Pressemitteilung vom 09. Juli 2020

Wie Umweltchemikalien das Immunsystem von Schwangeren und die Gesundheit von Neugeborenen beeinflussen

Reproduktionsimmunologin leitet UFZ-Department Umweltimmunologie

Das UFZ-Department Umweltimmunologie hat seit dem 1. Juli eine neue Leiterin: Prof. Ana Zenclussen wurde vom UFZ und der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig gemeinsam auf die Professur "Pädiatrische Umweltepidemiologie/Immunologie" berufen. Sie hatte zuvor an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg die Professur für Experimentelle Gynäkologie und Geburtshilfe inne. Ana Zenclussen forscht zur Reproduktionsimmunologie, zu hormonell bedingten Veränderungen von Immunzellen sowie zu den Folgen von Umweltchemikalien auf die Gesundheit von Müttern und Föten.

Prof. Ana Claudia Zenclussen Foto: © André Künzelmann / UFZ
Prof. Ana Claudia Zenclussen
Foto: © André Künzelmann / UFZ

In Magdeburg und zuvor an der Berliner Charité, wo Ana Zenclussen am Institut für Medizinische Immunologie eine Arbeitsgruppe leitete, widmete sie sich insbesondere zellulären Immunmechanismen bei schwangeren Müttern. Dabei entdeckte ihr Team beispielsweise, dass regulatorische T-Zellen, die im Körper eigentlich für Selbsttoleranz sorgen, für die Immuntoleranz während der Schwangerschaft zuständig sind und durch Hormone der Mutter und des Fötus gesteuert werden. "Eigentlich ist das Immunsystem so konstruiert, dass es alles Fremde wie Keime, Bakterien oder fremde Zellen abstößt", erklärt Ana Zenclussen. Während der Schwangerschaft erfolgt aber keine schädliche Reaktion des mütterlichen Immunsystems auf die Entwicklung des immunologisch gesehen halbfremden Fötus. Im Gegenteil, es kommt zu einer protektiven Immunantwort für die Zeitspanne der Schwangerschaft. Verantwortlich dafür sind sich regulatorische T-Zellen, die spezifisch gegenüber den Antigenen des Fötus sind und den heranwachsenden Fötus vor der Immunantwort der Mutter schützen. "Die Plazenta, ein fötales Gewebe, produziert Botenstoffe wie beispielsweise das Hormon hCG, das die T-Zellen beeinflusst und damit quasi die eigene Toleranz steuert." Hormonelle Mechanismen wie diese können jedoch durch Umweltchemikalien wie etwa den Weichmacher Bisphenol A gestört werden - mit noch unklaren Folgen. Was passiert beispielsweise, wenn schwangere Frauen Kontakt mit Umweltchemikalien haben? Wie beeinflussen die Umweltchemikalien die Immunreaktion der Mutter? Welche langfristigen Folgen haben sie für den Fötus und dann später für Kinder und Jugendliche? Diese sind nur einige der Fragen, die im Department Umweltimmunologie beantwortet werden sollen.

Ana Zenclussen widmet sich in ihrer Forschung zudem den Zellen des angeborenen Immunsystems wie zum Beispiel Makrophagen oder Mastzellen. Sie analysiert, wie diese Zellen wichtige Prozesse im Gewebe wie etwa die Umwandlung von Spiralarterien im Uterus während der Schwangerschaft beeinflussen. Ihr Team konnte nachweisen, dass Mastzellen entscheidend für die Versorgung des Fötus sind, indem sie die notwendige Veränderung der Spiralarterien steuern. Auch diesen Prozess stören jedoch Umweltchemikalien, die damit eine Gefahr für das fötale Wachstum darstellen und langfristige Konsequenzen bis ins Erwachsenalter haben können. "Wenn wir verstehen wollen, wie Umweltfaktoren die Gesundheit unserer Kinder beeinflussen, müssen wir herausfinden, wie diese bereits in der Schwangerschaft sich auf wichtige Prozesse auswirken", sagt sie. 

