umweltperspek tiven der ufz newsletter | dezember 2018 t i t e lt h e m a e s ist nur ein kleines unscheinbares, hellbraunes flachgebäude entlang der straße am rand des gorkhi terelj nationalparks, rund 25 kilometer östlich der mongolischen hauptstadt ulanbator. doch das haus ist ein symbol, inmitten der von bergkämmen eingerahmten weidelandschaft: es beherbergt nämlich eine kleinkläranlage, die sich ein privater investor für ein restaurant und eine feriensiedlung zugelegt hat. die biologische abwasseranlage reinigt in einem dreistufigen biofilmverfahren schmutzwasser aus küche, toilette und duschanlagen – und dies bei temperaturen, die im jahresverlauf zwischen plus 30 grad celsius im sommer und minus 30 grad celsius im winter schwanken. bislang floss das abwasser ungefiltert in den naheliegenden kharaafluss, künftig soll mit dem gereinigten wasser der garten bewässert werden. das flussgebietssystem des kharaa im norden der mongolei diente den momo- wissenschaftlern als modellregion. mehr als 20 solcher kleiner kläranlagen hat das familien unternehmen bergmann gruppe aus der nähe von chem nitz bislang in die mongolei geliefert und in kindergärten, schulen oder in privatunterkünften eingebaut. sie setzte damit eine der empfehlungen um, die wissenschaftlerinnen und wissenschaftler in dem seit dem jahr 2006 laufenden forschungsprojekt momo erarbeitet haben. momo steht als akronym für „integriertes wasserressourcenmanage ment (iwrm) in zentralasien: modellregion mongolei“ und wurde vom bundesministerium für bildung und forschung (bmbf) mit insgesamt 15,3 millionen euro finanziert. ende des jahres läuft es aus. „das projekt momo hatte das ehrgeizige ziel, in drei projektphasen in der mongolei wissenschaftsbasierte und nachhaltige lösungen für den umgang mit der ressource wasser zu entwickeln, zu erproben und umzusetzen“, erklärt prof. dietrich borchardt, der am ufz den themenbereich wasserressourcen und umwelt leitet und über die vergangenen zwölf jahre für das projekt mehr als 30 deutsche und mongolische forschungseinrichtungen, behörden und unternehmen koordinierte. anfangs wurde das verbundvorhaben eher skeptisch beäugt. mehr als 7.000 kilometer entfernt, ein land rund viermal so groß wie deutschland, jedoch mit nur drei millionen einwohnern, dafür mehr als 60 millionen nutztieren, kaum infrastrukturell erschlossen und ohne große bedeutung in der wirtschaftlichen zusammenarbeit. dietrich borchardt – biologe, gewässerexperte, naturliebhaber, passionierter fliegenfischer – war dagegen sofort angetan von der mongolei als forschungsstätte: „es gibt hier flussland schaften, die sehen aus wie die in mitteleuropa vor 2.000 jahren: nicht verbaut, zu weiten teilen unbelastet mit abwasser, ohne künstlichen fischbesatz – kurzum, die fließgewässer wurden im laufe der zeit nur minimal vom menschen verändert.“ zugleich steht die mongolei bei spielhaft für schwellenländer, an denen sich die typischen probleme der globalisierung, des klimawandels und der transformation ablesen lassen: veränderung der wasser vorräte durch trockenheit und dürre, starker bevölke rungszuwachs in den städten durch den zuzug vom land, wasserverluste durch marode wasserinfrastrukturen in den städten, unkontrollierte abwassereinleitungen aus bergbau und industrie, knappe trinkwasservorräte durch hohen wasserverbrauch in wirtschaft und landwirtschaft. zu den regionen mit viel naturnaher landschaft, die jedoch zunehmend intensiven menschlichen einflüssen ausgesetzt ist, zählt das rund 15.000 km2 große fluss gebietssystem des kharaa im norden der mongolei. es diente den momowissenschaftlern als modellregion, bot es doch ideale bedingungen, die hoch dynamischen verän derungen zu beobachten, zu analysieren und konzepte zu deren erhalt zu erarbeiten. „die oberläufe der flüsse mit ihrer wildnis sind paradiesisch“, schwärmt borchardt. „sie haben einen flächenanteil von nur 30 prozent, liefern aber mehr als 90 prozent des abfließenden wassers.“ damit sind sie die natürlichen wassertürme der landschaft und müssen großräumig vor übermäßiger forstwirtschaft, bergbau und weidewirtschaft geschützt werden. wissen schaftlich ebenso spannend für ihn waren die nutzungs bedingten markanten veränderungen, die sich im längs verlauf der flüsse immer stärker bemerkbar machten, überlagerten und teilweise auch wieder abschwächten. gleichzeitig war das kharaaeinzugsgebiet eine „terra incognita“. der grund: es fehlten etliche qualifizierte wis senschaftliche daten zum wasser: wie viel wasser gibt es überhaupt? wer nutzt welches wasser? welches ausmaß hat die wasserverschmutzung? wie ist es um trinkwasser versorgung und abwasserreinigung bestellt? wie sieht der zustand der aquatischen biodiversität aus? andere basisdaten lagen vor, waren jedoch oft schlecht dokumen tiert oder unzureichend erfasst, etwa zur neubildung von grundwasser, zu wasserabflüssen oder zu niederschlags mengen. 5