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UFZ-Newsletter Oktober 2016

Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Oktober 2016 5 UFZ-Ansprechpartner: Dr. Daniel Karthe Dept. Fließgewässerökologie und Aquatische Systemanalyse e-mail: daniel.karthe@ufz.de Fällen dauert es sogar mehrere Tage, bis ein Erreger nachgewiesen werden kann. EDIT hat einen weiteren Vorteil: Für das neue Verfahren ist kein großes Labor notwendig. Die gesamte Anlage nimmt nur wenig Platz in Anspruch. Die erste Filtrations-Stufe, die Cross Flow Ultrafiltration (CUF), ist mit zwei Kubikmetern und etwa 180 Kilogramm der größte und schwerste Teil der Anlage. „Wir können die Untersuchungen in einigen Fällen auch ohne die CUF durchführen. Weil unser System bereits in Teilen mobil einsetzbar ist, verkürzt sich die Analysezeit noch einmal um eine Stunde“, erläutert Karthe. Ein komplett mobiles System ist aber derzeit noch nicht realisierbar. Mit EDIT wäre zudem auch ein kontinuier­ liches Monitoring möglich. Theoretisch könnte man das Wasser jede Stunde unter- suchen. Allerdings, gibt Karthe zu bedenken, werden dafür immer 1.000 Liter Wasser benötigt. Eine Menge, die für Wasserwerke durchaus finanzielle Dimensionen hätte. Bis zur Marktreife ist es noch ein weites Stück Nach drei Jahren Projektarbeit kann das Forscherteam erste Funktionsmuster und Machbarkeitsanalysen vorweisen: Die ers- ten Filtrations- und Analyseanlagen laufen bei Wasserversorgern in Berlin, Magdeburg und Marburg im Test-Betrieb. „Bis wir tat- sächlich ein komplett marktreifes Produkt haben, kann es aber noch mehrere Jahre dauern“, sagt Daniel Karthe. So müssten zum Beispiel die Trinkwasserverordnung angepasst und das EDIT-Verfahren als Alter- native für die Kultivierungs-Tests zugelassen werden. Dafür wären noch zahlreiche Labor- und Praxistests bei großen und kleinen Wasserversorgern notwendig. In diesem Jahr will das Projektteam um Daniel Karthe das EDIT-System noch einmal unter realen Bedingungen überprüfen. Wich- tigster Praxispartner dabei sind die Berliner Wasserbetriebe, die über eine Teststrecke aus Wasserleitungen verfügen, die zuvor im normalen Wassernetz im Einsatz waren. Hier können die Forscher das Wasser gezielt mit Bakterien oder Viren versetzen und ihr System unter nahezu realen Bedingungen testen. Durch die genaueren Detektionsmöglichkei- ten ergeben sich aber auch neue Fragestel- lungen: Was sagen die neuen Werte den Wasserversorgern genau und welche Folgen haben sie? Bisher gilt: Lässt sich in 100 Millilitern Wasser ein Indikatorbakterium finden, ist der Befund problematisch. Aber was ist, wenn in 1.000 Litern ein Erreger gefunden wird? Für solche Fälle müssten Festlegungen getroffen werden, die auf ein sinnvolles Kosten-Nutzen-Verhältnis für die Betreiber und die Bürger abzielen. Denn: Je mehr Untersuchungen gemacht und je mehr Befunde erstellt werden, desto teurer könnte auch das Wasser werden. Fereshte Sedehizade ist Ingenieurin im Bereich Wasserversorgung der Berliner Wasserbetriebe und seitens dieses Praxis- partners eng ins Projekt EDIT eingebunden: „Wir brauchen dringend solche Detektions- systeme, mit denen wir schneller als bislang Kontaminationen erkennen können. Das ist die Basis für uns, um die Ausbreitung von Krankheitserregern oder anderen Schad- stoffen berechnen und effektive Gegenmaß- nahmen einleiten zu können.