"Mit beiden Themen ergänzt Prof. Zenclussen hervorragend das Forschungsportfolio des UFZ zu Fragen der Kinder-Umwelt-Gesundheit und der Vielfalt der Chemikalien, denen Umwelt und Menschen ausgesetzt sind", sagt Prof. Rolf Altenburger, der den Themenbereich Chemikalien in der Umwelt am UFZ leitet. Seit vielen Jahren befassen sich am UFZ Arbeitsgruppen, unter anderem im Rahmen von Mutter-Kind-Kohortenstudien wie LINA, mit den krankheitsprägenden Einflüssen von Umweltbelastungen auf die Gesundheit von Kindern und legen dabei Augenmerk auf die pränatale und frühe postnatale Phase der Kindesentwicklung.

Mit der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig als Partner will die neue Departmentleiterin zudem Konzepte für langfristige Mutter-Kind-Kohorten zu neuen immunologischen Fragestellungen erarbeiten. "Am UFZ lassen sich solche dauerhaften Studien erfreulicherweise umsetzen", sagt Ana Zenclussen. Ein Teil ihrer Arbeitsgruppe wird am UFZ forschen, der andere am Sächsischen Inkubator für klinische Translation der Universität Leipzig. "Der Standort Leipzig ist für die Forschung auf dem Gebiet Kinder/Umwelt/Gesundheit besonders geeignet, weil es neben dem UFZ, der Universität und dem Universitätsklinikum mit Einrichtungen der Max-Planck- sowie der Fraunhofer-Gesellschaft weitere hochkarätige Forschungsinstitute auf diesem Gebiet gibt."

Ana Claudia Zenclussen, 1971 im argentinischen Esperanza geboren, promovierte nach dem Studium der Biochemie an der Universität "Universidad Nacional del Litoral" Santa Fe im Bereich Immunologie an der Universität Buenos Aires. Nach der Promotion 2001 ging sie als Stipendiatin der Alexander von Humboldt-Stiftung an die Humboldt-Universität zu Berlin, wo sie bis März 2003 zum Thema Stress und Bluthochdruck in der Schwangerschaft (Präeklampsie) forschte. Danach war sie bis 2007 Arbeitsgruppenleiterin am Institut für Medizinische Immunologie an der Charité, ehe sie einen Ruf auf die Professur für Experimentelle Gynäkologie und Geburtshilfe der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg annahm. Seit dem 1. Juli forscht Ana Claudia Zenclussen als Professorin für "Pädiatrische Umweltepidemiologie/Immunologie" am UFZ, wo sie das Department Umweltimmunologie leitet, sowie an der Universität Leipzig mit ihrer Forschergruppe "Perinatale Immunologie".


Weitere Informationen

Prof. Dr. Ana Zenclussen
Leiterin des UFZ-Departments Umweltimmunologie
ana.zenclussen@ufz.de

UFZ-Pressestelle

Susanne Hufe
Telefon: +49 341 235-1630
presse@ufz.de


Im Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) erforschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Ursachen und Folgen der weit reichenden Veränderungen der Umwelt und erarbeiten Lösungsoptionen. In sechs Themenbereichen befassen sie sich mit Wasserressourcen, Ökosystemen der Zukunft, Umwelt- und Biotechnologien, Chemikalien in der Umwelt, Modellierung und sozialwissenschaftlichen Fragestellungen. Das UFZ beschäftigt an den Standorten Leipzig, Halle und Magdeburg circa 1.100 Mitarbeitende. Es wird vom Bund sowie von Sachsen und Sachsen-Anhalt finanziert.

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Die Helmholtz-Gemeinschaft identifiziert und bearbeitet große und vor allem drängende Fragen von Gesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft. Ihre Aufgabe ist es, langfristige Forschungsziele von Staat und Gesellschaft zu erreichen. Damit sollen die Lebensgrundlagen der Menschen erhalten und sogar verbessert werden. Helmholtz besteht aus 19 naturwissenschaftlich-technologischen und medizinisch-biologischen Forschungszentren.

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