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UFZ-Newsletter Oktober 2014

4 UFZ-Newsletter | Juli 2014 Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ bis hin zu bakterientötenden Inhaltsstoffen in der Flüssigseife. „Für ein festes Stück Sei- fe, das immer wieder austrocknet, braucht man solche Wirkstoffe nicht“, erklärt der Forscher. Eine Flüssigseife aber würde sich ohne Konservierung rasch in eine unappetit- liche schwarze Brühe verwandeln. Also setzen Hersteller häufig den Bakterien- hemmer Triclosan zu, der mit dem Abwasser in die Umwelt gelangt. Diese Verbindung be- hindert nicht nur den biologischen Abbau in den Kläranlagen, sondern verändert auch die Lebensgemeinschaften der Fließgewässer und greift in das Hormonsystem von Wasser- tieren ein. Herkömmliche Kläranlagen kön- nen sie nicht gut aus dem Wasser entfernen. Deshalb hält Matthias Kästner den Einbau einer vierten Reinigungsstufe für sinnvoll, die mithilfe von Ozon, Aktivkohle oder auch bepflanzten Bodenkörpern Spurenstoffe aus dem Abwasser entfernt. Allerdings wird sich auch in Zukunft wohl nicht komplett verhindern lassen, dass Pestizide in die Umwelt gelangen. Das müsse aber nicht in jedem Fall zu einem ökologischen Desaster führen, betont Matthias Kästner: „Längst nicht jedes Pestizid ist gleich gefährlich“. Das Team des UFZ-Forschers beschäftigt Eintagsfliegen der Gattung Baetis schon in Sicherheit. Einen Vorteil haben auch mobile Arten wie die Bachflohkrebse, die einen durch Pestizide entvölkerten Bachabschnitt rasch wieder besiedeln können. Stark geschädigt werden dagegen oft besonders langlebige Arten, wie Libellen und andere große Insekten. Wer also die Eigenschaften der Bewohner kennt, kann Rückschlüsse auf die Pestizid- belastung eines Gewässers ziehen. Dazu haben die UFZ-Forscher ein Indikatorsystem namens SPEAR („SPEcies At Risk“) entwi- ckelt, das sich bereits in Gewässern rund um die Welt bewährt hat. Ob in Deutschland, Frankreich, Finnland oder Australien: Über- all hinterließen Pestizide deutliche Spuren in den untersuchten Lebensgemeinschaften. Unter ihrem Einfluss schwammen mitunter nur noch halb so viele sensible Arten im Wasser, teilweise war diese Gruppe sogar ganz verschwunden. Ein Alarmsignal, das zum Handeln mahnt. „Wenn man so etwas feststellt, kann man Gegenmaßnahmen planen“, sagt Matthias Liess. Ein land- wirtschaftlich nicht genutzter Gewässer- Randstreifen, über dessen Festschreibung in Europa derzeit diskutiert wird, kann zum Beispiel die Menge der eingeschwemmten Pestizide massiv verringern. Auf der Spur der rückstände „Die Landwirtschaft ist allerdings nicht die einzige Quelle für Pestizidbelastungen in der Umwelt“, betont UFZ-Biochemiker und Mikrobiologe Prof. Matthias Kästner. Auch in vielen Privathaushalten sind entsprechen- de Mittel im Einsatz – vom Spray für die Balkonpflanzen über das Läuse-Shampoo Nur die Harten überleben „Allerdings weiß man oft gar nicht, wie hoch der Räuber- und Konkurrenzdruck in einem natürlichen Gewässer ist“, sagt Matthias Liess. Deshalb beschränken sich er und seine Kollegen nicht auf ihre Rinnenver- suche, sondern untersuchen auch Bäche und Flüsse in Deutschland und anderen Regionen der Welt. Aussagen über deren Pestizidbelastung zu machen, ist aber gar nicht so einfach. Es gibt zwar durchaus chemische Analyse- methoden, mit denen man den einzelnen Substanzen auf die Spur kommen kann. Nur ist das ziemlich aufwendig und teuer. Zudem muss man die Wasserprobe genau zum richtigen Zeitpunkt nehmen – nämlich dann, wenn starke Regenfälle die Pflanzenschutz- mittel von den Äckern schwemmen. „Schon ein paar Stunden nach einem Gewitterregen lässt sich die chemische Belastung oft nicht mehr nachweisen“, sagt Matthias Liess. Deutlich einfacher ist es da, die Gewäs- serbewohner zu untersuchen. Denn die re- agieren auch auf kurzzeitige Ereignisse. Die besonders robusten unter ihnen verkraften den Chemikalienschub gut, die empfindli- cheren dagegen verschwinden. Matthias Liess und seine Kollegen haben inzwischen einen guten Überblick darüber, welche Orga- nismen in welche Kategorie gehören. Schne- cken und Egel zum Beispiel kommen mit Pestiziden normalerweise relativ gut zurecht. Das gleiche gilt für Insektenlarven, die das Wasser schon früh im Jahr verlassen, um ihr Erwachsenenleben auf dem Trockenen zu verbringen. Wenn zwischen April und Juni die größten Pestizidmengen von den Äckern geschwemmt werden, sind zum Beispiel die Forscher haben nachgewiesen, dass hohe Pestitzideinträge die Artenvielfalt in Fließgewässern um mehr als 40 Prozent reduzieren können. Insektenarten wie die in Asien verbreitete Kleinlibelle Ischnura senegalensis sind besonders bedroht. (Foto: André Künzelmann/UFZ) Die Bewertung des Risikos, das von Pestiziden ausgeht, mus mente, das auf dem Forschungsgelände des UFZ angelegt w als im Labor. (Foto: André Künzelmann/UFZ)

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