Was ist flache, was tiefe Geothermie?

Flache Geothermie

Über 316.000 Anlagen in Deutschland, auch Wärmepumpen genannt, nutzen die oberflächennahe Wärme des Bodens, die er durch die Sonneneinstrahlung aufnimmt (Bundesverband Geothermie 2014). Bohrungen reichen bis zu ca. 400 Meter, bleiben aber meist bei unter 100 Metern. Die höheren Temperaturen des Erdreichs in dieser Tiefe werden zur Heizung, aber auch zur Kühlung von meist einem darüber liegenden Gebäude genutzt. Wärmepumpen werden von kleinen Brunnenbohrunternehmen in kurzer Zeit, meist ohne größere Genehmigungsverfahren realisiert.

Tiefengeothermie

Die tiefe Geothermie wandelt die Erdwärme in Nah- und Fernwärme um und seltener auch in elektrische Energie. Die Wärme des Erdkerns wird mittels einer oder zwei Bohrungen nutzbar gemacht. Ab einer Bohrtiefe von 400m wird von Tiefengeothermie gesprochen. Meist dringen die Bohrungen aber viel weiter, in 1000 bis 5000 Metern Tiefe, vor. Es existieren verschiedene Verfahren, um Thermalwasser oder die heißen Gesteinsschichten im Erdinneren zu nutzen (siehe hierzu Die drei Arten der Geothermie). Die Erdwärme stellt nach menschlichem Ermessen und in menschlichen Zeiträumen eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle dar und wird daher zu den erneuerbaren Energiequellen gezählt. In Deutschland sind im Jahr 2015 insgesamt 28 Tiefengeothermieanlagen in Betrieb. 24 davon produzieren vor allem Wärme und vier produzieren nennenswerte Mengen Elektrizität.

Genehmigungsverfahren und Bohrungen dauern oft Monate und die Anlagen haben den Charakter einer Großtechnologie. Zunehmend sind Tiefengeothermieanlagen in Deutschland vor oder während ihres Betriebs Gegenstand öffentlicher Debatten, in Massenmedien, Lokalparlamenten oder Bürgerversammlungen. Sie haben einen politischen und öffentlichen Charakter und werfen Fragen auf über die Risiken der Fündigkeit, Seismizität (Erdbeben), Emissionen oder auch rechtliche Belange. Nutzen als auch mögliche Schäden der Tiefengeothermie betreffen eine politische Gemeinschaft in kollektiver Weise, beispielsweise durch die wirtschaftliche Tätigkeit eines Stadtwerks/einer Stadt oder durch das Eintreten eines Erdbebens.

Die drei Arten der Geothermie

Innerhalb der tiefen Geothermie kann zwischen drei verschiedenen Verfahren differenziert werden, hydrothermalen und petrothermalen Anlagen sowie tiefe Erdwärmesonden.

Hydrothermale Anlagen stellen den Großteil der derzeit laufenden tiefen Geothermieprojekte in Deutschland (24 von 28). Eine ergiebige, wasserführende Gesteinsschicht, zu finden in der süddeutschen Molasse, im Norddeutschen Becken oder im Rheingraben, ist eine Voraussetzung für ihre Funktion. Das Thermalwassers kann in jedem Fall zur Wärmeproduktion genutzt werden, in seltenen Fällen, bei hoher Förderrate und sehr hohen Temperaturen auch zur Stromerzeugung. Oftmals wird neben der Förderbohrung eine zweite Bohrung nötig, durch die das abgekühlte Thermalwasser wieder in das Reservoir injiziert wird.

Tiefe Erdwärmesonden funktionieren wie oberflächennahe Erdwärmesonden, sie kommen mit nur einer Bohrung aus, in die ein geschlossenes System eingeführt wird, in dem eine Kühlflüssigkeit zirkuliert. Sie sind bisher aber marginal geblieben aufgrund der ihnen eigenen niedrigen Produktionsleistung.

Die Petrothermie ist ein noch junges Verfahren. Es wird im Englischen als Hot-Dry-Rock (HDR), Hot-Wet-Rock (HWR), Hot-Fractured-Rock (HFR), Enhanced Geothermal System (EGS) oder Deep Heat Mining (DHM) bezeichnet. Dieses Verfahren basiert auf dem Konzept, im Gestein in mehreren tausend Metern Tiefe einen künstlichen Wärmetauscher zu erzeugen, in den kaltes Wasser eingeleitet wird, dass die Temperatur der Gesteine aufnimmt und wieder an die Erdoberfläche gebracht wird. Zur Herstellung des Systems wird, vereinfacht gesagt, Wasser mit einem hohen Druck, mit oder ohne Zusatz von Chemikalien, in tiefes Gestein gepresst, um künstliche Risse zu erzeugen. Diese steigern die Durchlässigkeit des Gesteins und seine Fähigkeit zur Wärmeübertragung auf dort zirkulierendes Wasser. In das künstliche Risssystem wird dann Wasser durch eine Bohrung gepumpt und durch eine zweite wieder gefördert, wie in konventionellen hydrothermalen Systemen auch (siehe Breede et al. 2013 zum aktuellen Stand der Petrothermie). Die Erschließung von geologischer Wärme ist somit wesentlich ortsunabhängiger möglich und nicht vom Vorkommen lokalen Thermalwassers oder porösem Gestein abhängig. Greenpeace interpretiert dies als folgenreich: “EGS and the improvement of low temperature power conversion, for example with the Organic Rankine Cycle, open up the possibility of producing geothermal electricity anywhere“ (Greenpeace/EREC 2010: 56). Der Bundesverband Geothermie weist jedoch darauf hin, dass die für Elektrizität nötigen 200° Celsius in 5000 Metern Tiefe auch mit der Petrothermie nur in manchen Gebieten Deutschlands zu finden sind. Gegner des Verfahrens beanstanden dessen Ähnlichkeit mit dem in der unkonventionellen Gasförderung entwickelten „hydraulischen Fracking“. Die Petrothermie ist technisch noch nicht ausgereift und die Anlagen arbeiten noch im Probebetrieb, zum Beispiel in Groß-Schönebeck in Brandenburg und im elsässischen Soultz-sous-Forêts.