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UFZ-Newsletter Oktober 2015

10 UFZ-Newsletter | Oktober 2015 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ Dr. jur. Stefan Möckel ist Wissen- schaftler im Department Umwelt- und Planungsrecht am UFZ und arbeitet überwiegend zum Naturschutz-, Boden- schutz- und Gewässerrecht sowie dem Agrarrecht. Mehr zum Thema BVT in der Landwirt- schaft in: Möckel (2015), ‘Best availa- ble techniques’ as a mandatory basic standard for more sustainable agricul- tural land use in Europe?, Land Use Po- licy 47 (9), 342 – 351 (doi:10.1016/j. landusepol.2015.04.021) e-mail: stefan.moeckel@ufz.de Industrieanlagen einschließlich großer Tierhaltungsanlagen müssen in der Europäischen Union seit 1996 die beste verfüg- bare Technik (BVT) hinsichtlich der Vermeidung von Umwelt- verschmutzungen einhalten1 . Der BVT-Standard verlangt, dass die Techniken und Betriebsmethoden eingesetzt werden, die am wirksamsten zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzni- veaus für die Umwelt insgesamt sind. Hierbei sind die Techniken und Methoden maßgebend, welche dem fortschrittlichsten und effizientesten Entwicklungsstand entsprechen, praktisch geeig- net und wirtschaftlich vertretbar sind. BVT orientiert sich daher eng am wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Diese anspruchsvolle und dynamische Anforderung gilt allerdings nicht für die landwirtschaftliche Bodennutzung im Ackerbau, bei der Grünlandbewirtschaftung und beim Anbau von Sonderkul- turen. Hier ist lediglich die „Gute fachliche Praxis“ (GfP) einzu- halten, die auf bewährte Techniken und allgemein anerkannte Bewirtschaftungsweisen abstellt. In Anbetracht der Emissionen und vielfältigen Umweltwir- kungen der landwirtschaftlichen Bodennutzungen in der EU erscheint es an der Zeit, das BVT-Konzept zum Standard in der gesamten Landwirtschaft im 21. Jahrhundert zu machen. Eine Übertragung des BVT-Konzepts auf die landwirtschaftliche Bodennutzung würde Techniken und Bewirtschaftungsweisen rechtlichen Vorrang geben, die am effizientesten und fortschritt- lichsten Emissionen vermeiden und die Umwelt schützen. Wel- che Techniken und Bewirtschaftungsmethoden diese Anforde- rungen erfüllen könnten, soll an vier Beispielen erörtert werden: Konservierende Bodenbearbeitung im Ackerbau Hierbei wird der Boden nicht wie beim Pflügen gewendet, sondern nur oberflächig mit z. B. Gruber oder Egge bearbeitet oder direkt eingesät. Dies hat die ökologischen Vorteile, dass die gewachsenen Bodenstrukturen mit ihren Bioporen und Kapillareffekten sowie die Bodenbiozönosen kaum beeinträch- tigt werden und das Erosionsrisiko wesentlich geringer ist. Allerdings geht diese Technik im konventionellen Landbau mit einem erhöhten Einsatz von Herbiziden einher, weshalb sie hier nur eingeschränkt die BVT-Anforderungen erfüllt. Integrierter Pflanzenschutz Seit 2014 müssen alle Landwirte in der EU die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes einhalten. Sie dürfen chemische Pflanzenschutzmittel nur nachrangig gegenüber z. B. mecha- nischen oder biologischen Maßnahmen und nur bei Erreichen bestimmter Schadschwellen einsetzen. Pestizide mit geringeren Risiken für Mensch und Umwelt sind vorrangig zu verwenden. Konsequent angewendet, kann integrierter Pflanzenschutz gegenüber der bisherigen Pestizidpraxis zu einer beachtlichen Reduktion der Emissionen in die Umwelt führen, weshalb das Bundeslandwirtschaftsministerium diesen vor 2014 als Leitbild für einen umweltschonenderen Pflanzenschutz bezeichnete. Seine nunmehrige Verbindlichkeit lässt sich als ein erstes Beispiel für die Umsetzung des BVT-Konzepts bei der Landbe- wirtschaftung ansehen. Präzisionslandwirtschaft Mit den Möglichkeiten computer-, satelliten- und sensorgestütz- ter Techniken eröffnen sich für Landwirte neue Bewirtschaf- tungsmöglichkeiten. Etliche Möglichkeiten sind derzeit aber noch im Entwicklungsstadium oder ökonomisch unrentabel. Des Weiteren lassen sich die Techniken sowohl für eine umwelt- schonendere Landwirtschaft als auch für weitere Intensivie- rungen nutzen, so dass sie ohne regulatorische Vorgaben nicht den Kriterien des BVT-Konzepts genügen würden. Ökologischer Landbau Dieser ist keine bestimmte Technik, sondern eine eigenständige Bewirtschaftungsweise mit zum Teil eigenen Verarbeitungs- und Vertriebswegen sowie besonderen rechtlichen Anforde- rungen. In der Regel richten die nach diesem Konzept wirt- schaftenden Landwirte ihren ganzen Betrieb danach aus. Die Bewirtschaftungsweise ist weltweit erprobt und ökonomisch tragfähig. Nach den europarechtlichen Vorgaben kennzeichnet den Ökolandbau in der EU vor allem der Anbau in Fruchtfolgen, der Verzicht auf leicht lösliche mineralische Düngemittel und synthetische Pestizide sowie die Begrenzung des Tierbesatzes. Vielfältige Untersuchungen haben weltweit die geringeren negativen Umweltauswirkungen des Ökolandbaus bestätigt, weshalb er im Bereich der landwirtschaftlichen Bodenbewirt- schaftung als die beste verfügbare Technik anzusehen ist. Foto:AndréKünzelmann,UFZ 1  Aktuell aufgrund der Richtlinie über Industrieemissionen 2010/75/EU. Standpunkt: Beste verfügbare Technik in der gesamten Landwirtschaft?

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