Internationale WasserforschungsAllianz Sachsen

HTC und Sewchar

Aufgabenstellung

Die Studien im Rahmen des Querschnittvorhabens «Technologieentwicklung und Implementierung» konzentrieren sich auf die thermischen Verfahren zur Behandlung von Abfällen (einschließlich Klärschlamm), bei denen kohlenartige Produkte in wässrigen Medien (hydrothermale Karbonisierung - HTC) bzw. pyrolytisch (Sewchar-Konzept von Klärschlammpyrolyse) hergestellt werden. Ihr Potential zur Verwertung von Biomasse mit gleichzeitiger Verminderung der CO2- und Schadstoff-Emission wird im Hinblick auf technologische Anwendbarkeit in IWAS-Modellregionen sowie in Deutschland untersucht.

Methoden, Modelle, Ansätze

Die thermochemische Konversion pflanzlicher Biomassen erfolgt unter anaeroben Bedingungen und stellt feste, kohlenstoffangereichte Materialien, sogenannte Biochars, her. Sie erlauben im land- oder forstwirtschaftlichen Einsatz zugleich Kohlenstoffsequestrierung und Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit. Gasförmige und flüssige Pyrolyseprodukte werden energetisch verwertet und substituieren fossile Energieträger. Energetische Nutzung von Biochars ist auch von großem Interesse. Eine Kombination von solchen Technologien und Anwendungen nennt sich Biochar-System (Abb. 1).
Eine Ausrichtung des Biochar-Konzeptes auf Materialien des Abfallsektors, für die bisher keine nachhaltigen Verwertungswege existieren, lässt besondere Potenziale und damit besondere Realisierungschancen erwarten. Dies gilt in besonderem Maße für Klärschlämme kommunaler Abwasserbehandlungsanlagen. Die thermische Behandlung erlaubt hier zugleich die Hygienisierung und den Abbau organischer Schadstoffe der betreffenden Materialien. Sewchar-Systeme können demnach ein wichtiges Instrument für ein integriertes Ressourcenmanagement im Siedlungswassersektor darstellen.
Während pyrolytische Verfahren, wie z. B. die thermokatalytische Niedertemperaturkonvertierung (NTK) und die PYREG-Technologie, auf die Behandlung trockener bzw. vorgetrockneter Ausgangsmaterialien abzielen, erlaubt die Hydrothermale Carbonisierung (HTC) eine direkte Konversion sehr wasserreicher Substrate. Zugleich werden durch die HTC die Entwässerungseigenschaften der Ausgangsmateralien verbessert. Daher erscheint die HTC für den Einsatz in Sewchar-Systemen besonders geeignet. Im Vergleich zu pyrolysebasierten Systemen sind indes Kenntnisse zur Eignung der HTC in Biochar-orientierten Konzepten bisher unzureichend. Dies bezieht sich sowohl auf Technologie als auch auf die Eigenschaften der Produkte und ihrer Effekte auf den Boden und das Pflanzenwachstum.
Die nachfolgenden Ausführungen bilden eine erste Grundlage für die Planungen diesbezüglicher Forschungsarbeiten.

Das Biochar-Konzept

Abbildung 1: Das Biochar-Konzept

Hydrothermale Karbonisierung (HTC)

Abbildung 2: Hydrothermale Karbonisierung (HTC)

Im Department Technische Umweltchemie des UFZ werden Laborversuche durchgeführt (HTC in Laborautoklaven und Miniautoklaven, siehe Abb. 2, 3), bei denen die Reaktionsbedingungen für die Karbonisierung verschiedener Biomassen bzw. für den Schadstoffabbau optimiert werden. Zu den Ausgangsmaterialien gehören neben Klärschlämmen auch Biertreber, Zuckerrübenschnitzel, Gärreste von Ethanol- und Methanherstellung und künstliche Kohlenstoffquellen (Saccharose, Papier). Die Versuche umfassen Variierung von Temperatur, Reaktionsdauer, Katalysatoren sowie Zusatz von Reduktionsmitteln (z.B. nullwertiges Eisen). Die HTC-Wässer, deren Reinigung als eine separate Herausforderung erkannt wurde, werden mit Hilfe von verschiedenen chemisch-analytischen Methoden (vor allem GC/MS) untersucht.

