unterschied zwischen den Ameisen und uns ist, dass wir Abfall machen. Die Biomasse der Ameisen ist vergleichswei- se etwa vier Mal höher als die der Menschen. Aber die Ameisen machen keinen Müll. Es gilt darum, alles noch mal neu zu erfinden. Das menschliche Leben ist aber komple- xer als das der Ameisen! Warum wollen wir dümmer sein als die Ameisen? Natürlich wollen wir nicht nur so vor uns hin leben, wir wollen auch Fernse- Eine Welt ganz ohne Verschmutzung und Abfall – die kann sich Prof. Dr. Michael Braungart vorstellen. Ihr widmet der Chemiker und Verfahrenstechniker sein For­ scher­ leben. Mit einem sehr unterhaltsamen Vortrag zu seinem Cradle-to-Cradle-Kon- zept begeisterte Michael Braungart seine Zuhörer am UFZ. Seine Thesen und Beispiele eröffneten neue Sichtweisen, führten zu anregenden Diskussionen. „Durch intelligente Verschwendung zur Überflussgesellschaft“ be- schreibt ein Konzept, das Stoffkreisläufe in Bio- und Technosphäre schaffen will. Michael Braungart ist auch Praktiker, was die von ihm und seinem Team entwickel- ten schadstofffreien Produkte beweisen. macht weniger Müll, verbraucht weniger Wasser, Energie und sonst was. In der Logik hat aber die DDR die Umwelt besser geschützt. Denn das System war weniger effizient. Wenn sie vor 25 Jahren durch Mecklenburg-Vorpommern gefahren sind, ging ihnen das Herz auf. Die DDR konnte Feuchtgebiete nicht zerstören. Heute ist das eine Agrarsteppe. Die ganzen Tierarten sind weg, abgesehen von ein paar Sprengseln. Zwar gab es lokal hohe Belastungen. Aber insgesamt waren die Bodenqualitäten im Osten viel besser als im Westen, weil man sich den Kunstdünger in der hohen Menge nicht leisten konnte. Heute sind die Böden kontaminiert, unter anderem mit Schwerme- tall und Radioaktivität. Die Situation in Bitterfeld war wirklich gruselig. Aber die Allergien kommen jetzt, weil man sich jetzt die Konservierungsstoffe leisten kann oder die Additive in den Lebens- mitteln, die waren vorher nicht da. Asthma war früher ein Fremdwort. Jetzt ist es die häufigste Kinderkrankheit. Warum? Weil man die Gebäude versiegelt, um sie „dicht“ zu machen. Wenn man die falschen Dinge per- fekt macht, sind sie nur perfekt falsch. Dar- um ist es erst mal wichtig zu fragen: Was ist gesunde Luft? In einem Gebäude ist die Luft drei bis acht Mal schlechter als schlechte Außenluft, weil die Teppiche, die Farben, die Klebstoffe und die Möbel nie für Innenräume gemacht worden sind. Der Fernseher ist auch nie für Innenräume gemacht worden. Er ist nur gebaut worden, damit er funktioniert. Wir haben jetzt den ersten Fernseher für Innenräume entwickelt, der gibt 30.000 Mal Am 23. Mai 2016 war der Chemiker und Verfahrenstechniker Michael Braungart als Referent der 12. Helmholtz Environ- mental Lecture (HEL) zu Gast im UFZ.  (Foto: André Künzelmann, UFZ) „Die Grenze unseres Planeten ist unsere Intelligenz“

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