“ EDIT als Teil eines modernen Wasser­ überwachungssystems Auch wenn das EDIT-Hygienemonitoring gegenüber der heutigen Überwachung bereits deutliche Vorteile hat, wünscht sich Fereshte Sedehizade mehr. Sie sieht den EDIT-Ansatz als Baustein eines moder- nen und automatisierten Systems für ein umfassendes chemisches und biologisches Wassermonitoring und Krisenmanagement. Denn in der Praxis spielen auch chemische Belastungen des Wassers, etwa durch Nitrat (durch biogen abgebaute Stickstoffverbin- dungen aus Landwirtschaft und Haushalten) oder Kupfer (durch Trinkwasserinstallatio- nen), eine wichtige Rolle. Für das Berliner Trinkwassernetz mit rund 8.000 Kilometern könnte das Monitoring zum Beispiel ein Netzwerk aus kleinen, dezentral verteilten Sensoren übernehmen, mit dem sich die Qualität des Trinkwassers automatisch und kontinuierlich an vielen verschiedenen Stellen des Wassernetzes überwachen lässt. Dafür wären mehrere Hundert Sensoren notwendig. Komplette EDIT-Filteranlagen und Nachweisverfahren wären dafür derzeit deutlich zu groß und zu teuer. Derzeit. Tom Leonhardt, Doris Wolst, Susanne Hufe TRINKWASSER – UNSER WICHTIGSTES LEBENSMITTEL Als Trinkwasser wird das Wasser definiert, das zum Trinken, Ko- chen, zur Zubereitung von Speisen und Getränken, für die Kör- perpflege, zum Reinigen von Geschirr oder Kleidung bestimmt ist. Die Trinkwassergüte wird in Deutschland in der DIN 2000 und in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) festgelegt. Trink- wasser darf keine krankheitserregenden Keime enthalten. Es soll eine Mindestkonzentration an gelösten Mineralstoffen – die Kat- ionen Kalzium, Magnesium, Natrium und die Anionen Carbonat, Hydrogencarbonat, Chlorid und Sulfat – enthalten. Hygienisch einwandfreies Trinkwasser ist zudem farb- und geruchlos, ge- schmacklich neutral und kühl. Ist mit pathogenen Bakterien oder Viren zu rechnen, muss desinfiziert werden. Das passiert zum Beispiel durch Ultrafiltration oder Ozonisierung. Durch anschlie- ßende Chlorung wird eine Wiederverkeimung im Versorgungsnetz verhindert. In Deutschland, Österreich, der Schweiz, Frankreich und den Nie- derlanden ist Trinkwasser das am besten kontrollierte Lebens- mittel. Die Qualitätsanforderungen sind höher als für industriell abgefülltes Mineral- oder Tafelwasser. Es kann deshalb uneinge- schränkt verzehrt werden. Der Trinkwasserverbrauch liegt in Deutschland bei etwa 120 Li- tern pro Kopf und Tag. Ein US-Bürger verbraucht täglich 250 Liter. Die Einwohner der Wüstenstadt Dubai sind Spitzenreiter mit etwa 500 Liter pro Kopf und Tag. Einem Inder oder Afrikaner stehen weniger als 30 Liter Trinkwasser pro Tag zur Verfügung. Nach Schätzungen der UN sterben jährlich bis zu fünf Millionen Menschen durch verunreinigtes Wasser – zum Beispiel an bakte- riellen Infektionskrankheiten wie Cholera, Ruhr und Typhus oder an Erkrankungen, die durch Viren oder toxische Substanzen her- vorgerufen werden. Die Versorgung der Weltbevölkerung mit hygi- enisch (aber auch toxikologisch) unbedenklichem Wasser und der Zugang zu geeigneten Sanitärsystemen ist eine der größten Her- ausforderungen der Menschheit in den nächsten Jahrzehnten und eines der ehrgeizigen Milleniumsziele der Vereinten Nationen. Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ UFZ-Newsletter | Oktober 20165

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