Miniautoklav für HTC-Versuche

Abbildung 3: Miniautoklav für HTC-Versuche

Das Umwelt- und Biotechnologische Zentrum des UFZ untersucht die Varianten der Sewchar-Konzepte durch vergleichende Analysen von Produkten der HTC und NTK sowie deren Effekte auf bodenkundliche Parameter und das Pflanzenwachstum (Abb. 4).

Keimung und Wachstum in Sewchars

Abbildung 4: Keimung und Wachstum in Sewchars

Ergebnisse

Unsere vorläufigen Ergebnisse zeigen ein hohes Potential der HTC für die Zersetzung organischer Schadstoffe, die in Klärschlämmen und pflanzlichen Biomassen anfallen (Tab.1).

Tabelle 1. Zersetzung ausgewählter Schadstoffe unter HTC-Bedingungen (200 °C, 16 h, wässrige Lösungen ohne Zusatz von Katalysatoren oder Kohlenstoffquellen)

Analyt Zersetzungsgrad
Skatol 99 %
Tetrabutylzinn 64 %
Bisphenol A 50 %
Nonylphenol 62 %
Atrazin 100 %
Triallat 100 %
4,4’-DDT 30 %
2-Chlorphenol 20 %
1,2,4-Trichlorbenzol 20 %

Vergleichende Analysen von NTK- und HTC-Chars sowie derer Effekte auf den Boden und das Pflanzenwachstum belegen weit reichende Unterschiede. Demnach besitzen HTC-Chars inherent phytotoxische Eigenschaften, die eine Vorbehandlung für die stoffliche Verwertung in der Land- und Forstwirtschaft erforderlich machen. Wenngleich HTC-Systeme immanent Vorteile für die Kreislaufführung von Pflanzennährstoffen, insbesondere des in Fraktionen des Abwassersektors in hohen Konzentrationen auftretenden Stickstoffs, erwarten lassen, verweisen Kulturversuche im Gewächshaus auf eine stärkere Förderung des Pflanzenwachstums durch betreffende NTK-Materialien.

Einige Methoden der Vorbehandlung des HTC-Chars werden momentan untersucht. Eine Variante der technischen Umsetzung von HTC wurde konzipiert, die sich an die Lösung der technischen Probleme von kontinuierlich arbeitenden HTC-Reaktoren und gleichzeitig an die HTC-Abwasserreinigung und –Rezyklierung richtet.

Auf Grundlage abgeschlossener und fortlaufender Untersuchungen des Einflusses von NTK- und HTC-Sewchars auf Kultursubstrate/Böden im Labor und das Wachstum von Pflanzen im Gewächshaus werden nunmehr Untersuchungen durchgeführt, die die langfristigen Effekte von carbonisierter Produkten unterschiedlicher Ausgangssubstrate und Konversionsverfahren auf den Boden und das Pflanzenwachstum unter Freilandbedingungen aufzeigen sollen.

Zusatzmaterial (PDFs, Links)

Patentschrift:

F.-D. Kopinke, R. Köhler, H. Hildebrand, I. Baskyr, J. Pörschmann: Verfahren und Reaktor zur hydrothermalen Karbonisierung von Biomassen und zur Nassoxidation der anfallenden Reaktionswässer. DPA, Aktenzeichen 10 2010 062 833.6 (Anmelder: UFZ).

Bearbeiter

Prof. Dr. Frank-Dieter Kopinke
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Department für Technische Umweltchemie
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: frank-dieter.kopinke@ufz.de

Dr. Igor Baskyr
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Department für Technische Umweltchemie
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: igor.baskyr@ufz.de

Dr. Jürgen Pörschmann
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Department für Technische Umweltchemie
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: juergen.poerschmann@ufz.de

Dr. Barbara Weiner
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Department für Technische Umweltchemie
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: barbara.weiner@ufz.de

Dr. Roland Arno Müller
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Umwelt- und Biotechnologisches Zentrum (UbZ)
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: roland.mueller@ufz.de

Dr. Christoph Fühner
Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
Umwelt- und Biotechnologisches Zentrum (UbZ)
Permoserstrasse 15
04318 Leipzig
e-mail: christoph.fuehner@ufz.de

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